Die Blüte des Eukalyptus
Sarishan mit einer Geschwindigkeit davongaloppierte, die einen neuen Rekord in der Kolonie aufgestellt hätte.
Jake sah ihnen voller Bewunderung nach, bis sie am Horizont verschwunden waren. »Das nenne ich ein Rassepferd!«
ACHTUNDZWANZIG
A ls Keziah durch das Fenster auf den hellen Mond am wolkenlosen Himmel blickte, hatte sie das Gefühl zu ertrinken. Fünf volle Monde waren gekommen und gegangen, seit Daniel Browne ihr das Ultimatum gestellt hatte.
Joseph Bloom hatte die offiziellen Kanäle benutzt, um eine Empfehlung des abwesenden Julian Jonstone und die Zustimmung des Gouverneurs zu ihrer Eheschließung zu erhalten. Daniel würde der Obhut seiner Frau unterstellt werden und somit seine Freiheit wiedererlangen.
Keziah hatte ein schlechtes Gewissen, weil Joseph sich unermüdlich für sie eingesetzt und obendrein auf ein Honorar verzichtet hatte. Er wäre schockiert, wenn er wüsste, wie sehr ich meinen zukünftigen Mann verabscheue.
Als Polly Doyle hereinstürmte, um ihr die neueste Zeitung zu bringen, die der Master aus Goulburn für sie mitgebracht hatte, lud Keziah sie auf eine Tasse Tee ein. Doch Polly, noch ganz außer Atem, entschuldigte sich.
»Ich habe gerade alle Hände voll zu tun mit Backen. Liebe geht durch den Magen, heißt es doch, nicht wahr?«
Keziah lächelte zustimmend, aber sie fragte sich, ob Polly damit George Hobson meinte, der auf der Suche nach einer Stiefmutter für seine Kinder zweifellos ein Auge auf sie geworfen hatte, oder ob sie an den schüchternen Kutscher Mac Mackie dachte.
Keziah setzte sich an den Küchentisch und las die neuesten Nachrichten – und plötzlich spürte sie, wie sich die ganze Welt um ihre eigene Achse drehte. Die Zeitung berichtete von einem schwarzen Spurensucher namens Jacky Jacko, der mit einem ausgemergelten
weißen Mann auf dem Rücken auf einem entlegenen Hof in South Australia erschienen war. Man ging davon aus, dass es sich bei dem Mann um den vermissten Entdecker Caleb Morgan handelte, den man lange für tot gehalten hatte.
Mi-duvel! Großmutter hatte vorhergesagt, dass Männer ein Chaos in meinem Leben anrichten würden, wenn ich die falsche Wahl träfe. Und trotzdem hat dieser Fehler mir zugleich mein größtes Glück gebracht – meinen kleinen Gabriel .
Bis zum ersten der drei aufeinanderfolgenden Sonntage, an denen in der Kapelle von Ironbark das Aufgebot für die bevorstehende Ehe zwischen Daniel Browne und Saranna Plews ausgehängt würde, blieben nur noch zwei Wochen. Keziah war sich der schrecklichen Ironie bewusst. Es war die Hochzeit, mit der sie die sterbende junge Frau damals getröstet hatte. Eine Hochzeit, die sie bis ins Detail der Kamee-Brosche und des blonden Gabriel vorausgesehen hatte.
Sie suchte den Himmel nach irgendeinem Zeichen dafür ab, dass Gem sie holen käme. Doch als ihre Ahnen schwiegen, verlor sie jegliche Hoffnung und rief von Schmerz erfüllt Gems Seele an: »Entweder du liebst mich oder du verlässt mich!«
Als Gabriel unter dem Küchentisch hervorlugte und verwirrt fragte: » Ich , Mama?«, schreckte sie jäh aus ihrer Grübelei.
Sie spürte einen Kloß im Hals, als sie seinen unzähmbaren Haarwirbel sah. Ganz gleich, wie oft sie ihn glatt strich, immer wieder richtete er sich auf, um sie an seinen Vater zu erinnern.
»Mama spielt nur ein Spiel, mein Kleiner. Dich werde ich immer lieb haben. Nur das zählt.« Aber war es auch wahr?
Sie vermutete, dass Jake sein Möglichstes getan hatte, um Gem zu überreden, ihr zu verzeihen. Sie hatte Gerüchte im Dorf über einen Faustkampf mit einem »geheimnisvollen« Jim Romani gehört, und wenig später war Jake mit einer frischen Narbe über der Augenbraue aufgetaucht. Worum war es bei diesem Kampf gegangen? Und wo steckte Gem? Seitdem hatte es keine Nachrichten mehr von der Zigeunerbande gegeben.
Wut stieg in ihr auf, als sie Daniels Mütze am Haken hinter der Tür sah. Er hatte sie bei einem seiner letzten Besuche hiergelassen, ein Luxus, den Julian Jonstone ihm erlaubt hatte. Offenbar war er mittlerweile nicht mehr nur sein Master, sondern auch sein Gönner.
Noch einmal ging Keziah jedes Detail seines Besuches durch, jedes Wort und jede Geste auf der Suche nach etwas, das ihr entgangen sein mochte. Seit ihrer Kindheit beherrschte sie die Kunst, die gaujo zu durchschauen, nur bei Daniel versagte sie. Der Mann, der Saranna liebte und verlor, ist mir ein Rätsel. Warum kann ich nicht in sein Inneres sehen ?
Sie hatte das Gefühl, in Treibsand geraten zu
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