Die Blüte des Eukalyptus
genau wusste, was sie ihm angetan hatte, spielte sie die Unschuldige und kam damit auch beinahe durch. Doch er war entschlossen, die Oberhand zu behalten.
»Wenn Pearl gerade ihren Mittagsschlaf macht, warte ich so lange!«
Bevor Jenny antworten konnte, trat schüchtern eine Dienstbotin ein. Sie hatte dunkle Augen und dunkle Haut. Das Gesicht war von Pockennarben übersät, und sie schien nicht mehr ganz jung, doch Jake konnte sehen, dass sie einmal schön gewesen sein musste.
Als Jenny ihr zunickte, stellte sie ein Tablett auf einen lächerlich winzigen Tisch. Neben dem silbernen Champagnerkübel und den beiden Gläsern hätte nicht einmal eine Fliege Platz gehabt.
Jenny entließ die Frau mit einer Handbewegung. »Du kannst dir heute Abend frei nehmen, Emilia.«
Die Dienstbotin zögerte. »Scusi, Contessa, aber heute ist Saunders’ freier Tag.«
Jennys Ton duldete keine Widerrede. »Ich bestehe darauf!«
»Die Contessa ist sehr gütig.« Zögernd verließ die Frau den Raum und schloss die Tür hinter sich.
Jennys Gesicht nahm wieder seinen koketten Ausdruck an. »Der Conte, Franco, musste wegen dringender Geschäfte nach Williams Town. Ich erwarte ihn nicht vor Freitag zurück. Also bin ich ganz allein«, erklärte sie, während sie Jake aufmerksam musterte. »Du scheinst enttäuscht zu sein, ihn nicht anzutreffen.«
»Ich habe schon so lange auf dieses Vergnügen gewartet, dass es auf einen Tag mehr oder weniger nicht ankommt«, erklärte Jake gleichgültig. »Pearl ist mir wichtiger. Es ist Jahre her, vielleicht erkennt sie mich gar nicht mehr wieder.«
»Du bist immer ein guter Vater gewesen.« Jennys Lächeln war eher wehmütig als verführerisch. »Ich will dir alles erklären, Jake. Trinkst du ein Gläschen französischen Champagner?«
»Französisch, soso. Um die Erstürmung der Bastille zu feiern? «, fragte er spöttisch.
» Non . Ich werde nicht darauf trinken, dass Madame Guillotine die Aristokraten einen Kopf kürzer gemacht hat. Trinken wir auf das Wiedersehen alter Freunde.«
»Freunde? Na gut, Pearl zuliebe. Und darauf, dass wir uns einig werden, was meine Rolle in ihrem Leben betrifft. Für sie wäre es besser, als wenn wir vor Gericht gehen.«
Jake kippte den Champagner genauso hastig hinunter wie ein kaltes Bier an einem heißen Tag. Was führt sie im Schilde, verdammt? Er ergriff die Initiative.
»Na schön, du hast mich mächtig beeindruckt mit all dem
Brimborium hier. Aber jetzt reden wir Tacheles. Wann bekomme ich Pearl zu sehen?«
Jenny zögerte. »Pearl lebt nicht hier.«
»Warum nicht, um Gottes willen? Hier gibt es doch genug Platz für ein Dutzend Kinder.«
»Franco ist sehr rastlos und langweilt sich schnell. Kein Haus ist ihm gut genug im Vergleich mit dem Palazzo seines Vaters in Venedig. Wir sind daher ständig unterwegs, auf Reisen. Das ist kein Leben für ein Kind.«
Jake konnte seine Wut nur schwer im Zaum halten. »Ich verstehe. Ihr beiden habt Pearl einfach abgeschoben, um euer Luxusleben ungestört genießen zu können.«
»Franco ermöglicht ihr eine ordentliche Ausbildung«, fuhr sie zuckersüß fort. »Das hätten wir ihr niemals bieten können.«
Das saß. Sie meint, es sei meine Schuld . »Und wo ist sie dann?«
»Sie freut sich auf deinen Besuch.« Jenny schritt anmutig durch den Raum und setzte sich an einen kleinen Schreibtisch. Dann kritzelte sie hastig etwas auf ein Blatt. Als sie ihm den Umschlag reichte, hielt sie mit ihren kühlen Fingern seine Hand etwas länger als nötig fest. Der Brief roch nach ihrem alten Parfüm. Er war an die Äbtissin eines Klosters in einem kleinen Dorf westlich von Ironbark adressiert.
»Das ist ein Einführungsschreiben, der Umschlag ist unverschlossen, damit du es lesen kannst«, sagte Jenny leichthin. »Verzeih, wenn ich die Schwestern nicht mit Einzelheiten unserer Ménage schockieren wollte. Pearl möchte ihren echten Vater treffen. Hiermit erteile ich dir die Erlaubnis, sie zu besuchen, wann immer du willst.«
Jennys plötzliche Kapitulation überraschte ihn. Er hatte den Bericht des Yankees in der Tasche, falls Jenny sich querstellte. Und jetzt gab sie ihm freiwillig, was er wollte. Es war fast zu schön, um wahr zu sein. Er durfte nicht vergessen, sich vor ihren Tricks in Acht zu nehmen.
Der offene Ausdruck in ihren Augen hielt ihn gefangen.
»Möchtest du sonst noch etwas, Jakey? Ich wünschte, ich könnte wiedergutmachen, dass ich dich damals zu diesem dummen Tanz verführt habe.«
Er schluckte seinen
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