Die Blüte des Eukalyptus
endlich gebrochen wäre. Bisher war es ihr nicht gelungen, das Vertrauen der Kleinen zu gewinnen. Gabriel, der von Natur aus sehr empfindsam war, hatte Pearls Unsicherheit gespürt und sich zu ihrem Beschützer erklärt. Als sie mit dem Frühstück fertig waren, zogen beide Kinder los, um Kleinholz zu sammeln. Jake machte aus der Arbeit immer ein Spiel.
Keziah überlegte, wie sie ein mütterliches Verhältnis zu Pearl aufbauen konnte. Vielleicht sollte sie dem Mädchen Zöpfe mit Schleifen flechten, damit es sich ein bisschen hübscher fühlte. Plötzlich überfiel sie eine tiefe Traurigkeit, und sie spürte einen schmerzhaften Stich im Unterleib. Hatte ihr Körper sie schon wieder betrogen? Vor Schreck war ihr Mund plötzlich ganz trocken. Sie fasste sich zwischen die Beine.
»Jake, bitte lass mich einen Moment allein.« Sie wandte sich von ihm ab. »Ich blute.«
»Sei nicht albern. Das ist doch ganz natürlich. Ich bringe dir frische Tücher.«
»Nein, Jake. Ich verliere ein Kind.«
Er wurde kreidebleich. »Wieso, zum Teufel, hast du mir gestern Abend nichts gesagt? Ich wäre viel behutsamer gewesen. «
»Sei nicht böse. Niemand hat Schuld. So ist nun einmal die Natur.« Sie sprach leise, um die Kinder nicht zu erschrecken. »Ich wollte es dir noch nicht erzählen.«
Sie konnte nicht einmal weinen.
Einen Augenblick wirkte Jake ratlos, dann ging er langsam auf die Pferde zu. »Ich hole einen Arzt.«
»Nein. Der könnte auch nichts machen. Lass der Zeit ihren Lauf. Es ist noch viel zu früh.«
Er kniete neben ihr und nahm ihre Hand. »Sag mir, was ich tun soll, und ich werde es tun. Du kannst dich auf mich verlassen.«
»Ich weiß.« Ihre Stimme überschlug sich. »Es tut mir so leid, Jake, aber ich kann die Blutung nicht stillen. Bitte, hol mir den Baldrian aus meiner Kiste. Zumindest wird er mir helfen, etwas zu schlafen.«
»Und weiter?«
»Kannst du dich um die Kinder kümmern?«
Jake nickte. Kurz darauf hörte sie, wie er ihnen vergnügt Anweisungen erteilte, als sei nichts.
»Hey, ihr beiden, setzt eure Sonnenhüte auf. Bevor euch die Sonne die Köpfe versengt, will ich einen großen Haufen Kleinholz hier sehen. Pearl, du passt auf, dass Gabriel nicht in den Fluss fällt.«
Wütend stimmte Gabriel ein großes Geschrei an: Sein männlicher Stolz war verletzt. Doch Jake versöhnte ihn schnell. »Und du, Gabriel, passt mir auf, dass Pearl nicht in den Fluss fällt. Wenn ihr ertrinkt, verpasst ihr euren Schwimmunterricht morgen. Heute
dürft ihr mir eine Geschichte vorlesen, aber leise, Mama ist müde.«
Dann kam Jake zurück und trug Keziah in den Wagen. Während sie immer wieder kurz das Bewusstsein verlor, versuchte Keziah mit aller Macht, die Blutung aufzuhalten. Vor langer Zeit hatte sie Gems Kind verloren. Und später hatte sie auch Gem verloren. Sie brauchte dieses Kind unbedingt, um Jake für immer an sie zu binden, ganz gleich, was geschehen mochte.
Als sie hörte, wie die Kinder das Alphabet sangen, horchte sie auf. Gabriels Kreide kratzte auf der Tafel, als er fragte: »Papa, wie schreibt man Känguru?«
»Ganz einfach. R-U.«
Keziah lächelte, dann glitt sie erneut in den Schutz von Schmerz und Schlaf.
Als die ersten Sterne am Himmel aufgingen, hörte sie, wie Jake ein Nachtlager für die Kinder unter dem Wagen baute.
Dann legte er sich wortlos zu ihr. Nicht wie ein Ehemann, nicht wie ein Liebhaber, sondern wie ein Freund, der sie beschützte. Er fuhr ihr durchs Haar und sang mit leiser, etwas kratziger Stimme The Wild Colonial Boy, seine Vorstellung von einem Schlaflied.
Und als Keziah mitten in der Nacht aufwachte, bemerkte sie, dass Jake eingeschlafen war. Sein Bein war halb verdreht gegen die Wand gelehnt, als wollte er sie nicht einmal im Schlaf stören. Eine Hand hatte sich in ihrem Haar verheddert. Die andere lag auf ihrem Bauch, um das ungeborene Kind darin zu beschützen.
In diesem Augenblick begriff Keziah, was wahre Liebe bedeutet.
Am Morgen brachte ihr Jake Streifen aus Leintuch und eine Schüssel mit Wasser. »Ich wasche dich, dann ziehst du frische Sachen an, und dann wasche ich alles im Bach.«
»Nein, Jake, nicht! Ein Mann darf das Blut einer Roma-Frau nicht sehen. Es ist ein mächtiger Zauber! Es würde dir nur Unglück bringen! «
Jake versuchte, ihre aufkommende Hysterie im Keim zu ersticken. »Du weißt, dass ich deine merkwürdigen Roma-Sitten immer respektiert habe, aber im Augenblick bin ich der einzige Doc weit und breit. Was mit dir passiert, ist
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