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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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hatte.
    Der Regen klatschte ihr das Haar ins Gesicht und nahm ihr die Sicht. Sie hatte keine Karte und keine Ahnung, wohin sie sich wenden sollte, aber sie betete, damit das baxt sie leitete.
    Kurz danach blieb sie an einer Kreuzung stehen. Ein entwurzelter Baum hatte den Wegweiser umgerissen. Beide Pisten sahen genau gleich aus.
    Großer Gott. Welcher Weg führt zu Jake?

FÜNFUNDVIERZIG
    H eftiger Regen und eiskalter Wind nahmen Keziah die Sicht. Erst als die schwarze Silhouette von Brans Schmiede plötzlich aus dem Sturm auftauchte, bemerkte sie, dass sie den falschen Weg genommen hatte. Das baxt hatte sie zu einem Freund geführt.
    Der sanfte Riese kauerte vor seinem Ofen und legte Holzscheite nach. Als er ihre zerzauste Gestalt an der Tür erkannte, starrte er sie mit offenem Mund an. Sarannas blauer Umhang war pitschnass und wog schwer auf Keziahs Schultern.
    »Bran, du musst mir helfen. Die Trooper haben Jake verhaftet und nach Berrima ins Gefängnis gebracht!«
    Der Schmied sprang auf, nahm mühelos ein Kind auf jeden Arm und trug sie ins Haus. Dort legte er sie neben das Feuer und wickelte sie in warme Decken.
    Als aus dem angrenzenden Raum Daniel eintrat, starrte Keziah ihn verblüfft an.
    »Was, um Himmels willen, ist passiert, Keziah?«
    Um ihre Aufregung vor den Kindern zu verbergen, erzählte sie Daniel mit gefasster Stimme, was sich am Tag zugetragen hatte. »Ich weiß weder, ob das, was man ihm zur Last legt, stimmt, noch wer ihn angezeigt hat. Es sieht ganz so aus, als hätte Gilbert Evans seine Finger im Spiel. Jake war schon einmal im Gefängnis. Als Wiederholungstäter könnte er nach Norfolk Island deportiert werden.«
    Daniel wurde blass. »Ich bringe dich und die Kinder nach Berrima. Morgen Früh brechen wir auf. Wir müssen es mit allen Mitteln verhindern. Joseph Bloom wird uns bestimmt helfen.«

    Keziah schüttelte verwirrt den Kopf. »Dazu ist keine Zeit! Er ist in Sydney Town in seiner neuen Kanzlei. Du weißt doch, wie schnell die Leute hier verurteilt werden. Ich wollte Dr. Ross um Hilfe bitten, aber ich habe den falschen Weg genommen.«
    »Stattdessen hat dich das Schicksal zu mir geführt. Du weißt doch, dass du immer auf mich zählen kannst, Keziah. Als Ehemann habe ich dich enttäuscht, aber Jake ist mein Freund, ich werde ihn nicht im Stich lassen.«
    Keziah entging es nicht, dass er stirnrunzelnd ihren dicken Bauch betrachtete.
    »Ja, Daniel, ich bin schwanger.«
    Wie ein großer Bruder nahm Daniel sie schützend in die Arme.
    »Nicht weinen«, sagte er. Doch Keziah wusste, dass sie über Tränen längst hinaus war.

    Als Keziah mit Daniel und den Kindern Berrima erreichte, blickte sie auf den neuen Sandsteinbau, der die Hauptstraße beherrschte. Das von einer hohen Steinmauer umgebene Gebäude bot Platz für dreihundert Sträflinge. Auf der anderen Straßenseite stand ein wuchtiges Gerichtsgebäude mit einem Säuleneingang, das wie ein römischer Tempel aussah. Beide Bauten wirkten imposant und einschüchternd wie ein Symbol der Ewigkeit.
    Rot-weiß-blaue Banner schmückten die Fassade des nahegelegenen Surveyor-General’s Inn und andere Gebäude auf der Hauptstraße. Keziah war unsicher. »Heute ist doch noch nicht der Geburtstag der Königin, oder?«
    »Doch, doch«, nickte Daniel. »Du bist wirklich nicht mehr auf dem Laufenden.«
    Morgen, am 23. Mai, würde ganz Berrima den Geburtstag der Königin feiern, die traditionelle Ausrede für Master ebenso wie Strafgefangene, um sich volllaufen zu lassen. Das hieß, dass der Richter, der heute den Vorsitz führte, darauf bedacht wäre, den Prozess möglichst rasch hinter sich zu bringen.
    »Warte hier auf mich«, sagte Daniel zuversichtlich. »Ich
will herausfinden, wann Jakes Verfahren angesetzt ist.« Keziah drückte ihm einen Schnürsenkel in die Hand. »Bitte den Wärter, ihm das hier zu geben. Es ist ein Glücksbringer.«
    Daniel nickte und machte sich auf den Weg, um einen Gerichtsdiener zu suchen.
    Vor den vier massiven Säulen, die das Giebeldreieck des fensterlosen Gebäudes mit den riesigen Messingtoren hielten, kam sich Keziah winzig und unbedeutend vor. Der Wind war so eisig, dass sie die Kinder in den blauen Umhang hüllte. Sie starrten auf das Gefängnis, in dem Jake saß, in ihren kleinen Gesichtern zeichnete sich stiller Kummer ab. Keziah ließ sich ihre eigenen Ängste nicht anmerken.
    »Ja, Papa ist da drin. Wir werden nicht mit ihm sprechen können, aber wir werden ihn im Gerichtssaal sehen. Und er euch auch!

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