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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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Darüber wird er sich sehr freuen.«
    Daniel kehrte zurück, und man sah ihm an, wie tapfer er sich bemühte, Zuversicht zu verbreiten.
    »Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen. Jakes Verfahren wird heute eröffnet. Das Glück scheint ihm hold zu sein. Er kommt vor Alfred Hamberton, einem ganz neuen Richter, der erst vor Kurzem in der Kolonie eingetroffen ist. Heute ist sein erster Tag bei Gericht. Und was noch besser ist, ich kenne den Mann.«
    »Woher?«
    »Ich habe in Sydney Town angefangen, seine Frau zu malen, und werde das Porträt jetzt in Goulburn beenden. Ich hatte nicht viel mit ihm zu tun, deshalb kann ich dir auch nicht sagen, wie fair er ist. Auf alle Fälle fairer als die korrupten Richter von hier, die ganz ungeniert die Interessen ihrer aristokratischen Busenfreunde vertreten.«
    »Hat Jake einen guten Anwalt?«
    Daniel runzelte die Stirn. »Ich fürchte, dass er gar keinen hat.«
    »Wie? Das wollen wir erst mal sehen!« Keziah wollte schon wütend in das Gebäude laufen, um sich zu beschweren, als sie sah, wie Dr. Leslie Ross auf sie zukam.

    »Gott segne die Beine, die Sie hergetragen haben«, begrüßte sie ihn überschwänglich mit einem alten Roma-Spruch. »Doc, haben Sie gehört, was man Jake angetan hat? Er kommt vor Gericht und hat niemanden, der ihn verteidigen könnte!«
    »Aye, Mädchen. Ich musste gestern von Amts wegen an einer Hinrichtung teilnehmen und habe davon erfahren. Ich war schon den ganzen Morgen bei Gericht und habe protestiert. Aber man zieht diese Verfahren im Eiltempo durch. Es hieß, man habe keine Zeit, einen Verteidiger zu finden. Ich habe versucht, die Herrschaften dazu zu bringen, das Ganze zu verschieben, aber davon wollten sie nichts wissen!«
    »Sieht so das britische Recht aus?«, fragte Keziah verächtlich.
    »Aye. Bei dieser Art von Fehlverhalten ist das so üblich.«
    Fehlverhalten . Der Ausdruck passte eher auf das Benehmen unartiger Schulkinder als auf Vergehen, um derentwillen man einen Mann nach Norfolk Island deportieren lassen konnte.
    Sobald die Tore des Gerichtsgebäudes geöffnet wurden, bahnte sich Keziah einen Weg durch die Menschenmenge zu den Zuschauerplätzen im hinteren Saal. Es gab keine Sitzplätze, sodass Daniel den Arm um ihre Hüften legte, um sie zu stützen, während die Kinder sich nervös an ihren Rock klammerten.
    »Nimm dich zusammen«, warnte er. »Und vergiss nicht, wir sind hier ausschließlich als Jakes Freunde.«
    An der Wand über der Richterbank hing das britische Staatswappen, das seit Jahrhunderten von zwei Schildhaltern flankiert war, einem Löwen auf der linken und einem Einhorn auf der rechten Seite. Keziah hatte dieses Wappen zum ersten Mal als Kind gesehen bei dem Prozess gegen ihren Vater. Und dann wieder, als Gem verurteilt worden war. Jetzt hielten dieselben Tiere Wache bei Jakes Verfahren. Unter ihnen prangte der Wahlspruch des englischen Königshauses: »Dieu et mon droit.«
    »Das ist Französisch und heißt ›Gott und mein Recht‹«, erklärte Daniel.
    »Was bedeutet uns schon dieser Gott?«, erwiderte Keziah. »In
den Augen der Justiz bin ich eine Heidin und Jake ist Atheist. Was hat er für eine Chance in einem Rechtssystem, das für den Adel geschaffen wurde? Man gesteht ihm ja nicht einmal einen verdammten Verteidiger zu!«
    Ihr Ausbruch erregte Aufsehen. Die Frauen, die in den für sie reservierten zweistufigen Logen gegenüber der Jury saßen, drehten sich zu ihr um und starrten sie an. Eine Matrone mittleren Alters in einem schwarzen Kleid schenkte ihr zaghaft ein ermutigendes Lächeln hinter vorgehaltener, behandschuhter Hand. Keziah kam ihr bekannt vor, aber sie konnte sie nicht einordnen.
    Auch Daniel kannte sie nicht. »Aber drüben in der hinteren Reihe sitzt Hambertons Frau, diejenige, die ihr Gesicht unter dem Hut versteckt. Sie ist bestimmt gekommen, um ihren Mann in seinem ersten Prozess zu unterstützen.« Gerade als Daniel ihr eine Frau in einem blauen Kleid zeigen wollte, entdeckte Keziah überrascht Freunde im Gerichtssaal.
    Polly Doyle löste sich von George Hobsons Seite und kam auf sie zu. Sie umarmte Keziah, um ihr Mut zu machen.
    »Wie habt ihr von Jakes Verhaftung erfahren, Polly? Alles ging so schnell.«
    Polly deutete mit einer Kopfbewegung auf Gilbert Evans, der abseits der Menschenmenge stand.
    »Von ihm, wem sonst? Vor Mr. Hobson hat er damit geprahlt, es sei Gottes Wille, dass Leute, die mit Buschräubern zusammenarbeiten, ihre gerechte Strafe erhielten. Aber machen Sie sich

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