Die Blüte des Eukalyptus
Ihre Kehle war wie ausgetrocknet, als sie einen Schritt zurücktrat und das Gesicht im Spiegel ansprach.
»Was willst du von mir?«
Die gespenstischen Augen drehten sich in Richtung Kommode. Dann wurde der Spiegel plötzlich milchig weiß, und man sah nur noch den Vollmond, der sich darin spiegelte.
Gott sei Dank, er ist fort! Keziah öffnete die Schublade, in der ihre Tasche lag. Als sie begriff, was sie tun musste, wurde sie von einer Welle der Euphorie erfasst. Sie war völlig klar im Kopf, als sie sich an den Tisch setzte und zu schreiben begann.
Keziah erkannte sofort, dass das prächtige, schmiedeeiserne Tor von Gideon Park Daniels Werk war. Heute stand es weit offen, um die Gäste der Jonstones einzulassen. Eine Reihe von leeren Kutschen wartete davor. Nachdem sie das Pferd des Einspänners, den sie aus dem Stall vom Doc entwendet hatte, am Gitter festgebunden hatte, lief sie die Auffahrt zum Haus hinauf. Aus dem Ballsaal des Anwesens drang fröhliche Musik. Elegant gekleidete Gäste tanzten an den Balkontüren vorbei.
Sie kannte sich in dem Gebäudekomplex aus. Einmal hatte sie Charlotte Jonstone nach einer weiteren Fehlgeburt Kräuter gebracht. Hinter dem Haupthaus lag ein großer gepflasterter Hof, der von Scheunen, Ställen, Hütten zum Scheren von Schafen und den Schlafquartieren der Strafgefangenen von Gideon Park gesäumt war. In der Mitte des Hofes hatte sich eine Gruppe feiernder Arbeiter um ein großes Feuer versammelt, aus dem Funken wie Raketen in den Himmel schossen.
Keziah machte einen weiten Bogen um die Gruppe und wandte sich an eine betrunkene Frau, deren Gesicht und schmutzige Kleidung von roten und gelben Feuerfunken erhellt wurde.
»Die Hütte des Aufsehers? Dort drüben. Aber was will eine feine Dame wie Sie von diesem Mistkerl?«
Keziah antwortete nicht. Sie ging geradewegs auf das weiß getünchte Häuschen mit dem Garten zu. Sie hob den Türklopfer an. Ihr Herz schlug derart heftig, dass es schmerzte, aber um Jakes willen nahm sie sich zusammen.
Als sie eintrat, schlug ihr der intensive Geruch nach Rum entgegen. Auf dem Sofa vor dem Kamin lag der Mann, der sich des Spitznamens »Teufel in Person« rühmte. Das schwache Kaminfeuer warf Schatten auf sein Gesicht – das in einem Moment teuflisch schön, im nächsten sinnlich und gefährlich war. Seine Augen musterten ihren Körper gierig, mit einer unmissverständlichen Botschaft. Instinktiv legte Keziah die Hand auf den Bauch, um das Kind darin zu schützen. Seit sie klein war, fürchtete sie sich vor dem bösen Blick, dem beng . Jetzt sah sie ihm direkt in die Augen.
Sie hatte sehr wenig Zeit für ihre Mission. Auch wenn sie um Hilfe riefe, wären die Feiernden zu betrunken, um sie zu hören. Sie hatte das merkwürdige Gefühl, als stünde sie neben ihrem Körper. Als bewegte sie sich außerhalb von Raum und Zeit.
Iago hob sein Nachthemd, um ihr seinen nackten Unterleib zu zeigen. »Bist du deshalb gekommen? Du wirst mehr davon bekommen, als dir lieb ist.«
Ihr Mund fühlte sich trocken an. »Ist deine Frau zuhause?« »Sie muss den Herrschaften das Abendessen servieren. Komm schon her und sei ein bisschen nett zu mir, Mädchen!«
»Ich habe dich im Gerichtssaal beobachtet«, sagte sie. »Iago. Ist das dein richtiger Name?«
»Der Teufel in Person hat viele Namen«, sagte er leise und sah ihr ins Gesicht. »Du hast wirklich sehr seltsame Augen. Einen großen weichen Mund. Aber du liebst es zu hassen, nicht wahr? Ich kenne diesen Fluch, den du mir im Gerichtssaal zugerufen hast. Ich war einmal im Gefängnis von Newgate – da sitzen eine Menge Zigeuner. Ich selbst habe nicht wenige von diesen Herumstreichern dorthin geschickt.«
»Du verschwendest meine Zeit«, erwiderte Keziah kalt, um ihre wachsende Angst zu verbergen. Verzweifelt klammerte sie sich an die Realität, an die Gründe, weshalb sie gekommen war.
Iago lächelte, als seien sie zwei Verschwörer. »Ich habe lange auf diesen Augenblick gewartet. Ich weiß alles über dich! Ich habe gesehen, wie du durch die Hände vieler Männer gegangen bist.
Einer war ein Buschräuber, der nächste ein milchbärtiger Künstler, dann kam ein englischer Adliger und jetzt ist es dieser dumme Kraftprotz, Jake Andersen. Aber den habe ich dir vom Hals geschafft!«
Keziah unterdrückte ihre Wut. »Du hast einen unschuldigen Menschen ins Gefängnis gebracht. Ich gebe dir eine Chance, die Wahrheit zu sagen, damit er freikommt. Hier, lies das und unterschreib.«
Obwohl ihre Stimme
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