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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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schnappte ihm die Pistole weg. Die Kugel streifte ihn am Hals und bohrte sich in die Wand hinter ihm.
    Wütend stürzte er sich auf sie. »Böses Mädchen«, fauchte er. »Ich werde dir eine Lektion erteilen müssen.«
    Sie wusste, dass die kleine Pistole nur eine Kugel hatte. Es gab keinen zweiten Versuch. Da ließ sie die geheime Klinge in der Pistole aufspringen und hielt sie wie einen Dolch. Iagos Blut spritzte auf ihr Kleid. In diesem Augenblick begriff sie nicht, was sich in dem widerwärtigen Gesicht abspielte, als sich sein Mund mit Blut füllte.
    Mit Pistole und Brief in einer Hand ergriff Keziah die Öllampe und trat aus der Hütte. Dort schleuderte sie die Lampe auf das Dach aus Baumrinde und sah, wie alles in Flammen aufging.

SIEBENUNDVIERZIG
    I m vollen Galopp ritt Daniel auf Gideon Park zu und betete zur Jungfrau Maria, dass er nicht zu spät käme.
    Mitten in der Nacht war er von dem Lärm geweckt worden, als man im ganzen Haus nach Keziah suchte. Er hatte einen kühlen Kopf behalten und war zu den Ställen gelaufen. Der Einspänner war verschwunden. Leslie befürchtete, dass Keziah, benommen von der Medizin, zur Ironbark Farm gefahren sein könnte, um die Kinder abzuholen.
    Doch Daniel wusste es besser. Iagos Falschaussage hatte Jakes Schicksal besiegelt. Selbst in ihrem umnebelten Zustand würde sie darum kämpfen, Jake frei zu bekommen. Daniel war sicher, dass sie nach Gideon Park gefahren war, um den Teufel in Person zur Rede zu stellen. Er hatte sich geschworen, diese Hölle nie wieder zu betreten. Doch jetzt blieb ihm keine Wahl.
    Als er zu dem schmiedeeisernen Tor kam, lag das Anwesen der Jonstones stockdunkel vor ihm. Nirgendwo waren noch Kutschen zu sehen, nur Leslies Einspänner stand am Gitter. Er schwang sich aus dem Sattel und ging direkt auf Iagos Hütte zu. Als er daran dachte, dass er sich dem Aufseher stellen müsste, falls Keziah tatsächlich dort war, begann er zu zittern.
    Jonstones Haus war offenbar menschenleer, doch aus den Arbeiterquartieren dahinter hörte er hitzige Schreie. Als er den Hof betrat, traf er auf einen Haufen von Betrunkenen, die Eimer mit Wasser in Richtung der Hütte trugen und mit leeren zurückgelaufen kamen. Die Flammen hatten das Dach bereits zerstört und leckten nun an den Wänden der Hütte. Die betrunkenen Strafgefangenen liefen durcheinander und schrien Befehle, ohne sie zu
befolgen. Nur Iagos Frau stand wie angewurzelt da und starrte auf das Feuer.
    Noch ehe er sich der Hütte genähert hatte, stieg Daniel der beißende Gestank nach verbranntem Menschenfleisch in die Nase. Jungfrau Maria, lass es nicht Keziah sein . Er zwang sich, einen Blick durch die Tür zu werfen. Beim Anblick der verkohlten Leiche in der Ruine musste er würgen. Der Teufel in Person war tot.
    Hustend vom Rauch taumelte Daniel zurück. Wo war Keziah? Niemand war nüchtern genug, um seine Fragen zu beantworten, daher suchte er im abgebrannten Garten hinter der Hütte.
    Schließlich fand er sie. Keziah kauerte am Boden und flüsterte in ihrer Muttersprache vor sich hin. Auf der Wange prangte ein trockener Blutfleck. Eine Haarsträhne war versengt, der Rest hing strähnig über ihre Schultern. Trotz des Wahnsinns in ihren Augen klang ihre Stimme süß und entrückt. Daniel lief es kalt über den Rücken.
    »Wie schön, dich zu sehen, Daniel. Weißt du, was passiert ist?«
    »Komm, Keziah. Ich bringe dich nach Hause.«
    Er hätte ihr alles versprochen, nur um sie von diesem Schlachtfeld wegzuholen. Doch seine Hoffnung erlosch in dem Augenblick, als Keziah ihm höflich die kleine Pistole mit der blutverschmierten Klinge in die Hand drückte.
    Hastig wickelte er sie in sein Taschentuch und steckte sie in die Jackentasche. Dann stützte er Keziah und führte sie um die Hütten herum zu dem Einspänner, ohne dass sie gesehen wurden. Keziah hörte sich an wie ein neugieriges Kind.
    »Weißt du was, Daniel? Ich habe herausgefunden, dass Iago tatsächlich der Teufel in Person war.«
    Ihr Lachen klang schrecklicher als ihr Weinen.
    Daniel hielt ihr den Mund zu, damit man sie nicht hörte, und flüsterte ihr aufmunternd zu, während er sie in den Einspänner bugsierte und das andere Pferd daran festband. Er konnte die Angst nicht abschütteln, dass der Teufel in Person noch im Tod
die Macht hatte, ihn zu bestrafen. Immer wieder sagte er sich im Geist: Iago ist tot. Ich habe seine Leiche gesehen. Aber hat Keziah ihn getötet?
    Während sie schweigend dahinfuhren, warf Daniel Keziah immer wieder

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