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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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überzeugt, dass er seine angeborene Überheblichkeit eines Tages noch mit ins Grab nehmen würde.
    »Mrs. Browne ist in meiner Familie in England gut bekannt. Vor ihrer Heirat hieß sie Saranna Plews und war Hausgast auf dem Anwesen meines Vaters, Morgan Park, in Lancashire. Mein Vater, John Morgan, ist ein Freund von Gouverneur Gipps.« Er machte eine Pause, damit diese Informationen beim Richter und den Geschworenen sacken konnten.
    Keziah war hin- und hergerissen. Ich soll Hausgast bei den Morgans gewesen sein! Das ist doch gelogen, aber er scheint auf meiner Seite zu sein. Was führt er im Schilde?
    Caleb beantwortete Joseph Blooms Fragen weiterhin bis ins kleinste Detail.
    »Dank Sarannas Fürsorge und ihren pharmazeutischen Kenntnissen besserte sich der Gesundheitszustand meiner Stiefmutter merklich. Und ich kam in die Kolonie mit dem ausdrücklichen Wunsch, Mrs. Browne für die selbstlosen Dienste, die sie meiner Familie erwiesen hatte, zu entschädigen. Wir Morgans sind ihr zu großem Dank verpflichtet. Mrs. Browne ist eine von ihrem ganzen Wesen her vornehme und ehrbare Dame; finanzielle Erwägungen sind ihr fremd. Sie wäre vollkommen unfähig, das Verbrechen zu begehen, um dessentwillen sie hier vor Gericht steht!«
    Als der Ankläger die Hand hob, um Morgan zu befragen, blieb dieser mitten im Gerichtssaal stehen und verbeugte sich zu Keziahs größter Verwunderung in ihre Richtung.
    Obwohl der Verteidiger mit Calebs Ausführungen zufrieden zu sein schien, wurde Keziah immer nervöser. Was für eine Farce! Und dann haben die gaujo auch noch die Frechheit, uns Roma Lügner zu nennen!
    Dr. Leslie Ross’ beeidigte Aussage wurde in seiner Abwesenheit laut vorgelesen. Sie enthielt eine präzise Aufstellung von Gründen, aus denen seiner Meinung nach Keziah nach einem
traumatischen Erlebnis nicht in der Lage war, eine verlässliche Aussage zu machen.
    Innerlich tobte Keziah, als sie den Doc in einer der hinteren Bänke erkannte. Was geht hier vor? Ich werde nicht zulassen, dass man mich mit Medikamenten mundtot macht. Das Gesetz behandelte meinen Vater damals wie einen Vagabunden und Zigeunerlügner. Ich werde ihnen zeigen, dass eine Roma genauso ehrlich ist wie die besten von ihnen.
    Als Joseph Bloom den formellen Antrag stellte, sie von einer Zeugenaussage zu entbinden, schien der Richter dem zuzustimmen, bis Keziah plötzlich dazwischenfuhr.
    »Das ist ein Irrtum. Ich kann sehr wohl aussagen, Euer Ehren!«
    Zum ersten Mal wirkte Joseph Bloom sprachlos.
    Als der Gerichtsdiener Keziah die Bibel brachte, war ihre Reaktion höflich, aber bestimmt.
    »Ich respektiere Eure Bibel, Euer Ehren, aber es wäre Selbstbetrug, wenn ich auf sie schwören würde.«
    Der Richter beugte sich vor. »Sie sind doch Christin, Mrs. Browne, oder nicht?«
    »Natürlich ist sie Christin! Wir haben in der Kirche geheiratet!«, rief Daniel.
    »Ich darf Sie bitten, jegliche Störung zu unterlassen, Mr. Browne, sonst muss ich Sie aus dem Gerichtssaal entfernen lassen! Mrs. Browne, würden Sie so freundlich sein, uns das zu erklären.«
    »Ich bin eine Roma!«, sagte Keziah laut und stolz.
    Der Richter war verwirrt. »Soll das heißen, dass Sie in Rom geboren wurden?«
    »Nein. Mein Vater war ein Rom vom wahren schwarzen Blut, mein Volk kam vor langer Zeit aus Indien. Ich schwöre bei dem Eid, der meinem Volk am wichtigsten ist, bei der Hand meines Vaters, dass ich die Wahrheit sagen werde und nichts als die Wahrheit. Als Allererstes, Euer Ehren, muss ich gestehen, dass ich nicht Saranna Browne bin.«

    »Was soll dieser Unsinn?«, entgegnete der Richter und stieß den Zeigefinger auf seine Dokumente.
    »Ich habe einer toten jungen Frau ihren Namen gestohlen. In Wirklichkeit heiße ich Keziah Stanley.«
    Sie sah, dass ihre Enthüllung unterschiedliche Reaktionen hervorrief.
    »Meine Frau ist krank!«, schrie Daniel Browne. »Sie weiß nicht, was sie sagt.«
    Die Perücke des Richters rutschte über seine Brille.
    »Was, zum Teufel, soll das nun wieder, Bloom?«, zischte der Staatsanwalt.
    Joseph Bloom murmelte leise auf Deutsch vor sich hin.
    Dr. Ross und Caleb Morgan wechselten entsetzte Blicke.
    In den Zuschauerbänken brach Fassungslosigkeit aus. Keziah beobachtete, wie die elegante, in Blau gekleidete Dame in Ohnmacht fiel und ihre Nachbarin versuchte, sie mit Riechsalz wiederzubeleben.
    Es kam ihr vor, als wäre sie die einzige Person im Gerichtssaal, die einen klaren Kopf behielt. Nachdem sie sich ganz offen zu ihrer wahren

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