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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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überrascht. »Klagte?«
    »Ja, Sir, so wie unsere irischen Frauen die Toten beklagen.«
    Der Ankläger wirkte gereizt, als er den Zeugen entließ. Joseph Bloom hingegen befragte ihn genauso respektvoll wie einen freien Mann.
    »Mr. Kirby, hatten Sie vor besagter Brandnacht Mrs. Browne jemals gesehen?«
    »Einmal, Sir. Kurz nach ihrer Hochzeit mit Daniel Browne kam sie eines Tages nach Gideon Park, während ich dort im Garten arbeitete. Sie überreichte Mrs. Jonstone ein Päckchen. Und die Mistress sagte: ›Frauen verstehen mehr von diesen Dingen. Besuchen Sie uns doch, wenn Sie in der Gegend sind, Mrs. Browne. Ich würde mich freuen.‹«

    »›Besuchen Sie uns doch, wenn Sie in der Gegend sind, Mrs. Browne. Ich würde mich freuen‹«, wiederholte Joseph Bloom langsam für die Geschworenen. »Also könnte eine persönliche Einladung von Seiten Mrs. Jonstones die Erklärung für Saranna Brownes Anwesenheit während der fraglichen Nacht in Gideon Park sein. Danke. Keine weiteren Fragen.«
    Mittlerweile begriff Keziah das Verfahren etwas besser. Dennoch fühlte sie sich so distanziert, als säße sie in der hintersten Reihe eines Theaters und sähe sich ein Stück an.
    Als Julian Jonstone in den Zeugenstand gerufen wurde, bemerkte sie seine Verärgerung. Er lobte den Charakter seines verstorbenen Aufsehers über den grünen Klee.
    Joseph Bloom blieb höflich. »Es hat den Anschein, als wäre Iago ein Vorbild an Tugend gewesen, wenn Sie in Gideon Park residierten, aber wie Sie selbst ausgesagt haben, waren Sie gelegentlich monatelang fort. Sie sind in der Kolonie als eine tragende Säule der Kirche von England bekannt, Sir, wir können also davon ausgehen, dass Sie es nicht geduldet hätten, wenn Ihr Aufseher einer Frau Gewalt angetan hätte, nicht wahr?«
    Trotz seiner Überheblichkeit spürte Keziah, dass Jonstone kein Lügner war.
    »Sämtliche weibliche Strafgefangenen, die mir zugewiesen wurden, schlafen unter meinem Dach. Ich habe darüber hinaus Anweisungen gegeben, dass in Gideon Park keine Frau misshandelt werden darf.«
    Joseph wartete, als wollte er dem Zeugen genügend Zeit lassen, die Antworten zu bekommen, die er sich wünschte.
    Jonstone geriet ins Wanken. »Nun ja, wie Sie selbst wissen, haben weder die Kirche noch das Gesetz das Recht, einzugreifen, wenn ein Mann seine Ehefrau wegen eines Fehlverhaltens züchtigt.«
    In Josephs Stimme schwang nicht der geringste Anflug von Sarkasmus mit. »In der Tat, im britischen Recht ist die Grausamkeit gegen Ehefrauen eine Grauzone.« Abrupt drehte er sich
noch einmal zu ihm um. »Eine letzte Frage noch, Sir. Es wurde unter Eid behauptet, dass Mrs. Browne Ihrer Gattin ein Päckchen gebracht hat. Könnten Sie uns die Umstände schildern?«
    Jonstone wurde nervös. »Ich sehe keinen Zusammenhang, aber bitte. Meine Frau hatte drei Fehlgeburten hinter sich. Diese Frau, Saranna Browne, kam unaufgefordert zu uns und brachte ihr Kräuter, von denen sie behauptete, sie würden eine weitere Fehlgeburt verhindern. Völliger Unsinn. Billiger Hokuspokus.«
    »Mein Mitgefühl, Sir. Aber hat Ihre Gattin diese Kräuter zufällig auch eingenommen?«
    »Wider mein besseres Wissen!«
    »Gewiss. Trotzdem dürfen wir Sie zur Geburt Ihres Sohnes Julian Jonstone junior vor einem Jahr beglückwünschen. Dem Kleinen geht es doch hoffentlich gut?«
    »Er gedeiht prächtig. Dank sei Gott und nicht etwa diesen heidnischen Kräutern!«
    »Wie auch immer«, entgegnete Joseph Bloom höflich. »Jedenfalls hat Mrs. Browne einige Mühe auf sich genommen, um Ihrer Gattin zu helfen, nicht wahr?«
    Nachdem Jonstone nur stumm genickt hatte, fuhr Bloom fort: »Man könnte Mrs. Brownes Handlung für selbstlos halten. Ich gehe davon aus, dass keine Entlohnung erfolgte? Würden Sie es als einen Akt der Freundlichkeit bezeichnen?«
    »Nein, es erfolgte keine Entlohnung«, gab Jonstone zu. »Sicher war es gut gemeinte, allerdings fehlgeleitete Freundlichkeit.«
    »Danke, das ist alles.«
    Keziah spürte einen unerwarteten Funken von Ergriffenheit. Die Kräuter hatten geholfen! Charlottes Sohn gedieh prächtig! Sie sah, dass Joseph Bloom mit Jonstones Aussage äußerst zufrieden war. Doch ihre Erleichterung wich einem unguten Gefühl, als sie den Namen des nächsten Zeugen hörte.
    Caleb Morgan! Wird er die Gelegenheit ausnutzen, dass ich im Gefängnis bin, um mir Gabriel wegzunehmen?

    Morgan schien die Situation gänzlich im Griff zu haben, als er mit lauter Stimme auf die Bibel schwor. Keziah war

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