Die Blüte des Eukalyptus
über den Tisch gebeugt, mit einem seiner Berater flüsterte.
»Dürfte ich den Anwalt der Verteidigung darauf hinweisen, dass er sich nicht auf deutschem Territorium befindet. In britischen Gerichten ist man gewohnt, die Richter Ihrer Majestät zu respektieren!«
Keziah bebte vor Wut angesichts dieser Beleidigung ihres Freundes, der wie sie in den Augen des Richters ein Ausländer war und es immer sein würde.
Ehe Joseph Bloom auf den Rüffel des Richters antworten konnte, wandte sich dieser an die Geschworenen.
»Iago sind Abscheulichkeiten unterstellt worden, die kein weiterer Zeuge bestätigt hat. Sein Arbeitgeber, Julian Jonstone, sprach voller Hochachtung von ihm. Wir haben nichts weiter als die Spekulationen einer Zigeunerin, die angeklagt wird, ihn getötet zu haben und jetzt seinen guten Ruf beschmutzt.«
In den hinteren Reihen der Zuschauer brach Unruhe aus. Eine schwarz gekleidete Frau rief: »Guten Ruf? Wollen Sie die Wahrheit hören? Dann fragen Sie mich mal!«
Der Staatsanwalt warf Joseph Bloom einen resignierten Blick zu. »Was haben Sie sonst noch für Tricks im Ärmel, Bloom?«
»Gelehrter Freund, auf diese Frage weiß nur der liebe Gott eine Antwort.«
»Das Gericht zieht sich für eine Stunde zur Beratung zurück!«, fauchte der Richter den Anwälten zu.
Als die schwarz gekleidete Frau den Gerichtssaal verließ, nickte sie Keziah anerkennend zu. Und da erkannte Keziah sie. Es war die Frau, die vor Freude geweint hatte, als die Tarotkarten den Tod ihres Mannes voraussagten. Mary Iago .
Keziah war entsetzt, weil sie den verhängnisvollen Haken nicht bemerkt hatte, als sie die Karten las. Das baxt hatte mich dazu ausersehen, den Teufel in Person hinzurichten .
EINUNDFÜNFZIG
M inuten nachdem die Tore des Gerichtssaals von Berrima erneut geöffnet worden waren, drängelte eine Horde von lärmenden Zuschauern auf die Stehplätze zu.
Auf dem Weg zum Zeugenstand versuchte Daniel Browne, die Panik, die ihn zu verschlingen drohte, unter Kontrolle zu halten. In der Pause hatte er Joseph Bloom versichert, dass er zu allem bereit war. Jetzt ging es nicht nur um Keziahs Freiheit, sondern um ihr Leben. Würde er Manns genug sein, um seine elenden Ängste vor dem, was vor ihm lag, zu überwinden?
Im Geiste wurde er immer noch von den Erinnerungen an Iago verfolgt. Wieder und wieder sagte er sich, dass das attraktive, böse Gesicht nur noch eine verkohlte Masse war und Iago ihn aus dem Grab heraus nicht mehr peinigen konnte, trotzdem hatte er weiche Knie. Muttergottes, hilf mir, den Weg der Erlösung zu finden.
Als er im Zeugenstand aufgefordert wurde zu beschreiben, wie Iago die ihm unterstellten Strafgefangenen behandelte, antwortete er mit fester Stimme: »Er hieß nicht umsonst der Teufel in Person. Die Jüngsten waren höchstens dreizehn. Er brach ihren Willen, und dann belohnte er sie mit dem Essen, das ihnen gesetzlich ohnehin zugestanden hätte.«
»Haben Sie persönlich gesehen, wie er Strafgefangene misshandelt hat?«
»Nein, nur wenn er sie auspeitschte.« Er zögerte. »Aber es war ein offenes Geheimnis, dass er die Jüngsten zur eigenen Befriedigung missbrauchte.«
»Verstehe ich Sie richtig? Sprechen Sie von Sodomie? Auf
dieses widerliche Verbrechen steht die Todesstrafe«, vergewisserte sich der Richter.
Daniel zögerte nur einen Augenblick, ehe er antwortete: »Daran besteht kein Zweifel. Ein Junge aus Killarney beging Selbstmord, um Iago zu entkommen.«
Er warf Keziah einen Blick zu, um Mut zu schöpfen, ehe er die Worte aussprach, die sie verletzen würden. Sie erwiderte seinen Blick und ermutigte ihn fortzufahren.
»Wir alle wussten, dass Gem Smith erst zu den Waffen griff, nachdem er Iagos Sonderbehandlung unterzogen worden war.«
Der Ankläger tobte. »Ich mache Sie fertig, Browne, Ihre Aussage hält keiner gerichtlichen Überprüfung stand. Sie ist eine ungeheuerliche Verleumdung. Sie waren keineswegs Zeuge dieses widerlichen Verbrechens, das allein Ihrer Aussage nach ein toter und in dieser Gemeinde allseits respektierter Mann begangen haben soll.«
»Wollen Sie behaupten, ich wäre ein Lügner?«, erwiderte Daniel.
Das Achselzucken des Staatsanwalts war wie eine lässige Beleidigung. »Sie wären nicht der erste Ehemann, der einen Meineid begeht, um seine Frau vor dem Strick zu retten.«
Nach der Entlassung aus dem Zeugenstand stolperte Daniel zu seinem Platz zurück. Hatte seine Aussage in den Augen der Jury Keziah eher genützt oder geschadet? Er war sicher, dass
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