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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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Mrs. Browne.«
    »Das bezweifle ich.« Keziah hatte sich vorgenommen, stehen zu bleiben, doch dann begannen ihre Knie zu zittern, und sie setzte sich in einen Sessel. Sie hielt ihren Blick auf die Standuhr gerichtet, die in diesem Augenblick zweimal schlug.
    Mrs. Hamberton schenkte ihr Tee aus einer silbernen Kanne ein. Keziah musste an die Ehrung von Janet Macgregors Wesleyanerinnen denken. Was für eine bittere Ironie das Geschenk nun war. Noch nie hatte sie sich so sehr wie ein Feigling gefühlt.
    »Sie müssen wissen, dass ich nur aus einem Grund hier bin. Mein … Freund Jake Andersen glaubt, die Gattin des Richters habe Freunde an hoher Stelle und Gouverneur Gipps schenke ihr Gehör. Er behauptet, dass Sie eine entscheidende Rolle bei seiner Haftentlassung gespielt hätten und vielleicht auch bei der meinigen. « Ihre Stimme war wie Eis. »Stimmt das? Ich möchte nicht in Ihrer Schuld stehen!«
    Mrs. Hamberton winkte verächtlich ab. »Sie stehen in niemandes Schuld. In beiden Fällen wurde nur der Gerechtigkeit Genüge getan.«
    Keziahs Kehle war trocken, doch sie wagte es nicht, nach ihrer mit Gold umrandeten Tasse aus feinstem Porzellan zu greifen. Weiße Teetassen bringen Unglück .
    »Ich habe gehört, dass Jake Andersen meinen Sohn Gabriel zu Ihnen gebracht hat.«
    Auf die Frage brachte die Frau ein mattes Lächeln zu Stande. »Ja, Ihr Sohn ist ein außergewöhnlich aufgewecktes Kind, genau wie seine Mutter.«
    Keziah sträubte sich gegen ihre Vertraulichkeit. »Vielleicht
glauben Sie, mich zu kennen. Sie täuschen sich. Mein Vater, Gabriel Stanley, war ein echter Rom. Er starb im Gefängnis, angeblich an den Verletzungen einer Schlägerei, aber in Wahrheit war er schon Jahre vorher an seinem gebrochenen Herzen gestorben, nachdem seine gaujo -Frau ihn betrogen hatte. Sie war schuldig an seinem Tod, so sicher, als hätte sie ihm ins Herz geschossen. Meine Puri Dai erzählte, die Frau meines Vaters sei in den Schoß ihrer gaujo -Familie zurückgekehrt und hätte ihren Platz in der Gesellschaft der gaujo wieder eingenommen. Eine großzügige Mitgift sorgte dafür, dass sie wieder gesellschaftsfähig wurde und innerhalb ihrer eigenen Schicht heiraten konnte. Um die Verfehlungen ihrer Jugend zu verstecken. Mich!«
    In Keziahs Worte mischte sich die Galle, die ihr hochkam. Mrs. Hamberton war kreidebleich geworden. Sie hüstelte kurz nervös.
    »Ihre Großmutter hat Ihnen die Wahrheit erzählt, die sie kannte. Sie war eine stolze Frau und hat das Geld, das ich ihr für Gabriels kleine Tochter schickte, mehrmals ausgeschlagen.«
    Keziah sah sie verächtlich an. »Wir Roma nehmen kein Blutgeld an.«
    Mrs. Hamberton schwankte leicht. »Ich bin sicher, dass sich das junge Ding, Ihre Mutter, die schreckliche Wahl, die sie getroffen hatte, niemals verziehen hat.«
    Keziah blieb ungerührt. »Ich war fünf, als sich diese gaujo über mich beugte, mich auf den Mund küsste und sagte: ›Denk daran, dein Vater ist unschuldig. Sei ein braves Mädchen, Keziah, ich komme dich bald holen.‹ Sie hat gelogen. Ich sah sie nie wieder.«
    Mrs. Hambertons Hand fuhr zu ihrem Mund. Sie zitterte leicht. Ihr Ehering funkelte im Schein des Feuers. Der Anblick dieses verhassten Symbols machte Keziah noch entschiedener als zuvor.
    »Für mich ist meine Mutter gestorben. Die Hure Stella wird nicht wiederauferstehen.«
    Der Ausdruck in den Augen der Frau zeugte von Alter und Niederlage.
    »Die Hure Stella. So nennen sie mich also. Wer kann es ihnen
verdenken?« Dann fasste sie sich. »Ich habe verstanden, Mrs. Browne. Es war sehr mutig von Ihnen, zu mir zu kommen und mir das ins Gesicht zu sagen. Während Ihrer Verhandlung haben Sie der Welt gezeigt, dass Sie die Wahrheit über alles stellen. Ich bin mir sicher, dass meine Version der Wahrheit Ihnen nichts bedeutet, trotzdem bitte ich Sie, mich anzuhören. Ich habe keine Rechtfertigung anzubieten. Ich war das verwöhnte Einzelkind älterer Eltern. In dem Sommer, in dem ich dreizehn wurde, lief ich fort, um mit den Zigeunern im Wald zu spielen; die Musik und ein leidenschaftlicher junger Roma hatten mich verführt. In den Armen Ihres Vaters fand ich das vollkommene Glück. Es hätte für ein ganzes Leben gereicht.«
    Ihre Augen schienen nach innen zu blicken, auf eine Vergangenheit, die so bittersüß war, dass Keziah den Blick nicht abwenden konnte.
    »Nachdem Gabriel ins Gefängnis gekommen war, habe ich getan, was ich getan habe. Das kann ich nicht mehr ungeschehen machen. Ich habe Sie

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