Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
Vom Netzwerk:
sie höflich darum bittest, wird sie dir bestimmt wundervolle Geschichten von ihm erzählen.«
    Keziah beugte sich herab und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. »Ich hole dich um vier wieder ab. Sei schön brav. Und vergiss nie, dass du ein Rom bist, Gabriel«, sagte sie und warf ihrer Gastgeberin einen Blick zu.

    Dann verabschiedete sie sich mit einem höflichen Nicken und rauschte durch den Gang zurück, während das Dienstmädchen vorauslief, um ihr die Haustür aufzuhalten.
    Keziah wollte so schnell wie möglich fort, trotzdem blieb sie auf der Veranda stehen.
    »Wie lange hat deine Herrin schon diesen Husten, Mädchen?«
    Das Dienstmädchen sah sie erschrocken an. »Ich bin erst seit einigen Wochen im Dienst, Ma’am. Aber oft muss sie die ganze Nacht husten.«
    Keziah haderte mit sich. »Wenn mein Sohn sie nächstes Mal besucht, wird er einen Beutel mit Kräutern mitbringen. Koch ihr einen Tee daraus und sorg dafür, dass sie viermal am Tag davon trinkt.«
    Dann eilte sie den Pfad hinunter zum Wagen.
    Jake wartete, bis sie sich neben ihn gesetzt hatte, und fuhr los.
    »Wie war es?«, fragte er schließlich.
    In Keziahs Stimme schwang ein Hauch von Selbsthass mit. »Ich habe soeben meinen Vater verraten.«
    Jake sah ihr in die Augen. »Ich glaube, dass du dich zwischen Rache und Gabriel entscheiden musstest. Du hast dem kleinen Rom ein Geschenk gemacht, das er sein Leben lang nicht vergessen wird.«
    Dann knallte er mit der Peitsche, um die Spannung zu zerreißen. »Fahren wir zu Dan. Du weißt ja, wie ungern dein anderer Ehemann allein trinkt.«

    Auf dem Weg nach Hause war Keziah nicht sonderlich erstaunt, dass Dan sich auf dem Rücksitz zusammengerollt hatte und eingeschlafen war. Er vertrug keinen Alkohol. Gabriel erzählte fröhlich, was ihm Mrs. Hamberton alles erzählt hatte. Wie sein Großvater Stanley die Leute mit seiner Geige entweder zum Tanzen oder zum Weinen gebracht hatte. Wie gut er Pferde hatte zähmen können. Wie sauber er gekämpft und dass er alle Faustkämpfe gewonnen hatte.

    Keziah kochte vor Wut, sagte aber kein einziges Wort.
    »Dein Großvater muss ja ein richtiger Tausendsassa gewesen sein«, rief Jake und verzog das Gesicht zu einer Grimasse, als er Keziah in die Augen schaute.
    Den Rest des Weges wirkte Jake niedergeschlagen. Keziah wusste den Grund genauso gut wie er. Das aufgebrochene Eis zwischen ihnen war wieder zugefroren.

NEUNUNDFÜNFZIG
    K eziah schreckte in ihrem vardo aus dem Schlaf, als sie das Knallen der Türen im Haus hörte. War Jakes irisches Temperament nun endgültig mit ihm durchgegangen?
    Sie band sich ein Handtuch wie einen Turban um den Kopf und warf einen Blick durch eine Ritze in der Tür. Wie ein Wikinger, der einem Schlachtruf folgt, marschierte Jake auf den Wagen zu. Abgesehen von seiner Moleskin-Hose war er nackt. Auf der Hüfte trug er den kleinen Yosie, dessen Nachthemd in der Luft flatterte.
    »Mach die verdammte Tür auf, hörst du?« Er drückte ihr Yosie in die Arme. »Hier, ich gehe davon aus, dass er dein Sohn ist. Ich mache ihn schon seit Monaten sauber. Jetzt habe ich die Nase voll. Ich brauche einen Drink. Ich will dir nichts vormachen, ich werde mich gründlich volllaufen lassen.« Dann rief er ihr über die Schulter hinweg sarkastisch zu: »Warte nicht auf mich.«
    Als er kurz darauf am vardo vorbeiritt, feuerte er noch eine letzte Breitseite ab. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich werde für die Rechnungen aufkommen und für die Kinder da sein. Das habe ich dir versprochen, und ich halte mein Wort. Du brauchst deine Tür nicht mehr zu verriegeln. Du kannst getrost im Haus schlafen. Ich werde dich nicht mehr behelligen!«
    Dann ritt er los, als sei ein Buschfeuer mit neunzig Meilen pro Stunde hinter ihm her. Keziah sah, dass er auf dem Weg nach Bolthole Valley war. Bestenfalls zu einem ordentlichen Besäufnis. Und schlimmstenfalls? Die rothaarige Lily Pompadour hatte sich vor einigen Jahren mit Jakes Unterstützung aus dem Staub gemacht und in Melbourne Town ein neues Leben aufgebaut,
aber Keziah wusste, dass es einen großen Nachschub an gefallenen Mädchen geben würde, die darauf brannten, Lilys Platz einzunehmen.
    Keziah spürte einen Stich im Magen. War es Angst? Oder Eifersucht? Sie redete sich ein, es sei gerechtfertigte Wut. Jake war verschwunden und hatte sie mit drei Kindern sitzen lassen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als die ganze Last der Farm auf sich zu nehmen. Ich werde ihm zeigen, was es heißt, eine starke

Weitere Kostenlose Bücher