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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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niemals vergessen. Nachdem Ihr Vater gestorben war, bat ich Ihre Großmutter um die Erlaubnis, Sie adoptieren zu dürfen. Aber sie verfluchte mich, so wie nur eine Roma-Frau einen verfluchen kann. Sie sagte, Sie wären das einzige Kind auf der Welt, das ich niemals haben würde. Und sie sollte Recht behalten. Jahrelang habe ich Sie aus der Ferne beobachtet. Ihre Kindheit. Ihre Liebe zu Gem, Ihre Hochzeit. Und als ich erfuhr, dass Sie in diese Kolonie gefahren sind, war ich verzweifelt.«
    Das sich selbstverachtende Lachen ging in einen kleinen Hustenanfall über. »Ich musste meine ganze weibliche List aufwenden, damit meine enge Freundin Elizabeth, ihren Mann, Sir George Gipps, dazu brachte, meinen Mann als Richter nach New South Wales zu holen.«
    »Den Gouverneur!«, fuhr Keziah dazwischen. »Dann habe ich Ihnen also doch meine Freiheit zu verdanken!«
    »Das war das Wenigste, was ich tun konnte. Ich weiß, dass ich die Vergangenheit niemals ungeschehen machen kann. Sie haben
mein Wort. Ich werde nie wieder versuchen, Sie oder Gabriel zu sehen.«
    Keziah erkannte, dass das Gesicht der Frau fahl geworden war, als hätte sie jede Hoffnung fahren lassen. Doch als Keziah ihren Sieg auskosten wollte, empfand sie nur Leere.
    Dann setzte Stella Hamberton leise hinzu: »Es steht mir nicht zu, trotzdem würde ich Sie gern um etwas bitten. Würden Sie mir erlauben, mich von Gabriel zu verabschieden?«
    Jahrelang hatte Keziah die Erinnerung an ihre betörend schöne Mutter mit dem goldenen Haar gehasst, deren oberflächliche Liebe verflogen war, als man ihren Rom ins Gefängnis gesteckt hatte. Hatte das halbe Kind, das sich nicht von einem reichen Mann, sondern dem Luxus und den Annehmlichkeiten ihrer gaujo -Welt hatte verführen lassen, aus ganzem Herzen verachtet.
    Keziahs Urteil war unwiderruflich. »Für mich ist die Hure Stella gestorben, aber für Gabriel ist seine Großmutter nicht tot. Ich schwöre bei der Hand meines Vaters, dass ich ihn niemals daran hindern werde, seine Großmutter zu besuchen. Und ich werde auch seine Liebe zu Ihnen nicht mit meiner Verachtung färben.«
    Stella Hamberton schien nach Worten zu ringen. Dann sprach sie das aus, was sie insgeheim spürte. »Sie sind wirklich die Tochter Ihres Vaters.«
    »Ich wünschte, ich wäre es.« Keziahs Ehrlichkeit war stärker als ihr Schmerz. »Das Leben, das ich geführt habe, ist der Beweis, dass ich kein bisschen besser bin als meine Mutter. Huren bringen nur Huren zur Welt.«
    Die blauen Augen der Frau blitzten auf. »Ich erlaube nicht, dass Sie sich in meiner Anwesenheit verurteilen. Ich war schwach, beeinflussbar, eine Närrin, die sich an die Sicherheit meiner Klasse klammerte und das Glück derjenigen zerstörte, die ich liebte. Sie haben nichts von mir geerbt – bis auf die Augen. Sie sind eine echte Roma! Im Gerichtssaal habe ich die Wahrheit erkannt. Sie sind außergewöhnlich mutig, loyal und ehrlich, Gabriel Stanleys wahre Tochter!«

    Dann brach ihre Stimme, und sie wandte sich ab, um ihre Schwäche zu verbergen.
    Keziah stand auf. »Ich glaube daran, dass man Kindern die Wahrheit sagen muss. Gabriel hat viele wechselnde Loyalitäten erlebt. Er braucht Zeit, um diese neue Wahrheit zu verdauen.«
    Keziah verließ den Raum so majestätisch wie eine Königin, die ihr Gegenüber einfach stehen lässt.
    Kurz darauf kehrte sie zurück und ließ Gabriel sich höflich vor Mrs. Hamberton verbeugen. Keziahs Herz schlug im Einklang mit dem ihres Sohnes. Sie wusste genau, was er dachte, als seine dunkelblauen Augen unter den wirren blonden Locken hindurch jene Frau musterten, mit der er sich auf seltsame Art verbunden fühlte.
    »Guten Morgen, Mrs. Hamberton. Ich hoffe, es geht Ihnen gut.«
    »Ja, danke, Gabriel.« Sie hustete in ihr Taschentuch.
    Gabriel zuliebe versuchte Keziah, sich freundlich zu geben. »Ich habe gehört, dass Sie Gabriels Schwäche für Bleisoldaten teilen und mit ihm die Schlacht von Waterloo nachspielen.«
    Gabriels Augen schossen zwischen ihnen hin und her. »Ich lasse Mrs. Hamberton immer die erste Wahl, und sie entscheidet sich immer für Napoleon.«
    Mrs. Hamberton lächelte lakonisch. »Ja, aber aus irgendeinem Grund verliere ich jedes Mal.«
    Keziah spürte, wie sich etwas in ihr regte. Schnell wandte sie sich Gabriel zu.
    »Papa hat dir erzählt, dass Mrs. Hamberton die Gattin des Richters ist, aber sie ist auch viel mehr als das. Lange bevor du geboren wurdest, kannte sie deinen Roma-Großvater, Gabriel Stanley. Wenn du

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