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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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wie ihre schändliche Mutter hatte auch Keziah das Unverzeihliche getan – sie hatte ihren Rom betrogen, während dieser im Gefängnis saß.

    Egal, was ich anstellen muss, um zu überleben, ich werde dich finden, Gem, und wieder in deinen Armen liegen .
    Als sie an sein geliebtes Gesicht dachte, schmeckte sie das Salz ihrer Tränen, die ihr über das Gesicht liefen.
    Sie legte die Hände auf ihren flachen Bauch und sprach die Wahrheit laut aus.
    »Ich will dich nicht, du kleiner Kerl. Aber ich weiß, dass du da drin bist. Also sind wir beide – du und ich – vorerst aneinander gebunden.«

NEUN
    D ie zerklüftete Landschaft kam Jake Andersen in seinem verwirrten Geisteszustand derart fremd vor, dass er das Gefühl hatte, er könnte genauso gut auf dem Mond sein. Trotzdem hatte er die vage Vermutung, dass er sich irgendwo südlich des Wollondilly River befand.
    Seit vier Tagen hatte Jake keine Spur von menschlichem Leben gesehen, jetzt hallte das ferne Geräusch von Picken und Vorschlaghämmern durch die tiefe Schlucht. Wahrscheinlich schlug eine Kolonie von Strafgefangenen eine neue Straße in den Busch.
    Sein leerer Magen machte ihm zu schaffen. Er hatte nichts gegessen oder getrunken, außer Grog. Jetzt sehnte er sich nach dem Geschmack von Wasser.
    Bei dem Gedanken an Grog tauchten Fragmente frischer Erinnerungen auf … wie er in einem »geliehenen« Boot über den Neapan River zur Farm seiner Eltern gerudert war … wie er seinen Vater mit Grog abgefüllt hatte, bis er sternhagelvoll war … wie sie lärmend auf die Geburt seines achten Bruders angestoßen hatten … das norwegische skol … und der wütende irische Akzent seiner Mutter, als sie das Teufelszeug entdeckt hatte. »Geh nach Hause zu deiner Jenny, du besoffener Nichtsnutz!«
    Jake hatte ihnen nicht beichten können, dass Jenny durchgebrannt war. Er hatte seiner Mutter gesagt, sie solle seinen Namen aus ihrer verdammten Familienbibel streichen. »Du kannst allen sagen, Jake Andersen wäre tot.«
    Jetzt taten ihm seine Abschiedsworte leid, aber er wusste, dass seine Ma niemals klein beigeben würde. Und er auch nicht. Also
konnte er genauso gut sechs Fuß tief in der Erde liegen. Tote bitten nicht um Hilfe .
    Er erinnerte sich vage, dass er später nach der Verwüstung irgendeiner Kneipe wegen Landstreicherei und Ruhestörung eingebuchtet worden war. Nach seiner Entlassung hatte er ein paar Flaschen Rum in seine Satteltasche gepackt, war in den Busch hinausgeritten und hatte sich derart betrunken, dass er sich am Ende mit den Sternen auf der Milchstraße gestritten hatte. Heute Morgen war er dann wieder aufgewacht, angeekelt von sich selbst.
    Als er unterhalb der Straße einen Bach rauschen hörte, lehnte er sich im Sattel nach hinten, um den Halt zu bewahren, als Horatio im Zickzack den steilen Hang hinabkletterte. Jake hoffte, dass es Trinkwasser war.
    Eureka . Er grinste erleichtert beim Anblick eines Billabongs neben dem Bach. Dann nahm er Horatio den Sattel ab, damit er bequemer trinken konnte. Doch als er sich selbst hinabbeugte, um seinen Durst zu stillen, kam ihm ein schrecklicher Gedanke. Vor Jahren waren in Wiradjuri ein paar Wasserlöcher vergiftet worden. Was, wenn dieses darunter war? Nun, das werde ich ja bald wissen .
    Nachdem er ausgiebig getrunken hatte, füllte Jake eine leere Rumflasche mit Wasser. Dann riss er sich die übel riechenden Kleider vom Leib, sprang mit ihnen in das kalte Wasserloch und tauchte sauber und relativ nüchtern wieder auf. Allein bei dem Gedanken, die beiden restlichen Rumflaschen Grog zu leeren, wurde ihm schlecht.
    Während Jake auf die fernen Geräusche der Straßenbauarbeiten zuritt, spürte er, wie mühelos sich sein Körper Horatios Schritt anpasste. Es war bereits ein heißer Tag. Keine Frage, in diesem Sommer konnten sie mit einer Bullenhitze rechnen. Er hatte die Zeitorientierung verloren, doch den Wildblumen und den roten Blattspitzen der Eukalyptusbäume nach zu urteilen, Vorboten des Frühlings, musste es Mitte Oktober sein. Zum ersten
Mal seit Wochen nahm er das Land um sich herum wieder bewusst wahr.
    Die grenzenlose Weite des Wiradjuri-Gebiets war eine Männerwelt. Sie hatte viele Gesichter. Schroffe Felsen türmten sich über tiefe, von Bächen übersäte Schluchten, die man hören, doch nur selten sehen konnte. Mit einem Mal wurde das monotone Olivbraun der knorrigen Eukalyptusbäume von den strahlenden Farben kreischender, vorbeifliegender Papageien und Kakadus zerrissen. Für Jake barg

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