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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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um.
    »Es wäre schade, ihn zu wecken. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich mich neben Sie auf den Kutschbock setze?«
    Jake war nicht gerade erfreut, noch mehr Fragen beantworten zu müssen, vor allem angesichts seiner schlechten Laune, andererseits konnte man von einer anständigen Frau kaum erwarten, dass sie einen Betrunkenen auf den Schoß nahm.
    »Nur zu, aber sagen Sie mir nicht, wie ich meine Kutsche lenken soll.«
    »Wir fühlen uns alle sehr sicher in Ihren Händen, Mr. Andersen. «
    Jake sah sie scharf an, um herauszufinden, ob ihr Lob boshaft gemeint war, doch sie schenkte ihm ein derart entwaffnendes
Lächeln, dass er sich einredete, sie müsse es wohl ernst gemeint haben.
    Sie griff nach der Fußstütze, um sich hinaufzuschwingen.
    »Erlauben Sie?«, sagte Jake und hob sie in einem Wirbel von Röcken, unter denen der rote Unterrock und ihre Knöchel aufblitzten, mühelos auf den Kutschbock. Ein komischer Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Es war die erste anständige Frau, die er seit Jennys Verschwinden in den Armen gehalten hatte.
    »Zu Ihrer eigenen Sicherheit schnalle ich Sie am besten an. Kurz vor dem Pass wird es ziemlich holprig.«
    Zu seiner Überraschung schlang sie sich hastig den Schal um den Bauch wie ein Schutzschild. »Nein! Ich bin mein Leben lang ohne Sattel geritten und noch nie abgeworfen worden. Ich werde mich mit beiden Händen festhalten.«
    »Tun Sie das. Nicht, dass Sie hinterher fallen, wenn Ihnen der Hut vom Kopf fliegt.«
    Wie ein artiges Kind nahm sie den Hut ab und legte ihn unter den Sitz. Dann lachte sie erwartungsvoll, während der Wind ihr in die Haare fuhr.
    Jake griff nach den Zügeln und spornte sein Gespann an. Was für ein Haar! Jesses, diese Frau wird mir noch Scherereien machen. Was bin ich froh, wenn ich das hinter mir habe. So wie sie aussieht, wird sie nicht lange Witwe bleiben, bei den zahllosen Männern in diesem Land, die eine Frau suchen.
    Keziah saß zum ersten Mal im Leben auf dem Kutschbock; sie war aufgeregt, wollte Jake jedoch nicht mit all den Fragen behelligen, die ihr durch den Kopf schossen.
    Die tanzenden Schatten des Buschlands hatten etwas derart Magisches, dass sie ein Kribbeln im Rücken spürte. Als sich das Kind in ihrem Bauch regte, empfand sie ein neues fremdes Gefühl. Kameradschaft. Im Guten wie im Schlechten war es Teil ihres großartigen Abenteuers.
    Die Dunkelheit senkte sich mit einer Geschwindigkeit über sie herab, die ihr, die an das weiche englische Zwielicht gewohnt
war, völlig fremd war. Die Petroleumlampen auf beiden Seiten der Kutsche warfen kleine Lichtkegel auf die Straße, sodass man den Eindruck hatte, raue Umrisse griffen nach ihnen, während sie zwischen Flecken von Mondlicht hindurchfuhren.
    Keziah entging es nicht, dass Jake Andersen ständig zu ihr herüberschielte. Der Ausdruck in seinen Augen sagte ihr, dass ihn eine Frau so sehr enttäuscht hatte, dass er nun keiner mehr traute.
    Dass er den Pferden kein einziges Mal die Peitsche gegeben hatte, beeindruckte sie. Sie mochte die Art, wie er die Zügel hielt, so locker, dass die Pferde beim kleinsten Zug reagierten. Er hatte schöne Hände, kräftig, aber schmal. Hände, die stark genug waren zum Kämpfen, doch bestimmt konnten sie sehr zärtlich sein. Erschrocken verscheuchte sie diese Gedanken.
    Als sie eine scharfe Kurve nahmen und eine Lichtung erreichten, brachte Jake die Pferde zum Stehen. Im Licht der Lampen erkannten sie einen seltsamen Schatten – die Straße war von einem Haufen dicker Äste blockiert.
    »Jesses!«, sagte Jake leise. »Eine Falle. Die Bande von One Eye. Schreien Sie nicht. Bleiben Sie ganz ruhig sitzen.«
    Er nahm ihre Hand, behielt jedoch die ganze Zeit die Straße im Blick.
    Vor ihnen warteten drei Buschräuber auf ihren Pferden. Drei Pistolen zielten auf Jakes Kopf – zwei davon hielt der Anführer der Bande in den Händen. Der dritte Buschräuber richtete sein Gewehr lässig Richtung Mond.
    »Halt! Überfall!« Die gebieterische Stimme eines Mannes mittleren Alters gehörte dem Anführer, der seinen Kumpeln anschließend befahl, abzusitzen. Im Schein des Mondes wirkte der Einäugige trotz seiner breiten Schultern schlank. Er hatte einen dichten Bart und trug eine Mütze, die seine Augen nicht verbarg. Keziah erschauerte, als sie sah, wie er zu seinem Spitznamen gekommen war. Eins der Augen war krankhaft blau und wässerig, das andere nur eine leere Augenhöhle.

    Sie sah sich seine beiden Helfer an und registrierte erleichtert,

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