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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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Schlucht unterhalb von Blackman’s Leap.
    Der Lärm der durchgehenden Pferde zerriss die Luft. Keziah
versuchte, sich an den Seiten der Kutsche festzuhalten. Einen Augenblick sah sie die Umrisse des Fuchses ganz scharf, als schwebte er in der Luft. Himmel und Erde stießen mit schrecklicher Wucht aufeinander, als die Kutsche über den Rand des Abgrunds stürzte, auf ihrem Weg in die Tiefe von Baum zu Baum krachte und sich immer wieder überschlug.

FÜNFZEHN
    A ls Keziah am Grund der Schlucht wieder zu sich kam, war alles um sie herum dunkel. Instinktiv umfasste sie ihren Bauch und tastete zwischen den Beinen nach Blut. Wie durch ein Wunder war ihr Kind noch am Leben und regte sich sacht, um sich bemerkbar zu machen. Vorsichtig bewegte sie ihre geschundenen Gliedmaßen und verspürte einen stechenden Schmerz, doch sie dankte Del , dass ihr Kind lebte. Erst wenige Monate zuvor hatte sie dieses winzige Leben loswerden wollen, jetzt waren seine zarten Bewegungen beruhigend.
    In dem spärlichen Mondlicht, das durch den Baldachin der Bäume drang, erkannte Keziah den zertrümmerten Kutschenwagen, die Räder lagen ein Stück weiter weg wie vergessenes Kinderspielzeug. Irgendwo im Dunkeln hörte man das herzzerreißende Röcheln sterbender Pferde.
    O’Flaherty sah benommen aus. Seine zerbrochene Brille hing von einem Ohr, sein grauer Bart war blutverkrustet, aber er schien keine ernsthaften Verletzungen zu haben. Das war ein Segen, es erinnerte Keziah jedoch an den zynischen Glauben, dass der gaujo- Gott über Betrunkene und Kinder besonders schützend wacht.
    Keziah kniete neben Sarannas Körper und sah zu, wie der Doktor ihren Puls fühlte. Die schrecklichen Veränderungen an der jungen Frau machten ihr Angst. Ihr Haar war matt von geronnenem Blut. Keziah erschauerte bei dem Gedanken, dass Sarannas blasses Gesicht nun denen der Steinengel auf den Friedhöfen glich. War das ein Omen? Der Arzt gab sich Mühe, zumindest so zu tun, als verstünde er etwas von seinem Fach.

    »Mit dieser Kopfverletzung wird das arme Ding die Nacht nicht überleben.«
    Keziah blickte sich nach Jake um und hörte schließlich sein angestrengtes Atmen. Sie rief den Doktor und kniete sich neben Jake, als O’Flaherty ihn untersuchte.
    »Mr. Andersen wird es schaffen, oder?«, fragte sie.
    Sein Unterarm hatte Schürfwunden und war doppelt so dick wie normal, und an der Stirn blutete er von dem Streifschuss des Buschräubers. Viel alarmierender war aber der Anblick des gebrochenen Beins, das in einem unnatürlichen Winkel lag. Als Keziah dem Doc half, ihn zu bewegen, erlangte Jake gerade lange genug das Bewusstsein, um einen Schwall der schlimmsten Flüche loszulassen, die sie je gehört hatte.
    Keziah grinste. »Nun, das ist wenigstens ein gutes Zeichen. Jake Andersen lebt!«
    Von einem Schluckauf unterbrochen, bestätigte Dr. O’Flaherty, was auf der Hand lag. »Wir werden bis zum Morgengrauen auf Hilfe warten müssen, Mrs. Smith. Heute Nacht kommt hier niemand mehr vorbei. Um sein Bein zu schienen, habe ich nicht genug Licht.«
    Jake packte Keziah an der Hand. Seine Fingernägel bohrten sich in ihre Handfläche.
    »Machen Sie sich keine Sorgen um mich. Kümmern Sie sich lieber um die armen Pferde!«
    Das Gespann hatte die Hauptlast des Falls getragen. Keziah befreite den zu Tode erschrockenen Fuchs – wie durch ein Wunder war er unverletzt. Zwei Pferde waren verendet, das dritte lag in den letzten Zügen.
    »Erschießen Sie das arme Tier!«, befahl Jake. »Nehmen Sie meine Schrotflinte.« Keziah hatte gesehen, wo er sie in der Kutsche verstaut hatte, und fand sie im Dunkeln. Dann kniete sie neben dem verletzten Tier nieder. Als sie seine gebrochenen Beine sah, zögerte sie nicht. Blut spritzte auf ihren Schal, als der Schuss durch die Luft hallte. Keziah stieß einen erstickten Schrei aus.
    Unterdessen kümmerte sich Dr. O’Flaherty, so gut es ging, um Saranna. Auf sein Geheiß zog Keziah ihr das Kleid aus und löste das Mieder und den Unterrock, um ihr das Atmen zu erleichtern. Dann deckte sie Saranna mit ihrem eigenen Roma-Schal und der Regenhaut aus der Kutsche zu, um sie warm zu halten.
    »Wir brauchen ein Feuer«, sagte sie zu sich selbst. Dann fiel ihr ein, dass Jake rauchte, und sie durchsuchte vorsichtig seine Westentaschen nach den Wachshölzern. Wenig später hatte sie ein Feuer entzündet.
    Dr. O’Flahertys Arzttasche war verschwunden, doch als Keziah ihre Tasche samt dem kostbaren Kästchen mit Heilkräutern fand, grunzte er

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