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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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hysterisch vor Erleichterung. »Ironbark – 1 Meile.«
    Erschöpft und zusammengesunken saß sie auf dem Tier, als sie in der Ferne eine Ansammlung von Farmhäusern sah, die die kurvenreiche
Straße säumten. Da eine anständige Dame niemals auf einem ungesattelten Pferd reiten würde, stieg sie ab und führte das Tier an ein paar Holzhütten vorbei. Aus den Fenstern drang Licht, und aus den steinernen Schornsteinen stieg Rauch in den dämmernden Himmel auf.
    Sie hielt einen jungen Schäfer an, der eine Schafherde durch die Straße trieb.
    »Könntest du mir bitte sagen, wie ich zur Ironbark Farm komme, mein Junge?«
    Er sah sie an und zeigte dann wortlos auf ein großes Tor am Ende einer kurzen Holzbrücke, die über einen Bach führte.
    In der Ferne, weitab von der Straße, erhob sich ein großes, weitläufiges Anwesen. Der barfüßige Junge lief vor und öffnete das Tor. Er starrte sie an, als hätte er ein Gespenst vor sich, dann schloss er das Tor hinter ihr und führte seine Schafe zu einem heruntergekommenen Bauernhof.
    »Als wäre ihm der Teufel über den Weg gelaufen. Für wen hält er mich wohl?«
    Als sie die Ironbark Farm erreichte, war es bereits stockdunkel. Ihre Füße schmerzten, ihr leerer Magen knurrte, das Kind strampelte in ihrem Bauch, und sie fühlte sich schmutzig und zerzaust.
    Während sie das Tier zur Tränke führte, wurde die Dunkelheit von einem Lichtstrahl zerrissen, als jemand die Tür der Farm öffnete. Ein bärtiger Mann im Nachthemd, der sie an einen Propheten aus der Bibel erinnerte, rief mit bestem kornischem Akzent: »Miss Plews? Sind Sie das?«
    Keziah dachte an Sarannas tadellose Manieren. »Ja, Sir, es hat einen schrecklichen Unfall gegeben. Unsere Kutsche ist am Pass von der Straße abgekommen und in die Schlucht gestürzt.«
    Dann tat sie, als fiele sie vor seiner Nase in Ohnmacht.
    »Polly, komm schnell. Hilf Miss Plews. Gib ihr etwas zu essen und zu trinken und alles, was die junge Dame braucht.«
    Polly zeigte mit dem Kopf auf eine kleine Hütte direkt neben dem großen Haus. »Ich habe alles, wie Sie befohlen haben, hergerichtet,
Sir. Aber vielleicht wäre es besser, sie im hinteren Schlafzimmer Ihres Hauses …?«
    »Auf keinen Fall! Das wäre äußerst ungehörig, ohne eine Frau im Haus. Sieh zu, dass Miss Plews es in der Hütte des Aufsehers bequem hat. Wenn Griggs zurückkehrt, sage ich ihm, dass er sich vorübergehend auf dem Heuboden einrichten soll.«
    Keziah bemerkte, wie das Mädchen grinste. »Lieber Himmel, da wird Griggs nicht gerade erfreut sein.«
    Polly war klein, hatte Sommersprossen im Gesicht und trug eine Haube und eine Schürze. Keziah war froh, dass sie sich an ihre Schulter lehnen konnte.
    Die Außenwände der Hütte bestanden aus rauen, mit Äxten behauenen Baumstämmen, doch das Innere war trotz des fest gestampften Lehmbodens sauber und mit einem Bett aus Holz, einem Tisch, einer Kommode und einem Spiegel eingerichtet. Es roch, als hätte man den Raum mit Petroleum gereinigt, und der einzige Hinweis darauf, dass dies normalerweise das Reich eines Mannes war, bestand in dem Lederriemen zum Schärfen eines Rasiermessers, der an der Wand neben dem Waschbecken an einem Haken hing.
    Polly redete unentwegt, während sie die Petroleumlampe anzündete, die Decken des Bettes zurückschlug und ihr Handtücher und Seife hinlegte.
    »Soll ich Ihnen beim Umziehen helfen, Miss?«
    Keziah versuchte, ihre Beunruhigung zu überspielen. Sie musste ihren dicken Bauch verbergen.
    »Danke, nein. Ich komme schon zurecht. Ich bin nur ein kleines bisschen hungrig und …«
    Noch ehe sie den Satz zu Ende geführt hatte, war Polly schon zur Tür hinaus. Kurz darauf kehrte sie mit einem Tablett zurück: Brot und Butter, ein Stück Käse mit roter Rinde, ein Teller mit Scheiben von kaltem Lammfleisch, zwei saftige Birnen und eine große Teekanne, Zucker und Milch – alles auf weißem Porzellan mit blauen Blumenmotiven.

    Keziah bedankte sich bei Polly, schloss die Tür hinter ihr und machte sich über die erste richtige Mahlzeit seit zwei Tagen her.
    »Welche Wonne!« Sie genoss jeden Bissen und stöhnte vor Behagen. Das Lammfleisch war zart, das Brot frisch, der Käse erinnerte an den besten Cheshire, den sie je probiert hatte. Die goldenen Birnen waren so saftig, dass sie sich die Finger ablecken musste, weil sie sich keinen einzigen Tropfen entgehen lassen wollte.
    »Ein Glück, dass ich mich nicht an Sarannas Tischmanieren halten muss, wenn ich allein bin! Morgen in

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