Die Blüte des Eukalyptus
Postkutschenunfalls am Blackman’s Leap. Dass sie selbst in der Kutsche gesessen hatte, behielt sie für sich. Zuvor wollte sie wissen, wie die tote Frau identifiziert worden war.
»Ich habe gehört, dass sie hier auf dem Friedhof von Bolthole Valley bestattet worden ist. Hat sie wenigstens eine anständige Beerdigung erhalten?«
»Selbstverständlich«, antwortete Feagan. »Wir sind alle gute Christen hier. Sie liegt in dem Teil für Konfessionslose, aber auf ihrem Grab steht ein hölzernes Kreuz. Niemand weiß, welche Religion sie hatte.« Dann fügte er finster hinzu: »Wenn überhaupt. «
Keziah wagte es nicht, ihn anzusehen. »Was erzählen sich die Leute über sie?«
»Sie war wohl erst vor Kurzem aus der Heimat eingewandert. Über Familienangehörige ist nichts bekannt. Im Bericht eines irischen Arztes steht, es handele sich um eine gewisse Mrs. Smith, Witwe. Wahrscheinlich eine heidnische Zigeunerin. Unter ihren Sachen fand man den Kartensatz einer Wahrsagerin.«
»Diese Karten sind Teufelszeug!«, erklärte die ältere Witwe.
Keziah war erleichtert zu erfahren, dass der Austausch der Identitäten geklappt zu haben schien. Die Zigeunerin Smith lag sicher in ihrem Grab. Jetzt konnte sie sich dem Stadtausrufer Matthew Feagan gefahrlos als Saranna Plews zu erkennen geben.
Die jüngere der beiden Witwen hatte noch eine Beschwerde vorzubringen. »Diese lubra da draußen, Mr. Feagan. Könnten Sie sie nicht verjagen? Was hat sie hier unter anständigen Leuten zu suchen? Jeder weiß doch, dass der Einäugige sie geschwängert und dann zusammen mit ihrem Halbblut der Gemeinde aufgehalst hat.«
Keziah errötete, als sie daran erinnert wurde, wie sehr sie selbst als halbe gaujo verachtet worden war.
Feagan schien sich irgendwie nicht wohl in seiner Haut zu fühlen. »Sie hat ein Mischlingskind, deshalb habe ich ihr erlaubt, in meiner Scheune zu übernachten. Es ist nur wegen des Kindes, das krank ist. Etwas anderes bleibt einem als guter Christ gar nicht übrig.« Er hob belehrend den Zeigefinger. »Denken Sie an das Jesuskind und die Krippe.«
Keziah versuchte, ihre Gedanken zu entwirren. Zumindest hat Saranna ein anständiges Begräbnis erhalten. Ich hoffe, dass ihr mulo besänftigt ist. Sobald ich etwas gespart habe, werde ich einen ordentlichen Grabstein für Keziah Smith in Auftrag geben.
»Noch mal zurück zu dem Unfall. Wie geht es dem Kutscher? «, fragte sie beiläufig.
Feagan wurmte es, wenn er mit Informationen nicht dienen konnte. »Keine Ahnung, ich habe nur gehört, dass eins der Opfer
so verletzt wurde, dass sein Bein nicht zu reparieren ist und er für den Rest seines Lebens ein Krüppel bleiben wird.«
Keziah wurde fast schlecht, als sie sich Jake Andersen als Krüppel vorstellte. Zutiefst erschüttert kaufte sie eine Zeitung und lief nach draußen. Sofort hatte sie das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Sie hörte das schwere rhythmische Stöhnen eines Mannes und lief auf die Scheune zu.
Das Kind lag auf dem Boden und weinte. Einer der Betrunkenen hatte der kleinen Einheimischen den Rock über das Gesicht gezogen, presste sie gegen die Wand und tat ihr brutale Gewalt an. Sein Kumpel feuerte ihn an und knöpfte sich schon erwartungsvoll die Hose auf.
Der Betrunkene war schnell fertig. Seine Manneskraft ließ ihn im Stich, woraufhin er das Mädchen ins Gesicht schlug.
»Du elende Hure bist nicht mal einen Furz wert.« Dann warf er ihr eine Münze hin.
Keziah stürzte in die Scheune, ergriff eine Sense und schrie Zeter und Mordio. Der Kumpel des Betrunkenen warf ihr nur einen Blick zu und lief um sein Leben. Sie schwang die Sense über den Kopf des anderen. Bei dem Versuch, ihr auszuweichen, stürzte der Mann zu Boden, woraufhin Keziah die Sense wie ein Damoklesschwert über ihn hielt.
»Wenn du das nächste Mal eine Frau für ihre Gesellschaft bezahlst, behandle sie mit Respekt.«
Zu Tode erschrocken taumelte er über den Pfad davon.
»Komm!«, sagte Keziah, doch das Mädchen war zu verschreckt, um zu reagieren, deshalb legte sie das Kind sanft in die Arme seiner Mutter.
»Ich heiße Saranna. Ich kann dir nicht viel bezahlen, aber wenn du für mich arbeiten willst, wirst du nie mehr hungrig sein und dich von diesen Bestien nicht mehr missbrauchen lassen müssen. «
Keziah wandte ihren Blick von den dunklen Augen der Kleinen ab, um ihr Zeit zum Nachdenken zu geben, dann setzte sie aufrichtig
hinzu: »Ich sage das nicht aus Mitleid. Ich brauche wirklich deine Hilfe.«
Während sie
Weitere Kostenlose Bücher