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Die Blütenfrau

Die Blütenfrau

Titel: Die Blütenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Tavor.
Den Namen kannte Wencke, es war eines der meistverschriebenen Psychopharmaka gegen Schlafstörungen und Angstzustände. Die anderen Medikamente sagten ihr nichts.
    Wencke trat wieder ins Wohnzimmer und schloss die Tür zur Küche. Sie stellte die Gläser auf den Tisch und goss das Wasser ein. Schließlich setzte sie sich wortlos und trank einen großen Schluck.
    «Ich weiß wirklich nicht, wo Allegra gestern gewesen ist», sagte Pamela ganz von allein. «Aber ich habe einen Verdacht.»
    Weder Peter Sendhorst noch Wencke unterbrachen die kurze Stille.
    «Ich glaube, sie war bei den kleinen Katzen. Wissen Sie, auf einem Hof in der Westermarsch haben sie einen Wurf ganz süßer Kätzchen, viele rot getigerte, und eine ist pechschwarz. Ich habe Alli davon erzählt. Vielleicht ist sie heimlich da hin   …»
    «Warum sollte sie das heimlich machen?», hakte Wencke nach.
    «Meine Tochter hatte allergisches Asthma, schon seit ihren frühesten Kindertagen. Ich hätte ihr sicher nie erlaubt, den Tieren zu nah zu kommen.» Peter Sendhorst trank einen Schluck.
    Nun, das erklärte schon mal das Arzneidepot.
    «Und du, Pamela, könntest du dir vorstellen, dass Allegra den ganzen Nachmittag auf diesem Bauernhof gewesen ist?»
    «Sie liebt Tiere doch so sehr. Sie will später Tierärztin werden.»
    Es schien dem Mädchen nicht aufzufallen, dass sie noch immer im Präsens sprach. Und Wencke korrigierte sie auch nicht, vielleicht war es besser so. Solange die Erinnerung an Allegra noch lebendig war und die Menschen es nicht schafften, in der Vergangenheit über sie zu reden, so lange könnte Pamela vielleicht auch noch etwas einfallen, was mit dem Leben des Mädchens zu tun hatte – und vielleicht helfen würde, deren Tod aufzuklären.
    «Könnte es auch sein, dass sie dort auf dem Hof jemanden   … kennt? Einen netten Jungen vielleicht?»
    Pamela schüttelte den Kopf. «Nein, Alli macht sich doch nichts aus Jungs. Die Bauern haben zwar einen Sohn, soviel ich weiß. Aber der arbeitet in der Woche irgendwo anders und ist nur selten zu Hause. Außerdem hat die Alli sowieso nur Augen für Katzen.»
    «Wie heißen die Bauern?»
    «Thedinga, glaub ich.»
    «Und wo finde ich den Hof?»
    «Ist nicht so weit mit dem Fahrrad, einfach die Alleestraße runter und dann der erste Hof nach dem durchgestrichenen Ortsschild. Er liegt ein bisschen abseits der Straße. Sie haben Kühe, es stinkt da ganz schön.»
    «Haben die Bauern euch erlaubt, auf ihrem Hof zu sein?»
    «Ja. Die sind nett. Aber die meiste Zeit ist da niemand zu sehen. Und wie gesagt, ich weiß nicht, ob Alli gestern da war. Ich könnte es mir nur vorstellen.» Das Mädchen knetete ihre Hände so fest, dass an einigen Stellen die Haut weiß und rot gescheckt war. Für Wencke sah das nicht so aus, als erzählte Pamela hier die ganze Wahrheit.
    «Liegt dir noch etwas auf dem Herzen? Glaub mir, je länger man eine unangenehme Sache für sich behält, desto schwieriger wird es, sie doch irgendwann mal zu erzählen.»
    Pamela biss sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf. Ihr Blick fiel dabei auf Peter Sendhorst, und es war Angst oder Scham darin zu erkennen.
    «Ich gehe mal kurz frische Luft schnappen», sagte der Mann geistesgegenwärtig, stand auf und ging auf die Terrasse. Die Tür schob er wieder hinter sich zu.
    Nun waren sie allein und ungestört.
    «Die Alli, sie   …»
    «Ja?»
    «Sie hasst ihren Vater.»
    Das überraschte Wencke. Selten hatte sie einen so freundlichen und angenehm beherrschten Mann erlebt, insbesondere, wenn man die fatale Situation bedachte, in der Peter Sendhorst gerade steckte. Durch das Fenster konnte sie ihn im Garten beobachten. Er war nicht besonders groß und hatte weiche Gesichtszüge. Sein Blick streifte über die Blumenbeetehinweg in den Himmel. Seine Tochter war ermordet worden, die Polizei hatte im Vorfeld den Hilferuf ignoriert, seine Exfrau führte sich auf wie ein Besen, und er musste erfahren, dass seine geliebte Tochter ihn beschwindelt hatte. Dennoch blieb er ruhig. Äußerlich zumindest. Dabei hätte er alle Gründe der Welt gehabt, einen Nervenzusammenbruch zu bekommen. Aus welchem Grund sollte ein nettes Mädchen wie Allegra ihren netten Vater gehasst haben?
    «Das ist doch normal, oder nicht? In eurem Alter findet man die Eltern schon mal doof, man meint sie sogar zu hassen. Ich glaube nicht, dass es etwas zu bedeuten hat.»
    Pamela nahm das Glas und trank das kalte Wasser in einem Zug aus. Als wolle sie sich Mut

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