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Die Blütenfrau

Die Blütenfrau

Titel: Die Blütenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Teichwasser. Aber ich glaube, einen Hauch von   …» Kerstin schnupperte unerbittlich.
    «Süßlich. Hustenbonbons oder Lufterfrischer vielleicht, oder   … Ja, genau, Zitronenmelisse glaub ich. Ein altes Hausmittel. Der Geruch hält Fliegen und Mücken fern.»
    Axel schrieb Kerstins Sinneseindrücke auf und las ihr anschließend den ganzen Text vor. Er hörte sich wie einer dieser Fernsehpathologen an, die mit leiernder Synchronstimme über irgendeinen perversen Serienkiller in den amerikanischen Südstaaten berichteten. Doch das hier war Norden in Ostfriesland und nicht Texas oder South Carolina. In der Mitte des Teiches sprudelte eine Fontäne, ein paar Enten kurvten unbeeindruckt auf dem Wasser, und in einiger Entfernung wieherte ein Pferd. Axel war nur ein Kriminalbeamter und kein Sheriff, Kerstin nur Angestellte im öffentlichen Dienst und kein Special-Agent. Das tote Mädchen dort auf dem Boden sah normal aus, fast brav, ein Ostfriesenmädel eben.
    Diese Sache mit der Creme und dem Duft passte nicht hierher.
    «Wir haben die Kleidung gefunden», rief Riemer. Er tauchte aus einem Gebüsch am anderen Teichufer auf. «Sanders, wenn Sie bei der Leiche so weit fertig sind, können Sie bei uns protokollieren?»
    Kerstin beachtete ihren Chef kaum. Sie hatte eben noch etwas anderes wahrgenommen, einen vertrauten Geruch, den man bei einem offensichtlichen Tötungsdelikt auch eher erwartete als Zitronenmelisse. Sie hatte Blut gerochen.
    «Bleibst du noch kurz hier? Ich hab da noch was.» Kerstin spreizte vorsichtig die Oberschenkel der Toten. «Seltsam. Da läuft zwar noch etwas Blut aus den unteren Körperöffnungen, wie auch schon aus dem Mund, aber die äußeren Geschlechtsorgane sind unversehrt. Es sieht nicht nach einem Sexualdelikt aus.»
    «Wonach denn dann?»
    «Ich meine damit, dass keine Anzeichen von Penetration oder ähnlich aktivem Vorgehen auszumachen sind, zumindest nicht auf den ersten Blick.»
    «Aber?»
    «Aber ich könnte mir vorstellen, dass wir es trotzdem mit einem Triebtäter zu tun haben. Jedoch mit einem, dem es um etwas anderes geht als um   …» Kerstin hielt inne. Sie hatte einfach so gesprochen, rein beruflich, rein aus der Perspektive einer Expertin für Spurensicherung, und dann war ihr klar geworden, dass es Axel war, mit dem sie sprach. Tatsächlich wurde sie jetzt etwas rot. «Du weißt schon, was ich meine.»
    «Ich glaub schon», antwortete er, dann machte er sich auf den Weg um den fast kreisrunden Teich. Kerstin deckte die Folie über den Leichnam. Von irgendwoher wehten Glockentöne herüber. Es war ein Uhr mittags. Sie folgte Axel um den Teich.
    Riemer fotografierte die Kleidung, die direkt neben dem Stamm eines üppigen Buschs versteckt gewesen war. Ein gelber Rock, vermutlich Baumwolle, eine weiße Bluse und eine Strickjacke, ebenfalls in Weiß. Genau wie das Paar Stoffschuhe, auf dem sich jedoch etliche rostbraune Flecken befanden. Blut. Daneben lag auch noch ein Fahrradhelm, an dessen Klettverschluss ein paar dunkelblonde Haare hingen, vermutlich vom Opfer. Alles war sehr akkurat zusammengelegt, sodass es problemlos auf die Fläche eines DIN-A 4-Blatts gepasst hätte.
    «Wie eine Schaufensterauslage», kommentierte Riemer. «Sexualdelikt, denke ich.»
    «Kerstin Spangemann sieht das etwas differenzierter.» Axel wiederholte brav, was sie ihm fünfzig Meter weiter eben diktiert hatte.
    Erst vor ein paar Tagen hatte Axel ihr gesagt, dass er sie und ihre Kollegen bewunderte. Spurensicherung wäre eine Puzzlearbeit, ein Knochenjob dazu. Erst durch ihr Zusammenleben wäre ihm klar geworden, wie viel Anstrengung eskostete, um an die Indizien zu kommen, mit der die Beamten der Kripo dann arbeiten konnten. Wie vergleichsweise bequem er es doch hatte, bereits fertige Tatortprotokolle am Schreibtisch sitzend studieren zu dürfen. Jetzt war er mit von der Partie. Von seiner Chefin höchstpersönlich zur Drecksarbeit diskreditiert. Nannte man ein solches Vorgehen nicht auch Mobbing?
    Riemer stellte sich aufrecht hin und reckte sich. Er war nicht mehr der Jüngste, und das Herumkriechen an Tatorten ging ihm an die Knochen. «Zum Glück ist Wencke Tydmers als Ganztagspolizistin wieder voll einsatzfähig. Das kommt mir hier alles sehr seltsam vor. So viel Ordnung hat man selten, wenn ein Mord geschehen ist.»
    «Und was hat das deiner Meinung nach zu bedeuten?», fragte Kerstin. Und warum soll ausgerechnet Wencke Tydmers hier gefragt sein, fügte sie in Gedanken hinzu.
    «Wenn du mich

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