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Die Blütenfrau

Die Blütenfrau

Titel: Die Blütenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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fragst, die Kripo sollte keine Zeit mehr verlieren. Sanders, sagen Sie Ihrer Chefin, sie soll ihren berühmten sechsten Sinn gründlich schärfen. Mein Bauchgefühl ist nicht so ausgeprägt wie das von Wencke Tydmers, aber es sagt mir trotzdem, wir müssen uns ranhalten, damit   …»
    Riemer wollte es bei einem Schulterzucken belassen, aber das reichte Kerstin nicht. «Damit was?»
    «Damit wir nicht bald die nächsten Mädchenkleider aus der Botanik fischen müssen.»

6.
    Oak
(Eiche)
    Botanischer Name: QUERCUS ROBUR
    Die Blüte gegen Unnachgiebigkeit und zu viel Ehrgeiz
     
    «Dr.   Erb? Es ist schon wieder diese Journalistin. Mit welcher Geschichte soll ich sie diesmal abwimmeln?» Beatrix war die Anspannung von ihrem hübschen Gesicht abzulesen, trotz Make-up. Sie arbeitete noch nicht lange im Vorzimmer der psychologischen Praxis von Dr.   Tillmann Erb und war den Umgang mit der Presse nicht gewohnt.
    «Gut, stellen Sie durch. Sagen Sie aber, dass ich in fünf Minuten einen wichtigen Termin habe und – bitte – klopfen Sie dann auch entsprechend laut an meine Tür, ja?»
    Beatrix lächelte nett. Das konnte Erbs neue Sekretärin wirklich hervorragend. «Wird gemacht, Chef.»
    Zehn Sekunden später klingelte der Apparat. Ohne lang abzuwarten, nahm Erb den Hörer. Gern sprach er nicht mit Katharina Zwolau, der Gerichtsreporterin des Nachrichtenmagazins
Zeitlupe
. Aber er wusste, die Frau war hartnäckig wie ein Schluckauf, und man wurde sie auch nur ebenso los – sinngemäß also: Luft anhalten und dreimal trocken schlucken.
    «Meine Lieblingsjournalistin», sagte er kühl.
    «Ja, ich weiß schon, dass Sie es nicht erwarten können, meine Stimme zu hören, Dr.   Erb. Und besonders an diesem Tag werden Sie wahrscheinlich einen Luftsprung machen, mich in der Leitung zu haben, stimmt’s?»
    «Ich wüsste ehrlich gesagt keinen Grund, warum ich mich ausgerechnet heute ganz besonders über Ihren Anruf freuensollte. Die Sache mit den Webcams ist doch so weit durch. Alles heiße Luft. Mehr kann ich als Gutachter sowieso nicht dazu sagen, ich bin weder Jurist noch Politiker.»
    Er griff sich den silbernen Brieföffner und ritzte mit der Spitze feine Linien auf die Schreibunterlage. Zwolaus Hartnäckigkeit verdutzte ihn. Er hatte fest damit gerechnet, dass es vorbei war mit ihren Nachforschungen. Seit zwei Wochen herrschte Ruhe in der Praxis, bis auf den normalen Patientenalltag natürlich. Davor hatte das Telefon monatelang nicht stillgestanden, weshalb seine alte Vorzimmerdame auch das Weite gesucht hatte. Erb war als Gutachter in einem politischen Schmierentheater eingesetzt worden und hatte ausgerechnet dem vermeintlichen «Bösewicht» ein glasklares Glaubwürdigkeitszeugnis erstellt. Es ging um die große Politik, um Sex und das Spiel mit den Medien. Solche Jobs brachten zwar Publicity und Geld, aber nicht unbedingt öffentliche Sympathien. Die bundesweite Presse hatte sich nämlich auf ihn eingeschossen, allen voran die Dame am anderen Ende der Leitung und ihr sozialdemokratisches Blatt, welches er persönlich allerhöchstens in die Hand nehmen würde, um einen alten Fisch darin einzuwickeln.
    «Dann haben Sie noch keine Nachrichten aus Ostfriesland gehört?»
    «Nein, wieso auch? Was interessiert mich die Provinz? Ich praktiziere aus gutem Grund in der Landeshauptstadt.» Erbs Gelassenheit war allerdings nur noch gespielt. Sein Puls hatte bereits Tempo aufgenommen.
    «Im Küstenstädtchen Norden ist ein Mädchen tot aufgefunden worden. Ermordet. Mehr Infos gibt die Polizei noch nicht heraus. Folgendes ist aber bereits bekannt: Sowohl altersmäßig wie auch vom äußeren Erscheinungsbild passt sie schablonenartig in das Raster eines Mannes, den wir beide gut kennen.»
    «Gernot Huckler. Um ihn geht es? Sie kennen meine Meinung zu diesem Mann, schließlich umfasst das von mir erstellte Gutachten über ihn mehr als hundert Seiten, und Sie haben es gelesen, obwohl ich bis heute nicht weiß, wer Ihnen das vertrauliche Material zugespielt hat.»
    «Ja, ich habe es gelesen. Auch einige Ihrer werten Kollegen haben es studiert – und für mangelhaft befunden. Die Experten der JVA waren sehr skeptisch, was Hucklers Pläne für den Neustart anging und   …»
    «Was kümmern mich die Kollegen?», unterbrach Erb die Journalistin. «Das Gericht hat
mich
– hören Sie? –
mich
beauftragt, mit Huckler einen Monat parallel zu seiner Therapie zu reden. Und ich bin eben zu anderen Erkenntnissen gekommen als diese

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