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Die Blütenfrau

Die Blütenfrau

Titel: Die Blütenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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eher auf die althergebrachte Weise vor.»
    «Sie machen mir aber beide keinen konservativen Eindruck», sagte Erb und schaute von Wencke zu Pal und wieder zurück. «Zwei moderne Frauen wie Sie   …»
    «Sparen Sie sich die Schmeicheleinheiten. Damit machen Sie alles nur noch schlimmer», unterbrach Wencke. Pal musste sich ein Grinsen verkneifen. «Einigen wir uns in der Mitte, Dr.   Erb. Ich entscheide, wie viel Einblick Sie in die Aktenlage bekommen. Und Sie beweisen uns, dass es sich lohnt, einen Kriminalfall auch auf diese Weise auszuleuchten. Okay?»
    «Okay», bestätigte Erb. «Fangen wir also gleich an. Was war Allegra Sendhorst für ein Mädchen?»
    «Dreizehn Jahre alt, gute Schülerin, bei Mitschülern beliebt. Die Eltern sind geschieden. Ein braves Kind, würde ich sagen, aber auf dem Weg, sich auch mal gegen den etwas überfürsorglichen Vater durchzusetzen, bei dem sie seit der Trennung lebte.»
    «Könnte ich den Autopsiebericht lesen?»
    «Es ist bislang nur ein vorläufiges Ergebnis. Die gründliche Untersuchung dauert eine knappe Woche.» Wencke fischte die entsprechenden Papiere aus einem Stapel und reichte sie ihm. Ein wenig gespannt war sie nun schon, was Dr.   Erb darin erkennen würde. Viel Zeit gab sie ihm trotzdem nicht. «Und? Was glauben Sie uns sagen zu können, was wir nicht schon selbst wissen?»
    Doch ihr forsches Vorgehen und der neugierige Blick blieben wirkungslos. Dr.   Erb zuckte noch nicht einmal zusammen. Ruhig wie ein buddhistischer Mönch blätterte er weiter in den Akten. «Es ist nicht Gernot Huckler, nach demSie hier suchen. So viel kann ich Ihnen schon auf den ersten Blick verraten.» Dann schob er das Protokoll von sich wie einen noch halbvollen Teller nach einem üppigen Mahl.
    «Was macht Sie da so sicher?»
    «Blutegel? Ich bitte Sie, Frau Kommissarin. Warum sollte ein pädophil veranlagter Mann Vergnügen daran finden, solche Tiere auf den Körper eines Mädchens loszulassen? Er würde sich doch lieber selbst daran zu schaffen machen.» Er räusperte sich. «Entschuldigen Sie den respektlosen Ton, den habe ich mir leider so angewöhnt. Wissen Sie, ich beschäftige mich viel zu oft mit solchen Fällen.»
    Er zog erneut das Tatortprotokoll zu sich heran und blätterte willkürlich darin herum. «Der Mörder hat das Opfer gekannt. Sie waren sich in irgendeiner Weise vertraut, denn sonst wäre das Kind nicht einfach so mit ihm gegangen. Es gibt ja keine äußeren Verletzungen, die auf eine gewaltsame Verschleppung hindeuten würden.»
    «Richtig, die gibt es nicht.»
    Erb kratzte sich am Kinn. «Sie sagten doch, der Vater des Mädchens sei ein übervorsichtiger Mann. Dann hätte Allegra nicht einfach so das Fahrrad abgestellt, ordentlich abgeschlossen, und wäre einem Wildfremden in diesen abgelegenen Park gefolgt. Auch wenn sie noch so wütend auf ihren Vater war, das hätte sie beim besten Willen nicht getan. Ich denke, sie fand ihren späteren Mörder sogar sympathisch.»
    «Ach ja?»
    «Frau Tydmers, ich habe den Eindruck, Sie machen sich über mich lustig.»
    «Wie kommen Sie denn darauf?»
    «Ich bin Psychologe, ich merke so etwas.»
    «Dann kann ich ja auch ganz direkt sagen, was ich denke.»
    «Ich bitte sogar darum.»
    «Zugegeben, Ihr Vortrag über die Erscheinungsformenund vermuteten Ursachen für Pädophilie war interessant und hat mir neue Erkenntnisse gebracht. Aber für so etwas kann ich auch ein Weiterbildungsseminar des BKA besuchen, wenn ich mal sehr viel Zeit habe. Und gerade daran hapert es hier im Moment. Wir müssen Tempo machen, denn die ganze Abteilung hat eine Heidenangst, dass ein weiterer Mord passiert. Ich erwarte also, dass Sie unsere Arbeit hier ergänzen und Ergebnisse liefern.»
    Dr.   Erb sagte nichts. Er schaute Wencke auch nicht an, sondern blickte aus dem Fenster. War er beleidigt?
    «Dafür müsste ich einen Blick in die Akten werfen.» Er lächelte dünn. «Zudem wüsste ich gern, wen Sie außer Huckler noch verdächtigen.»
    Dummerweise griff Pal etwas voreilig zu dem entsprechenden Ordner, der nur eine Armlänge von ihr entfernt neben dem Tageslichtprojektor stand. Wencke hielt sie mit einem fast unmerklichen Kopfschütteln davon ab. Dann wandte sie sich an Erb. «Wir können Ihnen diese Informationen nicht geben. Das wäre ein Verstoß gegen den Datenschutz. Sie sind kein offizieller Mitarbeiter der Polizei.»
    «Aber Sie haben noch andere einschlägig Vorbestrafte im Visier?»
    «Ja, natürlich, doch bis auf zwei haben alle

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