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Die Blütenfrau

Die Blütenfrau

Titel: Die Blütenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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hinterlassen.
    Pal, die den Besucher vor einer knappen Stunde begrüßt und in das Sitzungszimmer geführt hatte, nahm jetzt am anderenEnde des langen Tisches Platz. Wencke hatte sie gebeten, sich vorerst nicht in das Gespräch einzumischen, damit sie sich selbst ein Bild von Dr.   Tillmann Erb machen konnte. Schließlich war es etwas ungewöhnlich, Außenstehende in die Polizeiarbeit zu involvieren.
    Wencke hatte beschlossen, ihm ordentlich auf den Zahn zu fühlen, bevor sie ihm Einblick in den Fall gewährte. Sicher war sicher. Bis auf die Beschreibung der Leiche und des Fundortes wollte sie ihm vorerst keine Informationen zuteilwerden lassen. Die Pinnwand im Sitzungszimmer hatte Pal vorsorglich von den scheußlichen Bildern und den bisherigen Notizen befreit. Erb wusste also nicht allzu viel über den konkreten Fall. Mal sehen, was er daraus machte.
    Er saß ihr gegenüber, und Wencke schaute ihn direkt an. «Wo sind Sie eigentlich ausgebildet worden?»
    «Ich?» Erb zog die Augenbrauen ziemlich weit hoch. «FBI. Sagt Ihnen die Academy in Quantico, Virginia, etwas?»
    Wencke wollte nicht unwissend dastehen, außerdem hatte sie auch schon mal irgendwann davon gehört. Sie kramte in ihrem Gedächtnis. «Diese Kaderschmiede für Special Agents?»
    «Wer dort in die Lehre gegangen ist, zählt zur Creme der Kriminalisten», erläuterte Erb. «Die deutschsprachigen Absolventen können Sie an einer Hand abzählen. Und einer davon   …»
    «…   sind Sie!» Ganz schön angeberisch, fand Wencke. Sie fragte nicht weiter nach, um ihm keine neue Gelegenheit zu bieten, sich aufzuplustern.
    «Also, was meinen Sie? Passt das Vorgehen zu Gernot Huckler?»
    «Nun, ich könnte mir vorstellen, dass wir es hier mit einem Menschen zu tun haben, der sich Frauen nicht so gern nähert.»
    «Frauen? Ich bitte Sie, Allegra ist dreizehn Jahre alt.»
    «Genau. Ihr Täter hat Angst vor dem anderen Geschlecht. Deswegen muss er sich Mädchen suchen, die ihm körperlich unterlegen sind. Aber sie sollten schon weibliche Merkmale haben. Kleine Brüste, lange Haare und so weiter.»
    Da wäre ich ja nie draufgekommen, dachte Wencke. Wenn dieser Typ nicht gleich mit etwas aufwartet, was sich von Binsenweisheiten wohltuend absetzt, schicke ich den Superpsychologen noch vor dem Mittagessen wieder nach Hannover.
    «Wir Spezialisten unterscheiden zwei verschiedene Arten von Pädophilie», erklärte Erb nach einem irritierten Blick auf Wencke. Das klang ja zum Glück wieder etwas interessanter. «Die primäre Ausrichtung eines Erwachsenen auf Kinder – sowohl auf sexueller wie emotionaler Ebene – ist psychoanalytisch gesehen oft die Folge einer Kindheit, die von Mangelerscheinungen geprägt war. Mangel an Liebe, an Bezugspersonen, an sozialen Kontakten und vertrauter Aufmerksamkeit. Diese Menschen hatten nie die Möglichkeit, sich als Kind in den Reaktionen anderer Menschen widerzuspiegeln. Sie haben das Gefühl, niemals ein Junge oder niemals ein Mädchen gewesen zu sein. So entwickelt sich aus diesem Defizit im Erwachsenenalter eine unnatürlich starke Beziehung zu Kindern. Sie begegnen sich quasi noch einmal selbst. Sie wollen sich selbst etwas Liebe geben.»
    «Und diese Liebe endet dann im Missbrauch.»
    «Nicht zwangsläufig, Gott sei Dank. Und den meisten pädophilen Männern und Frauen geht es zudem auch nicht in erster Linie um Sex. Sie sind schon froh, wenn ein Kind Vertrauen zu ihnen fasst, wenn sie ihm etwas beibringen, es trösten oder ihm helfen können.»
    «Meinen Sie denn, dass wir es hier vielleicht auch mit einer Mörderin zu tun haben? Einer Frau, die – wie Sie sichgerade so plakativ ausdrückten – ihrem kindlichen Alter Ego begegnet ist – und es getötet hat?»
    Dr.   Erb wiegte den Kopf und machte ein seltsam quakiges Geräusch. «Nein, nein. Eher nicht. Weibliche Pädophilie als primäre Sexualorientierung gibt es so gut wie gar nicht.» Mehr fiel ihm dazu wohl nicht ein.
    «Ich dachte immer, die meisten Kinderschänder wurden selbst in ihrer Vergangenheit missbraucht.»
    «Ja, das ist nicht von der Hand zu weisen. Aber ich vertrete die Meinung, dass vielmehr der Mangel an sonstiger Zuwendung ein Auslöser für diese Neigung sein kann. Sollte die einzige Nähe dann tatsächlich sexueller Natur gewesen sein, wirkt sich das natürlich ganz besonders fatal aus.»
    «Und die zweite Variante?», hakte Wencke nach.
    «Wie bitte?»
    «Sie sagten, die Experten unterscheiden zwei Erscheinungsformen von Pädophilie.»
    Erb nahm

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