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Die Blütenfrau

Die Blütenfrau

Titel: Die Blütenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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spät. Der Todeszeitpunkt liegt schätzungsweise zwischen sieben und neun Uhr. So schnell hätte nicht mal Superman handeln können.»
    «Doch. Wenn es tatsächlich Gernot Huckler war und wenn wir sofort reagiert und gezielt nach diesem Mann gesucht hätten, dann wäre es doch möglich, dass   …»
    «…   dass Allegra überlebt hätte? Ganz schön viele
Wenns
in deinem letzten Satz.»
    «Sollte er es aber tatsächlich gewesen sein, dann werde ich mein ganzes Leben diese
Wenns
mit mir herumschleppen. Und ich glaube, das würde mich kaputt machen.»
    Pal trat näher an sie heran und legte ihre Hand auf Wenckes Schulter. «Wenn jemand ein Kind ermordet hat, dann bist du doch nicht daran schuld.»
    Wencke nickte. «Ich weiß. Aber du kannst dir tausendmal so vernünftige, sachliche und absolut schlüssige Erkenntnisse anhören. Wenn man so gestrickt ist wie ich, kommen die Selbstzweifel trotzdem immer wieder. Das ist der Nachteil, wenn man so gefühlsbetont durch die Weltgeschichte läuft. Man bewegt sich total nah am Abgrund. Und wenn Gernot Huckler der Mörder ist, werde ich ganz schön tief fallen.»
    Pal sagte nichts mehr, sondern trank ihren Kaffee und kaute an einem Keks, der von irgendeiner Geburtstagsfeier übrig geblieben sein musste und wahrscheinlich schon etliche Wochen in der Teeküche der Abteilung lag.
    «Also los, Pal, zurück zu unserem Psycho-Doktor.»
    Sie gingen mit ihren Plastikbechern ins Sitzungszimmer. Diesmal klopften sie an.
    «Jetzt versuche ich es mal mit Intuition», flüsterte Pal. «Er wird erwartungsfroh am Tisch sitzen und die Akte aufgeschlagen vor sich liegen haben.»
    Sie traten ein, und tatsächlich, Pal hatte soeben ihr Talent unter Beweis gestellt. Wie ein Musterschüler saß Dr.   Erb da und lächelte, als wolle er ihnen eine Versicherung aufschwatzen. «Ich denke, ich kann Ihnen die Informationen geben, die Sie so dringend benötigen, Frau Tydmers.»
    Pal und Wencke nahmen ihm gegenüber Platz und spiegelten seinen Gesichtsausdruck wider.
    Erb holte tief Luft, als wolle er einen Ballon aufblasen. «Also, ich habe die kleine Ruhepause genutzt, um mir meine Gedanken zu machen.»
    «Dann schießen Sie mal los», forderte Wencke ihn auf, und als er mit wichtiger Miene in seinen Unterlagen wühlte, nutzte sie den Augenblick, um Pal mit einem Kopfnicken auf etwas aufmerksam zu machen: Der Ordner mit den Nachweisen über die Alibis lehnte weiterhin neben dem Projektor, der Aktenrücken jedoch zeigte Richtung Wand. Vorhin,als Pal kurz danach greifen wollte, hatte er anders herum gestanden. Hundertprozentig. Ab jetzt aufgepasst!, formten Wenckes Lippen. Pal nickte. Sie hatte verstanden.
    Erb räusperte sich. «Meines Erachtens dürfte der Täter eher sadistische als pädophile Züge aufweisen. Die Opfer sind ihm im Grunde genommen egal. Er ist nicht auf das weibliche Geschlecht fixiert, er würde sich auch an kleinen Jungen vergreifen, wenn nichts anderes zur Verfügung steht. Das Alter schätze ich auf Mitte zwanzig bis Mitte dreißig, die Schulbildung ist vermutlich eher überdurchschnittlich, er hat jedoch wenig Erfolg in Beruf und Privatleben aufgrund seiner psychischen Probleme. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass der Gesuchte schon einmal wegen eines ähnlichen Deliktes in Erscheinung getreten ist. Sehr gut möglich wäre eine Straftat wie Tierquälerei oder Ähnliches.» Er klappte den Ordner wieder zu.
    «Tierquälerei, meinen Sie?»
    Wencke schossen Bilder durch den Kopf. Das verbrannte Hinterteil des Hofhundes   … Die kleine Katze   … Die Katze? Wencke schaute auf die Uhr. Viertel vor eins. Hatte die freundliche Kollegin der Spurensicherung mal wieder nicht Wort gehalten?
    «Ich muss mal kurz telefonieren», sagte Wencke beinahe hektisch und verließ das Sitzungszimmer.

19.
    Holly
(Stechpalme)
    Botanischer Name: ILEX AQUIFOLIUM
    Blüte gegen Eifersucht und Neid
     
    Viertel vor eins, und sie hatte noch einen Haufen Arbeit, verteilt auf Büro, Labor und Kühlraum. Vor allem das Blut auf den Schuhen des Opfers bereitete Kerstin Kopfzerbrechen. Es war kein menschliches Blut. Und mit diesen Flecken, die vor ungefähr zwei Tagen auf den weißen Stoff der modischen Treter gespritzt waren, wäre kein Mensch herumgelaufen. Sie mussten also etwas mit dem Tathergang zu tun haben.
    Am Rad des Mädchens waren bislang die meisten gesicherten Spuren zuzuordnen gewesen, sie passten zu Allegra Sendhorst, ihren Familienmitgliedern oder Freundinnen. Kerstin und ihre Kollegen hatten

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