Die Blütenfrau
gestrichen hätten. Rüdiger Wesselmann, erinnerst du dich? Das war der Typ, der angeblich
Gute Zeiten-Schlechte Zeiten
geguckt hat.»
Axel nahm einen Schluck Orangensaft und biss in sein belegtes Brötchen. Im Gegensatz zu Wencke schien er erleichtert zu sein, jedenfalls ließ sein Appetit darauf schließen. Oder es war die Vorfreude, weil er gleich die Fähre Richtung Festland betreten würde. Und er wieder bei Kerstin wäre, mit der er vorhin fast zwanzig Minuten geplaudert hatte. Verboten war das nicht, dachte Wencke. Aber hatte er nicht gestern gesagt, die Sache mit ihr sei ein Fehler gewesen?
Wencke wusste nicht mehr, was sie denken oder fühlen sollte.
Axel rührte weiter in seinem Tee. «Aber verständlich ist es schon, dass wir ihn nicht verdächtigt haben. Wesselmann konnte nun mal sonst eher was mit kleinen Jungs anfangen … Obwohl, hat Dr. Erb nicht gesagt, es könne auch einTäter sein, dem das Geschlecht der Opfer eher unwichtig ist? Wencke, wahrscheinlich ist dieser Psychologe doch nicht der Hanswurst, für den du ihn hältst.»
Er schaute sie an, und zum ersten Mal an diesem Morgen schien er zu bemerken, wie mies es Wencke ging.
«Was ist los? Du solltest froh sein, Wencke. Die ganze Zeit hast du recht gehabt – es war nicht Gernot Huckler. Du kannst deinen albernen Schwur von gestern Abend also getrost vergessen und bei deinen Kollegen in Aurich bleiben. Die bewundern dich.» Sie reagierte nicht, was Axel wohl dazu veranlasste, seine Hand auf ihre Schulter zu legen. Sie schüttelte ihn ab.
«Was ist denn los mit dir?» Er zog seine Hände zurück, was auch besser war, fand Wencke. «Mir ist klar, es sind noch ein paar Fragen offen …»
«Ein paar?», blaffte sie.
«Ja, vielleicht auch ein paar mehr.» Axel hatte zu Ende gefrühstückt, knüllte die Serviette zusammen und stellte das Geschirr auf den Tresen. Wencke kaute gerade am zweiten Bissen.
«Dass der Fahndungserfolg auf einem anonymen Hinweis basiert, der ausgerechnet bei Ute Sendhorst einging, fanden die Kollegen auch komisch. Der Anruf konnte aber zurückverfolgt werden. Er kam von einem öffentlichen Fernsprecher am Norder Marktplatz. Ist doch anzunehmen, dass einer von Wesselmanns Kumpel diese Fernsehsendung mit Allegras Mutter gesehen und deswegen angerufen hat. Ärgert dich das? Weil die Sendhorst immer so herumposaunt hat, dass sie alles besser kann und die Polizei nichts tut? Mensch, Hauptsache, der Fall wird bald zu den Akten gelegt. Es war ein schrecklicher Fall, Kindermorde sind unerträglich. Ich bin froh, dass es vorbei ist.»
Wencke schaute aus dem Fenster. Da draußen erwachtedie Insel zum Leben. Mit kleinen Elektroautos wurden Waren und Gepäckstücke hin- und hertransportiert. Kinder spielten mit einem Bollerwagen.
«Okay, wenn du nichts sagen willst … Ich weiß sowieso, was dir im Kopf herumspukt. Ich kenn dich doch. Du fragst dich, wie der Mord an Marina Kobitzki in die Story passt. Du findest es wohl ziemlich unwahrscheinlich, dass Wesselmann auch zufällig einen Trip nach Spiekeroog gemacht hat?»
Ja, unter anderem, dachte Wencke und beobachtete einen Mann, der sich schwertat, für die ganze Familie die passenden Frühstücksbrötchen zu kaufen. Zwei Mohn, zwei Milch, zwei Schokoquark – die sind aus – hm, was konnte er denn dann nehmen? Wie alltäglich hier alles war.
«Wenn du meine Meinung hören willst: Hanno Thedinga ist ein Trittbrettfahrer gewesen. Hat von dem Mord an Allegra Sendhorst gehört …»
«Die er zufällig ganz kurz vor ihrem Tod beim Katzenstreicheln trifft? Und danach beobachtet, wie sie das arme Tier auch noch überfährt? Pah!» Wencke klang wie ein kläffender Hund.
«Nun lass mich doch mal zu Ende reden!» Axel hatte die Arme zur Verteidigung hochgerissen. Da waren sie wieder: Axel Sanders und Wencke Tydmers, wie eh und je. Sie gingen in Stellung und waren gleichzeitig auf Verteidigung und Angriff aus, wie zwei abgebrühte Kriegsstrategen.
«Hanno hat das Mädchen auf Spiekeroog auf dieselbe Art getötet, wie Allegra gestorben ist. Er fand die Idee mit den Blutegeln reizvoll. Als er dann merkte, dass sowohl die Polizei wie auch Gernot Huckler ihn verdächtigten, die Morde begangen zu haben, hat er sich das Leben genommen. Was sagst du dazu?»
«Woher wusste er denn von den Blutegeln? Das ist, soweitich weiß, nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Esther Vanmeer hat bestimmt nicht mit einem von der Presse gesprochen …»
«Hm. Vielleicht kannten Thedinga
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