Die Blume der Diener
Füchsin.
Als Margaret sich erneut von Lionel abwandte, ergriff er ihre schlaffen Hände, zog sie auf die Beine und rief laut nach seinen Lords.
Beim Ruf ihres Herrn hasteten zwölf Edelmänner keuchend vor Eifer die Stufen hoch. Sie drangen wie eine Hunde- oder Teufelsmeute in das Zimmer, rissen Margaret aus den Händen des Königs und trieben sie die enge Treppe hinunter. Draußen banden sie ihr Hände und Füße zusammen und warfen sie unsanft über den Rücken eines der Pferde. Mit rauen Händen zerzausten sie ihr grünes Gewand und die Dornen entlang des Waldpfades rissen ihr die Juwelen vom Kopf.
Als der traurige Zug am nächsten Morgen durch Cygnesbury und in den Schlosshof ritt, hätte Elinor ihre Mutter zusammengebunden wie ein verwundetes Reh und mit aufgelösten, schlammdurchtränkten Haaren sehen können. Doch Elinor beobachtete die Heimkehr nicht.
Kapitel Sechs
Sobald Lionel Margaret sicher im tiefsten und feuchtesten Verlies von Cygnesbury untergebracht hatte, befahl er, man bringe Lady Flower in sein Privatgemach. Er nahm an, sie habe inzwischen Frauenkleider angelegt, und sein Herz klopfte bei dem Gedanken an ihre Verwandlung. Würde sie heller strahlen als Königin Constance, seine Mutter – die schönste Frau, die er je gekannt hatte? Wäre sie so schön wie Linette Mondweiß, die große Königin der Minnelieder? Oder würde sie ihrer zauberischen Mutter gleichen?
Eine vertraute, jungenhafte Gestalt schlüpfte in das Zimmer und verneigte sich. Lionels Herz klopfte noch heftiger.
»William!« Der Name brach wie ein Schmerzensschrei aus ihm hervor. Er verschluckte ihn halb.
»Meine Lady Flower.« Mir brennenden Wangen lehnte sich Lionel gegen den Tisch und breitete die Arme in einer Geste der Ungezwungenheit aus. »Warum habt Ihr Euch nicht etwas angezogen, das passender für Euer Geschlecht ist?«
Elinor faltete gelassen die Hände vor dem Bauch und war ganz Diener. »Euer Majestät Haushalt braucht noch immer einen Haushofmeister, mein Gebieter. Auch wenn die Mitglieder dieses Haushalts weiterhin meinen Befehlen folgen, sind sie es doch nicht gewohnt, diese Befehle von einer Frau zu erhalten. Sie wissen inzwischen um mein wahres Geschlecht, aber aus Gewohnheit gehorchen sie meinem Äußeren. Deshalb habe ich mich entschlossen, es beizubehalten.«
»Ich achte Eure Gründe«, bemerkte Lionel knapp. »Aber Eure Kleidung ist unziemlich für eine Frau, die schon bald Albias Königin sein wird. Ich möchte, dass Ihr so bald wie möglich Damenkleidung anlegt.«
Elinor runzelte die Stirn und krallte die Hände ineinander. »Und was wird aus dem Vertrag mit Gallimand, mein Gebieter? Ihr seid bereits mit la Haulte Princesse Lissaude verlobt.«
»Bei den blutigen Wunden Jesu!«, seufzte Lionel. »Ich hatte sie glatt vergessen.«
Er wandte sich von seiner janusköpfigen Geliebten ab und vergrub die Hände zwischen Papieren, Federkielen und Siegelwachsstücken auf dem Tisch. Aus den Augenwinkeln heraus sah er Lissaudes Porträt, das nun wieder auf der Staffelei vor der Wand stand. Die Pest sollte diese grämliche Dirn holen; er wollte sie nicht mehr. Vielleicht sollte er König Arnaud mitteilen, dass er die Pocken hatte; vielleicht sollte er der Krone entsagen und als einfacher Ritter mit Elinor auf dem Gut ihres Gemahls leben; vielleicht würde er Elinor darum bitten, als seine Mätresse am Hof zu bleiben, und darauf vertrauen, dass Lissaude seinen Ehebruch hinnahm.
»Mein Gebieter«, sagte Elinor hinter ihm, »ich kann nicht Eure Königin werden; Eure Ehre und das Wohl Eures Königreiches verbieten es. Wahrlich kann die Zauberin Margaret keinen Schaden mehr anrichten, doch Albias Schwäche muss getilgt werden. Dazu sind die Mitgift der Prinzessin und die Hilfe von Magister Veneficus nötig.«
»Also sollte ich Magister Veneficus heiraten«, gab Lionel mürrisch zurück. »Ich liebe dieses Mädchen nicht und wall nicht mein ganzes Leben lang an sie gebunden sein. Seht sie Euch doch nur einmal an: ein behütetes Kind, das sein Herz an ein gemaltes Bild verloren hat und nichts von dem Mann dahinter weiß. Soll etwa dieses Püppchen Königin von Albia werden und neben mir auf Albias Thron sitzen?«
Elinor antwortete nichts darauf. Lionel stellte sich vor, wie sie missbilligend und mit versteinerter Miene hinter ihm stand – wie eine Amme, die mit gerunzelter Stirn ein schwieriges Kind anschaute. Dieses Bild traf ihn tief. Er drehte sich um und wollte die Frau für ihre Anmaßung verfluchen. Doch
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