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Die Blume der Diener

Die Blume der Diener

Titel: Die Blume der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Sherman
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stürmischen Armee war ihr nicht ein einziger Geist verblieben – nicht einmal ein Luftzug zum Fortwischen der Reste ihrer fehlgeschlagenen Rituale. Ihre Macht war zusammen mit den Dämonen verschwunden. Sie besaß nur noch ihren Verstand, der von dem großen Verlust umwölkt war. Zum ersten Mal seit dreißig Jahren bedauerte Margaret, dass sie nicht weinen konnte.
    Am Morgen des zweiten Tages erhob sie sich endlich und räumte mechanisch ihr Zimmer auf. Wenn das Schicksal sie ereilte, sollte es keine Unordnung antreffen. Sie säuberte den Raum von den Scherben ihres Horns und ihrer Zaubergefäße, schlug die nutzlos gewordenen Zauberbücher und Handschriften zu und stellte sie ordentlich in die Regale. Den zerschmetterten Körper der Füchsin wickelte sie sanft in den schimmernden Schleier des Spiegels und legte ihn auf ein Kissen. Danach zog sie ihren zerfetzten Rock aus und kleidete sich in einen feinen grünen Umhang, der einen weiten Ausschnitt hatte und mit Fuchspelz abgesetzt war. Sie flocht ihr flammend goldenes Haar und verbarg es unter einer weiten, mit Juwelen besetzten Kopfbedeckung. Die weißen Finger beschwerte sie mit Opalen und Smaragden. Nun stellte sie den Spiegel an seinen gewohnten Platz neben dem Stuhl, lehnte sich gegen die zerrissenen Kissen und blickte auf ihr zauberisches Werkzeug.
    Margaret benötigte alle Geduld der Verzweiflung. Obwohl sich die Oberfläche des Spiegels andauernd kräuselte, zeigte er ihr Tag für Tag nichts als glimmernden, opalisierenden Nebel, der an die Augen eines Blinden erinnerte. Regungslos wie Stein oder der kalte Körper ihrer Füchsin richtete Margaret den Blick auf den Spiegel. Nur das feuchte Glitzern ihrer Augen verriet, dass sie noch lebte.
    Sie regte sich auch nicht, als am dritten Tag der Nebel verschwand und das Bild einer sonnigen Waldlichtung enthüllte. Ein gelbhaariger, bärtiger und verschwenderisch gekleideter Mann ritt auf einem großen, grauen Pferd vor einem Dutzend bewaffneter Adliger her. Der Spiegel und Margaret folgten der kriegsähnlichen Truppe auf den verschlungenen Waldpfaden durch Dornen- und Brombeerhecken und Rosenbüsche bis zum Fuß ihres Steinturms.
    Der gelbhaarige Mann stieg ab und gab seinen Adligen zu verstehen, sie sollten auf ihn warten. Er drückte den herabhängenden Efeu zur Seite und trat durch die Tür des Turmes. Er durchschritt den verwüsteten Wachraum, stieg sofort nach oben und gelangte durch Margarets Schlafgemach zur nun stillen Kammer des Flüsterns. Das Klappern von Stiefeln erklang auf der Wendeltreppe und als das Bild im Spiegel verschwand, trat König Lionel in Margarets höchst gelegenen Raum.
    Langsam hob Margaret die Augen und schaute in sein gerötetes, entschlossenes Gesicht. »Was willst du von mir?«
    »Dein Leben.« Lionel hatte sich bisher nicht vor dieser gebrochenen Zauberin gefürchtet, doch als er nun in ihre klaren grauen Augen blickte, spürte er kalten Schweiß auf der Stirn. Sie war sehr hübsch und majestätisch und ein Schatten von William lag auf ihrem Gesicht und ihren langen, ruhigen Händen. Lionel betrachtete ihre juwelenbesetzte Kopfbedeckung, ihren grünen Umhang und die Schwellung ihrer weißen Brüste unter dem rostfarbenen Pelz und fragte sich, wie sehr ihre Tochter ihr in einem ähnlich majestätischen Gewand gleichen würde.
    Margarets dünne Lippen verzogen sich in schwacher Belustigung. »Dann nimm mein Leben. Meine Tochter hat mich der Macht entkleidet, auch nur den schwächsten Dämon zu meiner Hilfe zu rufen.« Ihr Blick kehrte zu dem blind gewordenen Bronzespiegel neben ihrem Stuhl zurück.
    War die Mutter etwa ebenso gleichgültig seinem Zorn gegenüber wie die Tochter gegenüber seiner Liebe? Hier hatte er jedoch die Macht, sich gewaltsam Aufmerksamkeit zu verschaffen. Lionel schleuderte den geschnitzten Spiegelständer quer durch den Raum und nahm breitbeinig dessen Stelle ein. »Sieh mich an!«, schrie er. »Ich bin dein Opfer und dein Richter. In den vergangenen sechs Monaten hast du meinen unschuldigen Untertanen Tod und Leid gebracht und davor den Gemahl und das schuldlose Kind deiner Tochter ermordet. Mein Herz ist gegen deine Possen verhärtet.«
    Margaret schauderte vor Lionels Geschrei zurück, als hätte er sie geschlagen. Ihr Spiegel war umgekippt und lag gegen ein Bücherpult gelehnt. Ein Sonnenstrahl leuchtete blendend hell auf seiner Oberfläche. Margaret schien es, als sehe sie in ihm noch immer die Schatten einer Frau, eines Mannes und einer kämpfenden

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