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Die Blume der Diener

Die Blume der Diener

Titel: Die Blume der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Sherman
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Frosch. Psst, mein Liebes. Deine Mutter wird sich jetzt um dich kümmern.« Lachend vor einer Freude, die sie in sich tot geglaubt hatte, hob Bet den Säugling vom Herd, wickelte ihn in einen weichen Wollschal und beruhigte ihn mit Ziegenmilch und Gerstensaft.
    Als Tom am Morgen nach Hause kam, ging er sofort in die Küche, in der immer noch durchnässtes Leinen in Wasser schwamm. Seine Gemahlin hatte keine Augen für diese Unordnung. Sie saß, nur mit einem Kittel bekleidet, auf der Sitzbank und gurrte über einem Bündel in ihrem Schoß – einem Bündel, das sich wand und zurückgurrte.
    »Was ist das?«, fragte Tom und runzelte ungläubig die Stirn, als Bet ihm das Kind entgegenhielt. »Ich will keinen Kirchenpfortenfindling in meinem Hause haben!«, rief er. »Wie bist du an dieses Balg gekommen?«
    »Psst, Tom. Du machst ihr Angst. Sieh nur. Ist das nicht ein hübsches Kind?«
    Tom grummelte: »Die ganze Küche steht unter Wasser, das Feuer ist beinah ausgegangen und du gerätst über irgendeinen Hurenbastard ganz aus dem Häuschen. Bin halb erfroren, Weib, und fast verhungert. Ist dir so ein zufällig gefundnes Gör wichtiger als dein Gemahl?«
    Bet verspürte glücklicherweise nicht die geringste Wut auf ihren Mann. »Hier, Liebster«, sagte sie freundlich. »Halte es, während ich mich um das Feuer kümmere.« Und sie ließ das kleine Bündel in Toms zurückweichende Arme fallen.
    Dieses Findelkind hätte auch die Herzen härterer Männer als Tom Martindale erobert. Es zeigte keine Furcht vor seinem finsteren Gesicht, sondern lachte ihn glucksend an und vergrub die fetten Fäustchen in seinem Bart. Als Bet endlich eine dicke Gemüsesuppe mit Fleischeinlage sowie Brot und warme Milch aufgetischt hatte, stand es bereits außer Frage, dass sie das Kind behalten und als ihren eigenen Sprössling aufziehen würden. Innerhalb einer Woche war die Geburt in der Kirche von Seave amtlich eingetragen. Pater Mark stutzte ein wenig ob der offensichtlichen Lüge, doch als er Bets strahlendes Gesicht sah, gab er nach und taufte den Findling im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes auf den Namen Elinor Martindale. Sobald das Weihwasser ihre Stirn berührte, kreischte die kleine Elinor auf, als ob sie verbrüht würde. Ihre Mutter sah das als gutes Omen an.
    Da Bet nicht genau wusste, wann das Kleine geboren worden war, entschied sie sich für das Fest des heiligen Bartholomäus als Elinors Geburtstag. Tom schenkte ihr einen kleinen hölzernen Hund, den er zu diesem Anlass selbst geschnitzt hatte. Drei Jahre später schenkte er ihr einen echten jungen Hund aus dem letzten Wurf seiner Sheba. In dem Jahr, in dem Elinor fünf wurde, tötete ein Viertagefieber sowohl Toms Schwester als auch deren Mann. Tom und Bet nahmen ihre beiden kleinen Söhne Jack und Hal bei sich auf und bald war die Nagshead-Farm von Kinderstimmen und kindlicher Unordnung erfüllt.
    Elinor hingegen war ein reinliches Kind und ihr Hund Trey ein exemplum hündischen Anstands. Manchmal begegnete Bet den beiden im Garten, wie sie hinter einem Kohlkopf oder einem Salbeistrauch hockten und feierlich einen Marienkäfer beobachteten, der gerade über ein Blatt kroch. Dann schwebten die beiden Gesichter – das eine schwarz und weiß, das andere rosig und rot – über dem Tierchen und atmeten so flach wie möglich. Elinor legte dem Marienkäfer einen Finger in den Weg und hielt vollkommen still, während das kleine Geschöpf darüber kletterte. Wenn sie bemerkte, dass Bet sie beobachtete, warf sie jedoch den Marienkäfer sofort zu Boden und rannte lachend weg. Sie mochte es nicht, wenn man ihr beim Spielen zusah oder wissen wollte, was sie gerade spielte. Nachdem sie ihren Vetter Jack ein- oder zweimal gebissen hatte, begriff auch er endlich, dass er ihr besser nicht folgte, wenn sie allein hinaus in den Hof oder Garten ging.
    Im Alter von sechs Jahren kannte Elinor die Namen aller Kräuter im Garten ihrer Mutter und man konnte ihr auftragen, eine Hand voll Bohnenkraut zu holen, ohne befürchten zu müssen, dass sie mit Rosmarin zurückkehrte. In ihrem Wesen mischten sich Hell und Dunkel stärker als bei den meisten Kindern. Wenn man sie in den Garten schickte, um Unkraut zu jäten oder auf den kleinen Hal aufzupassen, damit er bei seinem Spiel zwischen den Kräutern nicht vom Nachtschatten oder Eisenhut aß, erledigte Elinor ihre Aufgabe so zuverlässig wie ein doppelt so altes Mädchen. Aber wenn man sie bat, Wolle zu spinnen oder einen

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