Die Blume der Diener
einfachen Saum zu nähen, konnte man sicher sein, dass sie den Faden abriss oder den Stoff falsch faltete oder sich bis auf den Knochen in den Finger stach und dann die verpfuschte Arbeit mit Tränen der Wut von sich warf.
Doch viele junge Mädchen weinen beim Anblick einer Spindel – einen gleichmäßigen Faden zu spinnen, fällt kleinen Fingern schwer. Unerklärlicher hingegen war Elinors Liebe zu Hartwick. Sie schlich sich in die Tiefen des Waldes fort, manchmal zusammen mit Trey, öfter aber allein, und versteckte sich dort stundenlang, während Bet auf den Feldern nach ihr rief. Tom meinte jedesmal brummig, dem Mädchen werde schon nichts zustoßen, doch wenn Bet an die vielen Vogelfreien und Wölfe dachte, wurde ihr immer ganz bang zumute. Als Elinor acht Jahre alt war, schleppte sie sich einmal lange nach Sonnenuntergang schmutzig und zerkratzt nach Hause und hatte nicht eine einzige Beere in ihrem Korb, die als Grund für ihre lange Abwesenheit hätte dienen können. Tom schüttelte sie durch und wollte wissen, wo sie herumgeschlendert sei und was sie sich dabei gedacht habe, ihre Mutter so zu erschrecken. Elinor sagte nichts und verzog bloß die Lippen.
»Willst nur da stehen und einfältig grinsen, wenn dein Vater dich auf Ehre und Gewissen fragt, wo du warst?«, schrie Tom.
Elinor sah ihn schweigend an. Ihre grauen Augen waren von Geheimnissen verschattet. Sie stellte die nackten, schlammigen Füße übereinander. In hilfloser Wut schlug er sie mit einer Weidengerte, bis Bet Mitleid mit ihrer Kleinen bekam und ihm Einhalt gebot.
»Es tut ihr Leid, Tom!«, rief Bet und wiegte das Kind an ihrem Busen. »Sie wird uns nie wieder so erschrecken. Lass ab von ihr.«
Nicht ein einziges Schluchzen hatte Elinor ausgestoßen, während Tom sie schlug. Da wusste er, dass sie ihm immer noch trotzte. Bet schien das gar nicht zu bemerken.
Als Elinor neun Jahre alt war, half sie Bet in der Kräuterkammer und zerkleinerte geduldig Kräuter im Mörser zu einer dicken Paste. Vergebens bettelte Hai, der inzwischen ein kräftiger Junge von sechs Jahren war, sie möge mit ihm in die Scheune kommen und das Heu herunterrutschen. Vergebens forderte der elfjährige Jack sie zu einem Wurfspiel auf. Elinor gab ihnen nicht einmal Antwort, sondern schüttelte nur den Kopf, bis ihr weizengoldener Zopf zu wedeln schien wie Treys buschiger Schwanz.
»Geh ruhig, mein Kind«, drängte Bett sie dann. »Nur Arbeit und kein Spiel macht aus dir nicht viel.«
»Das Heu sticht«, antwortete Elinor dann. »Und Jack misst meine Würfe immer zu kurz. Ich würd lieber Daisys Huf einen Umschlag machen.«
In solchen Zeiten, wenn das Mädchen am fügsamsten und am meisten sie selbst war, machte Bet sich die größten Sorgen um sie. »Alles Glück hat seinen Preis«, lautete ein Sprichwort, das so alt wie Adam selbst war. Wenn Bet sich vom Glück gesegnet fühlte, fragte sie sich immer, wann man von ihr die Bezahlung dafür verlangen würde. Alte Geschichten erzählten von Säuglingen, die kinderlose Paare sich aus Lehm und Schnee geformt oder aus Getreidehalmen gebunden hatten – Kinder, die vom Verlangen ihrer Eltern beseelt worden waren. Manchmal befürchtete Bet, dass Elinor ein solches Kind sein könnte – geboren aus Donner und Eis –, das Bets Herz eine Zeit lang erhellen und dann genauso gehen würde, wie es gekommen war.
Bet teilte Tom ihre Gedanken nicht mit, da er sich darüber nur lustig gemacht hätte. Sie sagte aber zu ihm, dass Elinor ihrer Meinung nach ein wunderbares Geschenk war, für das sie möglicherweise noch bezahlen mussten.
»Mir scheint’s, wir haben schon in vollem Umfang dafür bezahlt«, erwiderte Tom bitter. »Nicht zwei Scheffel Korn hab ich vor dem Hagel retten können und das gute Gerstenstroh liegt zerdrückt am Boden. Nein, mein Weib, wenn wir für das Mädchen zahlen müssen, dann haben wir das schon getan: mit dünnem Bier und einem Hungerwinter.«
Seit dem Abend, an dem er sie geschlagen hatte, war Tom vor seinem Pflegekind auf der Hut. Die Dirn war nicht von seinem Blut, so wie Jack und Hai, und sie war launisch, seltsam und überaus keck. Während die Töchter anderer Männer damit zufrieden waren, den Hof sauber zu halten und sich mit Spinnen und Melken zu beschäftigen, hielt es Elinor nie lange an einem Ort aus. Im einen Augenblick jagte sie die Ziege aus dem Kohlfeld und im nächsten verschwand sie im Wald unter dem Vorwand, sie wolle Eicheln für Bets alte Sau sammeln. Als sie älter wurde, sah
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