Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blume der Diener

Die Blume der Diener

Titel: Die Blume der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Sherman
Vom Netzwerk:
schüttelte das gekrönte Haupt. »Es gibt keine Drachen mehr in Albia, Robin, und auch keine Lindwürmer und Greife oder andere Fabeltiere. Als John der Magier alle böse Magie aus Albia verbannte, vernichtete er damit auch das fahrende Rittertum. Oh, es gibt noch Ritter in schwarzer Rüstung, die alle, die zu ihnen kommen, zum Kampfe auffordern, aber es sind nur noch wenige und sie sind alt und schwach; es liegt keine Ehre darin, sie zu besiegen. Ich muss auf andere Weise eine Legende hinterlassen. Sicher, mein Vater hat das nicht getan. König Geoffrey der Gerechte! König Geoffrey der Vorsichtige wäre ein besserer Name.«
    »Er war ein guter Gesetzgeber und ein gerechter Richter«, meinte Robin nachdenklich. »Und ich glaube mich daran zu erinnern, dass er zur Zeit unserer Kindheit fröhlich und flink war.«
    »Dann ist deine Erinnerungsgabe besser als meine oder du schaust mit nachsichtigerem Blick zurück. Ich habe meinen Vater nicht anders in Erinnerung als mürrisch, fromm, immer entweder auf den Knien oder in der Ratsversammlung und interessiert an meinen Fortschritten in Astrologie und alter Geschichte. Ich fürchte, er hatte nicht das Feuer, große Taten zu vollbringen, und wenn doch, dann ist es mit dem Tod meiner Mutter erloschen.«
    Robin schaute tief in seinen Pokal. Schweigen senkte sich herab. Dann fragte er langsam: »Was gibt es Neues von der brantischen Grenze, Sire? Kommen die Lords mit den nackten Knien noch immer so kühn über die Marschen wie eh und je? Euer Vater hat immer über sie gelacht.«
    »Er sagte, dass die Nächte im Norden kälter sind als hier. Deshalb müssen die Branten andauernd darum kämpfen, das Blut in den Adern flüssig zu halten.« Lionel erinnerte sich an lange vergangenen Hader und sprach mit einiger Bitterkeit. »Er sagte immer, dass man nichts gewinnen könne, wenn man großen Wirbel um ein paar Kühe und einige dürre Schafe macht.« Als der König sah, wie Robin ihn listig durch sein nussbraunes Haar hindurch anschaute, musste er lachen. »Ah, Robin, du Schurke. Willst du mich zu einem Krieg gegen Brant anstacheln? Sollen wir beide uns diese kurz-rockigen Wilden zur Brust nehmen und ihnen mit der Schwertklinge bessere Manieren beibringen?«
    »Wollt Ihr König von Albia und von Brant sein?«, gab Robin zurück. Das Lachen des Königs erstarb. Albia herrschte aufgrund alter Eroberungen und Heiratsrechte über Rin und die Hälfte von Capno und die Zahlungen dieser tributpflichtigen Länder halfen kräftig dabei, die königliche Börse zu füllen. Wenn man ihnen Brant hinzufügte, um wie vieles mächtiger und blühender würde Albia dann werden? König Lionel der Krieger, König Lionel der Eroberer – das waren Bezeichnungen, die süß in den Ohren des jungen Monarchen klangen.
    Der zukünftige Schrecken der Branten grinste breit durch das Gold seines herabhängenden Bartes. »Wir reiten gemeinsam gegen Brant, mein Robin, und fahren eine so große Ernte von berockten Wilden ein, dass die Minnesänger jahrelang mit unseren Heldentaten beschäftigt sein werden. Sie werden von König Lionel dem Eroberer und seinem geliebten Freund Wickham singen, die wie König Beaubrace und der Ritter Joyeau Seite an Seite kämpften, einander ebenbürtig an auf dem Schlachtfeld errungener Ehre.«
    Bei diesen Worten lächelte Robin, packte die Hand des Königs, fiel auf die Knie und schwor ihm noch einmal seine ewige Liebe und Treue. So leichtherzig begann der Krieg gegen Brant.
    Sie waren jung. Lionel war gerade zwanzig geworden und Robin war nur ein Jahr älter. Als Kinder eines langen Friedens waren sie nie zuvor in eine Schlacht geritten. Aber sie waren in Turniere gezogen, hatten Männer sterben sehen, hatten sogar selbst einen oder zwei getötet. Und sie kannten all die alten Schlachtengeschichten auswendig. Krieg bestand für sie aus Wimpeln und Horngeschmetter und den kühn ausgerufenen Herausforderungen, die durch die alten Lieder klangen. Als Lionel entschied, gen Brant zu marschieren, hatte seine gespenstische und lodernde Entschlossenheit alle vorsichtigen Stimmen der alten Männer überwunden, die ihn warnten, ein Krieg sei eine teure und verzwickte Angelegenheit.
    Robin wäre bereits am nächsten Tag losmarschiert, ohne Ausrüstung und nur mit der Unterstützung der königlichen Garde. Doch da Lionel betonte, dass nicht einmal der verwegene König Beaubrace einen Krieg im November begonnen hatte, zog sich Robin zurück, um bis zum nächsten Frühling zu schmollen und seine

Weitere Kostenlose Bücher