Die Blume der Diener
klangen. Bet dankte dem Himmel, dass Mary in der Molkerei war. Sie führte Elinor in die Kräuterkammer, setzte sie auf eine Bank und hielt das Mädchen im Arm, während es schluchzte und die Hände rang. Ein sehr mächtiger Sturm musste sich seit langem in ihr aufgebaut haben, dachte Bet, und es war besser, wenn man solchen Stürmen freien Lauf ließ. Elinor weinte selten genug.
Schließlich berichtete Elinor mit belegter Stimme von ihrer Not. In gebrochenen Sätzen gab sie ihrer Mutter zu verstehen, dass sie sich nicht an einen pferdegesichtigen Fremden binden wollte, der eine Nase wie eine Blutwurst und Haar wie Gerstenstroh hatte und obendrein keinen roten Heller besaß. Sie war doch kein Kind mehr, das sich vor Visionen in einer Wasserschüssel fürchtete! »Das Wasser hat gezeigt, wie es kommen könnte, und nicht, wie es unbedingt kommen muss«, erklärte sie. »Also hab ich mich entschlossen, ihn nicht zu heiraten.«
Verwirrt schüttelte Bet den Kopf. »Was kommen muss, wird kommen, ob du dich entschlossen hast oder nicht. Was du gesehn hast, war die Wahrheit, obwohl es heißt, dass die Wahrheit oft in einer Maske daherkommt.« Sie schwieg eine Weile und fragte dann: »Also hat dir die Maischüssel diesen Sir William Flower gezeigt hat? Gibt’s denn ’nen anderen Kerl, den du mehr liebst?«
»Nein«, gestand Elinor. »Es gibt keinen anderen. Am liebsten würd ich überhaupt nicht heiraten.«
Bet verlor die Geduld, nahm sie bei der Schulter und schüttelte sie. »Überhaupt nicht heiraten, sagst du? Was denkst du dir denn dabei? Nicht heiraten? Eine Eibenhexe und nicht heiraten? Wer wird die Kinder in diesem Sprengel zur Welt bringen, wenn ich im Grab lieg? Keine Frau wird eine Jungfer an ihr Kindbett lassen und so was steht einer Jungfer auch nicht an. Willst du etwa alles Mistress Nan Carver überlassen, die nur ’n Eschenblatt hinter sich hat? Dann läute schon mal die Sterbeglocke für Seave, denn kein Kind ist so kräftig, dass es Nan Carvers Hantiererei überlebt!«
Elinor befreite sich aus Bets Griff und stand steif und herausfordernd neben der Tür zur Kräuterkammer. Es vergingen einige Augenblicke, während denen sich Bet fragte, ob nun für ihr wunschgeborenes Kind die Zeit reif sei, sich in Regen aufzulösen und ihre alte Mutter allein zu lassen. Allein lassen musste Elinor sie, denn sie konnte nicht länger mit Mary unter einem Dach leben. Bet seufzte sorgenschwer und schüttelte den Kopf. Diesen gordischen Knoten konnte sie nicht durchschlagen.
»Hartwick Manor wird inzwischen ein trister Ort sein«, meinte Elinor.
»Als ich ein kleines Mädchen war, war er sehr hübsch«, sagte Bet vorsichtig.
»Es wird viel Arbeit kosten, ihn zu säubern und wieder bewohnbar zu machen.«
»Dann ist es das Beste, wenn er bald anfängt, damit das Dach bis zum Winter dicht ist.«
Elinor nickte. »Ich möchte gern, dass er hier bleibt und mit uns zu Abend isst, wenn du einverstanden bist, Mutter. In Hartwick wird’s kalt sein und ein voller Magen ist ein guter Freund, wenn’s an die Arbeit geht.«
Feierlich stimmte Bet ihr zu und folgte ihrer Tochter hinaus auf den sonnigen Hof.
Kapitel Sieben
Die Ankunft des Botschafters von Gallimand rückte immer näher. Jeden Morgen brachte Flowers Diener dem König Berichte von den Seidenhändlern und Leinen- und Filzmachern aus der Stadt sowie Listen über Musikanten und Gauklertruppen und Rechnungen der Herzöge von Trinley und Greenhaugh für Kühe, Schafe und ungemahlenes Korn, die auf dem Feld von Reddingale vor dem ersten Mai abgeliefert werden sollten. Lionel unterzeichnete diese Rechnungen so bereitwillig, wie er früher die Rechnungen von Lord Roylance unterzeichnet hatte, doch manche dieser Zahlungsanweisungen verwirrten ihn mächtig – besonders diejenigen der Filzmacher. Brauchte Man wirklich tausend Ellen feinen Filzes, um es dem Botschafter Tellemonde bequem zu machen, ihn vor Ansteckung zu schützen und zu unterhalten?
Doch erhielt er täglich den Beweis für den Fleiß seines Tafelmeisters in Form von angemessenen mittäglichen und abendlichen Festessen, von Kräuterfeuern, die in jedem bewohnten Zimmer gesunde Wohlgerüche abgaben, und in Form eines andauernden Kommens und Gehens von Dienern, sodass deren Zahl trotz der Verheerungen durch die Pest zweimal so groß wie gewöhnlich erschien.
In einem Bienenkorb wird der Honig außer Sichtweite tief im Innern der wächsernen Korridore gewonnen. Wenn der Imker seine Bienen dabei beobachtet,
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