Die Blume der Diener
Umarmung. Da Sir William befürchtete, er habe sie beleidigt, lockerte er den Griff um sie. Nun war er sogar sicher, dass sie verletzt oder wütend war, denn er sah, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Sie schüttelte ungeduldig den Kopf und rieb die Tränen mit den Fäusten fort. »Vielen Dank auch, Sir«, keuchte sie. Da er ihren Dank als Einwilligung ansah, setzte Sir William sie ohne weitere Nachfrage auf Paladins Rücken.
Dort hockte sie einen Augenblick, als ob sie fliehen wolle, doch dann schüttelte sie ihre zerknitterten Röcke aus und lehnte sich gegen den Sattelbogen. »Meinen Korb, Sir«, bat sie. Ungeschickt wie ein gewöhnlicher Bauerntölpel sammelte Sir William die Maiglöckchen auf, warf sie in den Korb und setzte ihn ihr auf den Schoß. Dann nahm er Paladins Zaumzeug und führte ihn voran.
Nach einer Weile bemerkte Elinor: »Mir scheint’s, Ihr braucht eine Menge, wenn Ihr schon heute Nacht in Hartwick Manor schlafen wollt. Es liegt tief im Wald und war so lange unbewohnt; ich furcht, in der Halle wohnen die Füchse.«
»Und Eulen in den Gemächern und Mäuse überall«, sagte Sir William. »Mein erster Erwerb muss ein guter Hund sein, der wie ein Junker vor mir her läuft und mir den Weg freimacht. Kennst du einen Hund mit guter Nase und weißen Zähnen, der eine Beschäftigung sucht?«
Elinor rieb sich die Stirn, als ob sie ernsthaft über diese Frage nachdenke. »Blanches Junges ist seit kurzem entwöhnt; es gehört Jack. Ihr könnt ja mit ihm handeln, wenn wir das Gehöft erreicht haben. Ihr braucht auch eine Sense, damit Ihr Euch einen Weg zu Eurer Tür bahnen könnt. Das Gestrüpp, das Ihr abmäht, kann Euch als Bett dienen, wenn Ihr die Dornen herausnehmt. Aber Ihr solltet kein Feuer machen, denn bestimmt ist der Kamin verstopft.«
»O je, mir scheint’s, ich liege bequemer auf dem Feld als in Hartwick Manor«, seufzte der Ritter sorgenvoll. »Auf dem Feld finde ich wenigstens Stroh für ein Bett und Holz für ein Feuer und muss weder Fuchs noch Mäuse vor die Tür setzen.«
Elinor lachte. »Für einen Soldaten seid Ihr recht verzärtelt, Ritter, ’s ist recht, dass der Fuchs in seinem Bau und die Maus in ihrem Nest schläft. Für einen Mann aber geziemen sich Haus und Herd.«
»Ja«, pflichtete er ihr bei.
Sie gingen schweigend weiter durch den hellen Morgen. Bald kamen sie zu einer zweiten Straße, die durch die Hecke schnitt. Sir William ging auf sie zu und sah hinter einer breiten Mulde ein steinernes, von Nebengebäuden umgebenes Bauernhaus. Dahinter erkannte er ein Feld, auf dem Ochsen eine Egge zogen. Zwei Tagelöhner gingen hinter ihnen her und zertraten die Erdklumpen. Ein anderes Feld zeigte einen Schimmer von Grün; auf einem dritten waren Kühe zu sehen, die das neue Gras abweideten – das hier war offenbar ein blühendes Anwesen.
»Von hier aus geh ich zu Fuß, Sir«, sagte Elinor plötzlich und wollte schon von Paladins Rücken gleiten.
»Dann gehen wir zusammen. Ich will bei deinem Vater vorsprechen und mit ihm um eine Kuh und eine Sense feilschen und um den Zins für einen Tagelöhner bis zum nächsten Markttag. Gibt es einen Landarbeitermarkt in Seave?« Er wandte sich um und ihre Blicke trafen sich. Er fragte sich, ob sie absteigen und zu Fuß weitergehen würde, sodass er ihr wie ein streunender Hund hinterherlaufen musste.
Eine ewige Sekunde lang starrten sie sich an, Aug’ in Auge, und bewegten sich nicht, bis es schließlich Sir William schien, als ob es auf der ganzen Welt kein anderes Gesicht als das dieses Mädchens gäbe. Könnte er auf ein größeres Glück hoffen, als sie zu küssen und seine Geliebte zu nennen? Er würde sie heiraten, wenn sie ihn haben wollte, denn sie war so völlig anders als jede Frau, die er je gekannt hatte, so freundlich und vertraut und liebenswürdig.
Elinor brach das lastende Schweigen und der Ritter kam wieder zu sich. »Der Markt ist schon vor zwei Wochen gewesen«, erklärte sie. »Aber ich zweifle nicht daran, dass Mutter Euch mit Dienern aushelfen wird. Am besten beeilt Ihr Euch, wenn Ihr sie sprechen wollt, denn Maimorgen hin oder her, es muss gebuttert werden und morgen wird Seife gemacht.«
Auch wenn aus ihren Worten nicht unbedingt tiefe Liebe sprach, pochte und hämmerte Sir Williams Herz doch vor Freude. Sie hatte ihn nicht fortgeschickt; sie hatte sogar versprochen, ihm zu helfen. Auf welche Art könnte man besser eine Liebeswerbung beginnen? Lachend ergriff er Paladins Zaumzeug und lief mit solcher
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