Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blume der Diener

Die Blume der Diener

Titel: Die Blume der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Sherman
Vom Netzwerk:
fehle.
    »Nichts auf der ganzen Welt«, erwiderte sie.
    »Musst du noch weit gehen? Möchtest du reiten? Du brauchst keine Angst vor Paladin zu haben. Wenn ich es will, ist er so sanft wie ein Karrenpferd.«
    Elinor streichelte die braune Wange des Pferdes und lächelte, als Paladin sie mit den Lippen berührte. »Ich habe keine Angst vor ihm, freundlicher Herr. Aber ’s ist wirklich nicht weit.« Sie machte einen landmädchenhaften Knicks und ging weiter.
    Nun schien es Sir William, dass plötzlich die Vögel schwiegen und die Helle des Morgens verblasste. »Warte«, rief er etwas lauter als beabsichtigt, schwang sich von Paladins Rücken und trat auf der engen, von der Sonne erleuchteten Straße neben sie. »Wenigstens will ich deinen Korb ein Weilchen tragen.« Er bemerkte, dass seine Stimme seltsam zwischen Bitte und Befehl schwankte. Unter seinem Helm bekam er rote und heiße Ohren.
    Elinor schaute ihn schweigend an; seine Ohren wurden noch heißer. Dann sagte sie: »Dank Euch!« Und sie hielt ihm den Korb entgegen. Sir William nahm ihn, stellte ihn auf Paladins Sattel und schritt dann langsam neben ihr her, wobei er den Korb mit einer Hand festhielt.
    Während sie nebeneinander hergingen, beobachtete er sie von der Seite. Nie hatte er eine hübschere Maid gesehen. Sie war beinahe so groß wie er, lang und mit starken Knochen, einer feinen, breiten Stirn, weißen Zähnen und Haar, das so fein wie gelbe Seide war. Ihr Schritt war fest und ihre Stimme tief und warm.
    »Kennst du Hartwick Manor?«, fragte er.
    Sie sah ihn neugierig an. »Es liegt irgendwo südöstlich von hier, innerhalb des Waldsaumes von Hartwick«, antwortete sie. »Es stand viele Jahre leer und all seine Felder sind mit Dornengestrüpp überwuchert.«
    »Dann bleibt mir viel zu tun«, meinte Sir William und lächelte wehmütig. »Nun, diese Felder werden bald beackert, schöne Maid, denn ich bin der neue Lord von Hartwick.«
    »Eure Gegenwart ehrt mich, Mylord«, sagte Elinor kühl und hielt an. »Hier trennt sich mein Weg von dem Euren, Mylord. Folgt der Straße bis zu dem Galgenbaum und haltet Euch dann ostwärts über den Anger bis zu einem Fluss mit felsigen Ufern, ’s ist ein leichter Ritt von hier aus – durch den Fluss und dann nach Süden. Ich glaube nicht, dass Ihr den Weg verfehlen werdet.« Sie streckte die Hand aus und nahm den Korb von Paladins Sattel. Mit wild und unregelmäßig klopfendem Herzen legte Sir William die Hand auf ihren ausgestreckten Arm.
    »Ich werde das Wohlwollen meiner Nachbarn bitter nötig haben«, seufzte er und bemerkte, dass ihre Haut so kühl und weich wie feines Leinen war. »Denn ich habe mein Leben mit Kämpfen in der Fremde verbracht und weiß nur wenig von der Landwirtschaft.«
    »Mein Vater ist Tom Martindale vom Bauernhof zu Nagshead. Vetter Jack ist nun der Bauer, denn Ihr müsst wissen, dass mein Vater bereits über sechzig ist und seine Knie so steif wie ein Stock sind, aber kein Mann weiß mehr über Gerste und Kühe als Tom Martindale.«
    Sir William lachte. »Kein Mann weiß weniger darüber als ich; deshalb war ich ihm höchst dankbar, wenn er sich dazu entschließen könnte, seine Weisheit mit mir zu teilen. Ich hatte nie geglaubt, einmal Haus und Land zu besitzen, denn ich bin meines Vaters jüngster Sohn und zum Waffenhandwerk erzogen und schlecht geeignet, ein Haus zu führen.«
    »Habt Ihr keinen Knappen zur Hilf, Sir?« Elinor spähte an Paladins beladenem Körper vorbei auf das reiterlose graue Pferd dahinter, als ob sie erwarte, darauf jemanden sitzen zu sehen und dahinter einen Zug von Soldaten und Karren voller Hausrat zu erkennen, die wie an einer Schnur aufgereiht über die Straße zogen.
    »Zum Teufel aber auch«, klagte Sir William jämmerlich. »Ich habe nicht einmal einen Klappstuhl, auf dem ich sitzen könnt.«
    Als die Sonne höher stieg und den Morgennebel fortglühte, wurde der Tag so warm wie im Juni. Der scharlachrote Helm wog schwer auf Sir Williams Haupt; er schob ihn auf die Schultern zurück und fuhr sich mit der Hand durch die feuchten, gelben Locken. Elinor hielt den Atem an und das Blut schwand ihr aus den Wangen. Der Korb polterte zu Boden und streute weiße Blüten vor Paladins Hufe. Elinor wäre dem Korb gefolgt, wenn der Ritter sie nicht freundlich um die Hüfte gefasst und aufgefangen hätte. »Na los«, sagte er sanft. »Setz dich auf mein Pferd. Ich bringe dich zu deinen Eltern.«
    Sie gab ihm keine Antwort, sondern stand steif und still in seiner

Weitere Kostenlose Bücher