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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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Es gelang ihm nicht, den belehrenden Tonfall zu unterdrücken. »Bis auf den einenSturm war die Überfahrt recht angenehm, wir können nicht klagen.«
    »Ach, was sagst du«, fiel Gesine ihm ins Wort. »Das Essen war schrecklich, die Unterbringung spartanisch und alles in allem war das Schiff sehr unkomfortabel. Es wundert mich unter diesen Bedingungen nicht, dass so wenig Leute in die Kolonie reisen.«
    »Gesine, bitte.« Wim konnte diese ewigen Klagen nicht mehr hören.
    »Na ja«, Jean versuchte zu beschwichtigen, »Surinam ist nun mal kein Land, in das man Vergnügungsfahrten macht, Gesine.«
    »Ja, aber selbst Geschäftsleute dürften es unter diesen Reiseumständen doch wohl meiden«, konterte Gesine spitz.
    Wim stöhnte und hörte, dass Juliette ein leises, verlegenes Husten von sich gab. Er wandte den Blick in ihre Richtung.
    »Wim, ich möchte dir noch einmal unser Beileid zum Tode deines Vaters aussprechen.« Kein Muskel in ihrem Gesicht verriet, dass dieser Mann ihr zeit seines Lebens nichts Gutes getan hatte. Wim konnte nicht umhin, sie für diese Selbstbeherrschung zu bewundern. »Es tut uns leid, dass wir auf deine erste Nachricht nicht in die Niederlande reisen konnten, aber Helena war einfach noch zu klein«, fügte sie hinzu und wiegte das Mädchen in ihren Armen.
    Wim schwieg einen Moment. Wie erwachsen Juliette doch geworden war! Das letzte Mal, als er sie gesehen hatte, war sie gerade einmal achtzehn Jahre alt gewesen, und nun saß hier eine gestandene Frau mit Familie vor ihm. Er hatte oft an sie gedacht, vor allem nach dem plötzlichen Abschied. Er hatte sie ungern ziehen lassen, insbesondere nachdem er herausgefunden hatte, dass die Ehe mit Karl Leevken arrangiert gewesen war. In den letzten Jahren waren seine Gedanken immer häufiger zu ihr gewandert, und er hatte so sehr gehofft, dass es ihr gut ging. Jetzt rührte ihn, dass Juliette es, trotz aller Widrigkeiten, geschafft hatte, sich in Surinam ein eigenes Leben aufzubauen. Und er spürte plötzlich,dass es ihn schmerzte, sie dabei nicht begleitet zu haben. Karl war damals nicht der Mann gewesen, den er sich für Juliette gewünscht hätte, aber so, wie er sie jetzt sah, an der Seite von Jean, schien sie ihr Glück gefunden zu haben.
    »Das Gepäck ist auf den Zimmern.« Es war Henry, der den kurzen Moment des unangenehmen Schweigens brach und gemeinsam mit Juliettes Enkel Martin den Raum betrat. Wim musterte die beiden Jungen. Martin war etwas größer und anscheinend auch älter als Juliettes Sohn. Wie konnte es sein, dass sie bereits einen Enkelsohn hatte? Wim hatte keine Ahnung, aber Karls Vergangenheit hatte für Juliette offensichtlich einige Überraschungen bereitgehalten.
    Jetzt nickte er Henry anerkennend zu. »Vielen Dank.«
    »Henry hat sich sehr auf deine Ankunft gefreut, Wim. Ich hoffe, er wird dich in den nächsten Tagen nicht zu sehr mit seinen Fragen belästigen.« Jean lächelte verschmitzt, während Henry errötete.
    Wim warf Henry einen aufmunternden Blick zu. »Nein, keine Sorge, du kannst fragen, was immer du möchtest. Ich werde sehen, ob ich eine Antwort finde.« Der junge Mann blickte ihn dankbar an.
    »Auf jeden Fall war die Überfahrt schrecklich, ich weiß nicht, ob ich die Rückreise überleben werde …« Gesine nahm ihren Faden wieder auf. »Dieser Sturm hat uns ganz schön durchgeschüttelt, ich habe mich sogar verletzt, Gott sei Dank hatten wir einen Arzt an Bord.«
    »Ach …«
    Wim hörte deutlich, dass diese Bemerkung eher der Höflichkeit denn echtem Interesse geschuldet war.
    »Ja, ich habe mir böse den Kopf angeschlagen und Wim, er war ja an Deck – als hätte er dort etwas ausrichten können …«
    »Na, immerhin konnten wir das beschädigte Segel entfernen.« Wims Wut auf Gesine wuchs. Wenn sie doch nur endlich einmalihren Mund halten würde! Aber mit seiner Bemerkung goss er nur Öl in Gesines Feuer.
    »In Lebensgefahr hast du dich gebracht! Auf jeden Fall hat dieser Arzt mich sehr nett versorgt.«
    Wim sah im Hintergrund die schwarze Haushälterin durch die Tür treten. Henry machte einen Schritt beiseite, als die Frau ein Tablett mit frischem Obst und einem kleinen Imbiss hereinbrachte. Allein der Gedanke an frisches Obst und Gemüse ließ Wim das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    Gesine redete derweil unbeirrt weiter. »Wim meinte zwar, dass meine Kopfverletzung nicht so schwerwiegend gewesen sei, aber Doktor Brick sagte …«
    Die schwarze Haushälterin ließ scheppernd das Tablett fallen,

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