Die Blume von Surinam
Diskussionen eingelassen.
»Karini?« Ihre Mutter war ebenfalls überrascht, als Karini mit nach Rozenburg kam. Mit fragendem Blick sah Kiri zu Misi Juliette, diese aber hob nur die Hand als Zeichen, dass Kiri sich weitere Nachfragen sparen konnte. Kiri kannte die Misi gut genug, und so beließ sie es dabei.
»Schön, dass du wieder da bist«, sagte sie stattdessen und strich Karini einmal kurz über das Haar. Karini zuckte nur mit den Achseln.
In den nachfolgenden Tagen besserte sich die Stimmung auf Rozenburg nicht. Masra Henry schmollte, redete kein Wort mit seinen Eltern und auch nicht mit Karini. Dabei hätte sie so gerne gewusst, was passiert war.
Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus. Als sie am späten Nachmittag sah, dass Masra Henry zum Fluss ging, folgte sie ihm und setzte sich schweigend zu ihm unter den Baum. Auf dem Wasser trieb ein Schwarm Wasservögel, und die Sonne senkte sich langsam hinter die Baumkronen.
»Was ist passiert, Masra Henry?«, wagte Karini nach einer Weile des Schweigens zu fragen.
Masra Henry starrte weiter auf den Fluss, seine Augen aber verengten sich leicht. Karini wartete geduldig.
Irgendwann seufzte er, blickte sie kurz an und holte tief Luft. »Ich habe gehört, wie meine Mutter zugegeben hat, dass sie meinen Vater getötet hat.«
»Sie hat was?« Karini war geschockt. Sie hatte mit einer Art Familienzwist gerechnet, aber nie und nimmer mit so einer schwerwiegenden Sache.
»Wie … ich meine … oh Gott.« Karini fehlten die Worte.
»Ja genau, so fühle ich mich auch.« Masra Henry zog die Beine bis an die Brust und legte seine Arme um die Knie.
»Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll, ich weiß auch nicht, was ich meiner Mutter sagen soll. Soweit ich mitbekommen habe, hat Jean es auch nicht gewusst. Ich habe es zufällig auf Watervreede gehört. Ich denke«, er lachte kurz auf, »dass es auch nicht für meine Ohren bestimmt war.«
»Aber … was genau hast du denn gehört?« Karini hatte die Hoffnung, dass Masra Henry vielleicht etwas falsch verstanden hatte.
Er seufzte nochmals. »Nein, das war eindeutig. Sie sagte: Karl hätte Kiri erschlagen, dabei hatte sie nicht einmal etwas getan, da konnte ich nicht … da musste ich … ich wollte ihn ja nicht erschlagen, ich dachte … Jean, ich habe Karl umgebracht, und Pieter weiß das.«
Misi Juliette – eine Mörderin? Karini hatte das Gefühl, der Boden würde unter ihr weggerissen.
Kapitel 7
J ulie hatte ein fürchterlich schlechtes Gewissen und zudem das Gefühl, dass in ihrer Familie etwas zerbrochen war. Sie hatte das Vertrauen von Jean und Henry missbraucht.
Jean ließ sich zwar nichts anmerken, aber der Blick, mit dem er Julie immer wieder bedachte, sprach Bände. Henry ging ihr gänzlich aus dem Weg, er sprach nicht einmal mit ihr, und wenn er meinte, sie bemerke es nicht, starrte er sie oft eindringlich und nachdenklich an. Sein Blick brannte geradezu auf ihrer Haut. Gerne hätte sie ihn in den Arm genommen, ihm alles erzählt … aber sie zögerte lange, ohne den Mut dafür aufzubringen.
Nach einer Woche hielt sie es nicht mehr aus. Sie musste sich ihrem Sohn und auch ihrem Mann erklären, ansonsten würde Henry sich vielleicht ganz von ihr abwenden und die Distanz zu Jean möglicherweise irgendwann unüberbrückbar werden. Außerdem trieb die Angst vor Pieter sie an: Wenn er, egal auf welchem Weg, noch etwas verlauten ließ, bevor sie mit den beiden gesprochen hatte, könnte es ihm tatsächlich gelingen, ihre Familie zu spalten. Er war auf jeden Fall auf dem besten Wege dazu, und das musste sie verhindern. Sie nahm all ihren Mut zusammen und bat Jean und Henry abends in den Salon zu einem Gespräch.
Henry erschien mit einem mürrischen Gesichtsausdruck und Jean mit angespannter Miene.
»Ich möchte euch erzählen, was damals vorgefallen ist«, sagte sie leise.
Henry gab ein Schnauben von sich und starrte auf den Teppich. Jean hingegen sah sie lange an und sagte: »Julie, du musst nicht, wenn du nicht möchtest.«
»Doch, ich möchte. Ich habe schon viel zu lange geschwiegen. Ihr solltet wissen, was damals hier geschehen ist.« Julie holte tief Luft, unwillkürlich tauchten die Szenen des unheilvollen Abends vor ihren Augen auf. Plötzlich fror sie. Sie schien fast die dunstige, feuchte Luft des Flusses zu riechen, sie sah vor ihrem inneren Auge genau, wie Karl aus dem Boot stieg.
»Karl war an dem Tag aus der Stadt zurückgekehrt. Wir mussten ihm mitteilen, dass einige der
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