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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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aber sehraufgeregt. Ihr Mann saß mit betrübtem Gesicht neben ihr auf dem Feldbett.
    Julie sah sich Hilfe suchend um und wandte sich dann an Jean. »Was machen wir denn nun? Sie will uns doch irgendetwas mitteilen.«
    Jean runzelte unzufrieden die Stirn. »Ich habe keine Ahnung. Hätte man nicht wenigstens dafür sorgen können, dass jemand die Sprache dieser Leute versteht?«
    Der Arzt zuckte derweil resigniert mit den Achseln. »Versuchen Sie es doch mal auf Englisch, ich habe mitbekommen, dass einige im Fort zumindest ein paar Brocken können.«
    Julie sah Jean auffordernd an, sie wusste, dass er diese Sprache beherrschte. Ihr Mann aber hatte dem Arzt eine Frage zur weiteren Behandlung der Arbeiter gestellt und schien ihren Blick nicht zu bemerken. Ihre eigenen Englischkenntnisse waren seit ihrer Schulzeit verblasst, sie hatte die Sprache nie wieder angewendet. In der Kolonie sprach man ungern Englisch, schließlich hatten die Engländer mehrmals versucht, sich das Land anzueignen. Französisch sprachen viele, Jiddisch auch, Englisch aber war verpönt.
    Julie gab sich einen Ruck, einen Versuch war es wert. »What do you want?«, fragte sie leise.
    Die Frau hob überrascht die Augenbrauen und sprach dann hastig zu ihrem Mann. Der wiederum sprang vom Feldbett auf und begann mit den Händen zu gestikulieren.
    »Missing daughter!«, sagte er immer und immer wieder.
    »Ihr vermisst eure Tochter?« Julie war ehrlich überrascht. Sie wandte sich an den Arzt. »Wo könnte die Tochter denn sein? Gab es im Fort noch Kinder ohne Eltern?«
    Der Arzt schüttelte den Kopf. »Nein, dort waren keine Kinder mehr, außer denen, die bei ihren Familien waren. Vielleicht … vielleicht haben sie ihr Kind in Indien zurückgelassen oder es … die Überfahrt war ja lang und beschwerlich.«
    »Oh nein!« Julie senkte betrübt den Blick, was die junge Inderin sogleich zu leidvollem Jammern brachte. Julie versuchte zu beschwichtigen. »Tomorrow we go to the plantation. But we will ask around for your daughter in the city.«
    Der Mann übersetzte wieder für seine Frau. Diese legte schluchzend den Kopf an seine Schulter und nickte unter Tränen.
    »Wir können ja morgen, bevor wir fahren, noch einmal am Hafen fragen, ob jemand etwas über das Mädchen weiß«, sagte Julie sanft.
    »Ja, können wir. Aber das Schiff ist schon seit über einer Woche wieder fort, versprich dir nicht zu viel davon«, bremste Jean ihre Erwartung.
    Julie wusste, dass er recht hatte, trotzdem wollte sie die Hoffnung nicht aufgeben. Wenn das Mädchen lebte, musste es auch irgendwo zu finden sein. »Lass es uns wenigstens versuchen.«
    Sie hatten keinen Erfolg. Vor ihrer Abfahrt befragten sie jeden im Hafen, den sie trafen, aber niemand hatte eine brauchbare Information. Das Boot und seine Mannschaft waren zudem schon zu lange wieder auf See. Nur ein sichtlich verlebter Hafenarbeiter winkte auf ihre Nachfrage hin ab. »Über Bord geschmissen haben sie das Balg bestimmt … wollten sie nicht hier noch mit durchfüttern müssen.«
    Julie fuhr mit einem unguten Gefühl zurück auf die Plantage. Sie hätte der Frau gerne geholfen, ihre Tochter zu finden oder zumindest etwas über ihren Verbleib zu erfahren. Jean gab zu bedenken, dass es ebenso gut sein konnte, dass sie ihr Kind in Indien zurückgelassen hatten. Auf genaue Nachfrage hatte der Mann aber immer nur: »No, daughter here! Daughter on ship!«, gesagt. Der Arzt hatte vermutlich recht, die Tochter der beiden hatte die Überfahrt wohl nicht überstanden.
    Jetzt befanden sich der Mann und seine Frau auf dem Boot, das die Inder nach Rozenburg bringen sollte. Julie und Jean fuhren mit ihrem kleineren Zeltboot hinterher. Julie hatte eigentlich noch vorgehabt, Erika zu besuchen, aber wie immer war es hektisch zugegangen vor der Abfahrt und sie hatte nicht die nötige Zeit gefunden. Julie war es sehr schwergefallen, Henry und Martin wieder allein in der Stadt zurückzulassen. Es würden noch gut sechs Wochen vergehen, bis sie ebenfalls auf die Plantage kamen. Sie hoffte, dass es keine weiteren Streitigkeiten zwischen den Jungen geben würde. Alles in allem war der Besuch in der Stadt nicht sehr erbaulich gewesen.
    Julie entspannte sich etwas, als sie nach einigen Stunden die ihr so gut bekannte Uferzone der Plantage erblickte. Zwischen den Bäumen des dichten Urwaldes lichtete sich eine Gartenfläche, auf der von Weitem die üppige Blütenpracht der Orangenbäume und Blumen zu erkennen war. Julie liebte den

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