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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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sicher sein konnten, dass sich hier kein müder Wanderer zu einem Nickerchen ins Gras gelegt hatte. Und die mächtigen Kastanien, die ihre Früchte auf dem Waldboden verstreut hatten, sahen auch nicht so aus, als wären sie kürzlich von irgendwelchen Spaziergängern gestört worden.
    Alix ritt noch ein Stück weiter, bis zu den ausgedienten alten Färberwerkstätten.
    Als sich der Weg vom Flussufer entfernte und bergauf ging, begegneten sie einem hübschen jungen Mädchen auf einem Muli. Als sie näher kam, musterte sie Pierrot aufmerksam.
    »Habt Ihr vielleicht eine Frau mit einem kleinen Mädchen gesehen?«, fragte Alix ängstlich.
    »Und mit zwei Maultieren«, ergänzte Pierrot und lächelte sie schüchtern an.
    »Ja«, sagte das junge Mädchen und zeigte zu den Baracken. »Sie wollten in die Richtung.«
    »Oh nein!«, stöhnte Alix und wurde leichenblass.
    »Soll ich Euch vielleicht begleiten? Bei den alten Werkstätten kenne ich mich gut aus. Ich komme oft mit meinem Bruder und meinem Cousin hierher.«
    Und an Pierrot gewandt fuhr sie fort:
    »Ich heiße Francesca d’Alvergne und bin sechzehn. Meine Familie kommt aus Italien, und wir sind erst seit Kurzem in Frankreich.«
    »Wohnt Ihr in Tours?«
    »Ja, aber wir haben keine Arbeit. Keine Weberwerkstatt braucht noch Arbeiter. Früher gab es viel mehr Werkstätten, hat man uns gesagt. Wenn uns hier keiner einstellen will, müssen wir weiter nach Paris.«
    »Wollt Ihr mir helfen, meine Tochter zu finden? Im Gegenzug würde ich Euch bei der Arbeitssuche helfen.«
    Francesca zögerte einen Moment, dann fasste sie sich ein Herz und sagte:
    »Sie waren mit den zwei Mulis unterwegs. Ich habe sie gefragt,
wohin sie wollen. Das kleine Mädchen weinte und rief nach einem Nicolas.«
    Alix blieb fast das Herz stehen. In welche Falle war sie nun wieder getappt? Dass Valentine geweint und nach Nicolas gerufen hatte, machte ihr schrecklich Angst.
    »Was hat Euch die Frau geantwortet?«
    »Sie hat gesagt, sie wolle sich mit dem Vater des Mädchens treffen. Das kam mir zwar irgendwie komisch vor, aber ich habe mich nicht weiter um die beiden gekümmert.«
    Sie drehte sich um und blickte suchend in die andere Richtung.
    »Soll ich Mario und Baptiste, meinen Bruder und meinen Cousin, rufen? Ich glaube, sie sind ganz in der Nähe.«
    Sie steckte zwei Finger in den Mund, und ein lauter Pfiff ertönte.
    »In ein paar Minten sind sie da. Ich frage sie, ob sie Euch helfen.«
    »Was haben die beiden gemacht, als Ihr sie getroffen habt?«, fragte Alix weiter, mehr und mehr überzeugt, dass Léone sie in eine Falle gelockt hatte, auch wenn sie noch nicht wusste warum.
    »Sie hielten sich in der Nähe der alten Gruben auf, in die man früher das verbrauchte Wasser aus der Färberei geschüttet hat.«
    »Bei den Gruben? Oh Gott! Bitte nicht!«, rief Alix mit erstickter Stimme, und Béraude kam ihr plötzlich wieder in den Sinn. Ja, Béraudes Brief mit den schrecklichen Andeutungen! Wahrscheinlich hatte die Frau von ihrer Heirat erfahren und machte jetzt ihre Drohungen wahr: »Euer junges Glück wird nicht von langer Dauer sein. Wenn Ihr Mathias heiraten solltet, ist es sehr schnell zu Ende. Dann hole ich mir Valentine. Ihr kennt die furchtbaren Qualen, die Euch dann heimsuchen würden.«
    Alix fuhr sich mit der Hand über die schweißnasse Stirn und rief noch »Pierrot«, ehe ihr schwindlig wurde. Sie ließ die Zügel los, schwankte und wäre vom Pferd gestürzt, hätte Pierrot sie nicht festgehalten.
    »Wir müssen zu den Gruben!«, sagte sie mit schwacher Stimme.
    Die Worte aus Béraudes Brief gingen ihr durch den Kopf: »Dann hole ich mir Valentine. Mag sein, dass ich mir nach Valentine auch noch Mathilde hole.«
    Die alten Färbereigruben wurden zum Alptraum für Alix. Und noch ein Satz fiel ihr wieder ein: »Und glaubt mir, diesmal gibt es kein Wiedersehen!«
    Alix zitterte am ganzen Körper und versuchte sich wieder richtig aufs Pferd zu setzen. Entweder war diese Frau Béraude oder eine Person, die sich für sie verdingt hatte.
    »Da sind Mario und Baptiste!«, rief Francesca erleichtert.
    Zwei große, schlaksige junge Männer kamen mit ihren Mulis angeritten. Der eine war so alt wie Francesca, der andere mochte etwas älter sein.
    Nachdem Francesca sie informiert hatte, berichteten sie, dass sie zwei Maultiere auf einem Hügel über den Baracken gesehen hatten.
    »Schnell, wir müssen da rauf, ehe es zu spät ist!«
    Mario hatte Augen wie ein Luchs und war schneller als sein

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