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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Hôpital de Saint-Esprit.«
    Wieder versuchte sich Mathias aufzurichten, aber der Schmerz zwang ihn zurück.
    »Was ist mit dem Pferd?«
    »Es heißt Byzance und gehört Dame Alix.«
    »Warte, eins noch«, sagte Mathias mit schwacher Stimme. »Du sagst den anderen, dass ich von Straßenräubern überfallen wurde und dass du mich verletzt gefunden hast.«
     
    Wie gehetzt rannte Tania am Ufer entlang nach Hause. Ihr von Théo so schrecklich malträtierter Leib tat ihr schrecklich weh, und sie hielt ihn sich mit beiden Händen, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen: »Niemals, nie, nie, nie will ich ihn wiedersehen! Lieber sterbe ich! Ich hasse ihn! Ja, Mathias, wenn, dann müsst Ihr ihn töten, nicht mich!«
    Mit dem Fuß blieb sie an einer Wurzel hängen, stolperte, fiel hin, rappelte sich wieder auf und rannte weiter. Der Gedanke, Mathias könnte sterben, verlieh ihr ungeahnte Kräfte.
    Sie wollte noch schneller laufen, hinkte aber auf einem Bein. Der Quai de la Cocherie kam ihr schier endlos vor, und erst als sie den spitzen Turm der Kirche Saint-Julien im fahlen Mondlicht sah, gönnte sie sich etwas Atem und wurde langsamer, weil ihr das Herz bis zum Hals schlug.
    Auf der Place Foire-le-Roi blieb sie stehen und holte tief Luft. Was sollte sie jetzt tun, wie sollte sie den Vorfall erklären? Mathias hatte nicht an alles gedacht. Warum hätte er mitten in der Nacht einen Spaziergang machen sollen, der ihn so weit weg vom Haus führte? Und was hatte sie, Tania, zu so später Stunde dort verloren? Bei dem Gedanken, Alix gegenübertreten zu müssen, verfiel sie in Panik, versuchte dennoch sich etwas zurechtzulegen und ging auf das große Haus zu.
    Im Haus war es ruhig. Tania hatte sich beruhigt und machte sich Mut: Um diese Zeit dürfte sie eigentlich keinem begegnen.
    Sie ging gleich durch die Tür zu den Nebengebäuden, wo Julio und Pierrot ihre Kammern hatten. Leo schlief weiter hinten bei den Ställen in einem mit Stroh gedeckten Schuppen.
    Aber sie waren alle drei weg! Damit hatte Mathias scheinbar nicht gerechnet. Tania hätte allerdings in die Stadt gehen und sie suchen können. Sie wusste, wo Leo und vielleicht auch Pierrot zu finden waren. Vor ihrem freien Tag gingen sie nämlich gelegentlich in eine Taverne, um sich ein wenig zu unterhalten.
    Aber wie sollte sie in diesem Aufzug, mit dem zerschnittenen Rock, der ihr nicht einmal mehr bis zu den Knien reichte, in das Wirtshaus gehen? Wäre sie erst in ihre Kammer gegangen, um sich umzuziehen, hätte sie vielleicht die Bertille geweckt oder wäre am Ende noch Alix begegnet, wenn sie von Blois zurückkam.
    Ganz vorsichtig schlich sie durch den Hof, als sie zu ihrer großen Erleichterung den Korb mit der frischen Wäsche entdeckte, den die Bertille noch nicht zum Bügeln ins Haus geholt hatte. Sie fand einen alten Rock, den Alix manchmal zu Hause trug, schlüpfte hinein und eilte in die Stadt zurück.
    Durch ein Fenster konnte Tania sehen, dass Leo vor einem Bier saß. Zum Glück war der Kutscher nicht zu Fuß gekommen. Er war mit einem Pferdekarren da, vor den er den alten César gespannt hatte. Im Vorbeigehen strich ihm Tania über den Hals, und das Pferd schüttelte zufrieden seine Mähne.
    In der kleinen Taverne roch es nach Fett, Bier, Schweiß und Rauch. Es war nicht gerade die erste Adresse in der Stadt, sondern eher ein bescheidenes Gasthaus für den einfachen Mann und hatte wenigstens keinen schlechten Ruf. Tania musste also keine Angst haben, dass man sie belästigen könnte.
    Léo saß mit ein paar anderen Männern zusammen, von denen
einer den Arm um seine Schulter gelegt hatte, und unterhielt sich lautstark, als er Tania hereinkommen sah. Er stand sofort auf und ging zu ihr, weil er spürte, dass etwas passiert sein musste. Seine Freunde sahen sich nach ihm um und wunderten sich über die hübsche, aber auffallend schlecht gekleidete junge Frau.
    »Was ist los, Tania?«
    »Schnell, Léo, du musst mitkommen. Mathias ist verwundet.«
    »Verwundet! Wer hat das getan?«
    Tania wollte schon behaupten, dass es Straßenräuber gewesen wären, wie Mathias ihr geraten hatte, doch da stieg der Hass auf ihren Bruder wieder in ihr hoch, und sie sagte leise: »Théo.«
    Léo wurde rot vor Zorn und ballte die Fäuste. Nein, der Kutscher konnte den Jungen wirklich nicht leiden, der in Florenz mehr als einmal für Ärger gesorgt und ihm beinahe seinen Platz streitig gemacht hatte.
    »Der Schuft! Dein Bruder ist also wieder da.«
    »Leo, bitte, darum geht es

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