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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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und ihr Schwiegervater de Coëtivy gewesen waren.
    »Deshalb weiß ich mit Sicherheit, dass dieser Hellebardier eine Figur von Dürer ist. Er gehört übrigens nicht zu den Malern, die großzügig mit der Verbreitung ihrer Werke umgehen. Es würde mich nicht wundern, wenn er Euch verklagte.«
    Als sie schwiegen, begriff Alix, dass sie es beide gewusst hatten, sich jetzt aber nicht auf eine Diskussion einlassen wollten, bei der sie sich keine Chance gegen die guten Argumente der jungen Frau ausrechneten.
    Und während sie noch überlegten, wie sie sich verhalten sollten, fuhr Alix fort: »Es gibt auch noch andere Vorlagen, die nicht eindeutig aus dem Val de Loire stammen. Manche sind aus Flandern, wie zum Beispiel der Edelmann von dem Teppich Der Spaziergang , der einen Wasserkrug in der linken und eine Frucht in der rechten Hand hält, oder die junge Frau mit dem Tablett in der Hand, die rechts auf der Darstellung Das Bad zu sehen ist.«
    »Man weiß doch nicht immer, woher eine Vorlage stammt und kann das auch nicht unbedingt erkennen.«
    »Das stimmt, aber es ist trotzdem riskant. Es hängt natürlich auch davon ab, wohin die Teppiche gehen. Ich persönlich riskiere nichts, ohne mich vorher genauestens informiert zu haben.«
    »Warum denn diese übertriebene Vorsicht?«, fragte der Weber mit gerunzelter Stirn.
    »Weil man mich auf die Probe gestellt hat, als ich der Webergilde des Nordens mein Meisterstück vorgestellt habe. Mir wurde vorgeworfen, meine Dame mit dem Einhorn , die keine Dienerin bei sich hatte, wäre eine Kopie von einem der berühmten Wandteppiche des Seigneur Le Viste. Glücklicherweise konnten mich meine Fürsprecher verteidigen, vor allem einer der Söhne von Le Viste.«
    Wieder waren die beiden Männer angesichts der Bemerkungen von Alix sprachlos. Und sie hatte ihre Freude daran, ihnen zu beweisen, dass eine Weberin manchmal wachsamer und verständiger sein konnte als ein Weber.
    »Ach ja, noch etwas, Euren jungen Mann auf dem Teppich Das Lesen kenne ich bereits von der Dame an der Orgel .«
    »Ihr habt recht«, räumte der Weber ein, der sich inzwischen etwas gefangen hatte. »Aber die Figur, von der Ihr sprecht, trägt zweifarbige Hosen, während unsere einfarbig sind, und das Wams ist aus Brokat, nicht aus einfachem Satin. Außerdem ist sein Kasack bei uns auf der Seite geschlitzt.«
    »Und was ist mit dem Almosenbeutel?«
    »Dem Almosenbeutel!«
    »Ja doch, dem Almosenbeutel an seinem Gürtel.«
    »Ach so, ja, der Almosenbeutel an seinem Gürtel. Man sieht ihn kaum, ganz anders als bei der Vorlage.«
    »Der Meinung bin ich aber nicht. Ich finde, es ist ganz genau der Gleiche, die linke Hälfte wird vollständig von dem Kleidungsstück verdeckt.«
    »Auf jeden Fall trägt er eine andere Kopfbedeckung, und die Falten seines Gewands sehen anders aus.«
    »Das war auch dringend nötig, weil Ihr Euch sonst großen Ärger einhandeln könntet«, meinte Alix. »Das sage ich wegen der ganzen anderen Übertragungen, die extrem originalgetreu sind. Ich persönlich finde …«
    »Ja, Alix«, unterbrach sie Charles d’Amboise, »darauf wollte ich hinaus, als ich Euch nach Chaumont eingeladen habe. Ich wollte Euch um Euren Rat bitten.«
    »Den habt Ihr ja nun.«
    »Ich wünsche mir aber noch etwas. Würdet Ihr die Fertigstellung dieser Teppiche übernehmen?«
    »Weil Euer Webermeister nach Felletin zurückkehren muss?« Der Form halber machte sie ein überraschtes Gesicht, obwohl sie längst mit diesem Vorschlag gerechnet hatte. 9)
    »Bitte erklärt mir, was Ihr Euch da vorstellt, Charles«, wiederholte sie.
    »Ich möchte Euch eine Zusammenarbeit vorschlagen.«
    »Das hier ist ein sehr umfangreicher Auftrag, und alles, was noch fehlt, muss erst entworfen werden. Ich sagte Euch bereits, dass ich meine Millefleurs nie stilisiere, sondern stets vollkommen neu schaffe.«
    »Ihr bekommt die Provision und macht die Arbeit, so wie Ihr meint.«
    »Mit Euren wiederverwendeten Figuren?«
    »Selbstverständlich«, meinte der Weber ein wenig gekränkt.
    »Das muss ich mir erst noch überlegen. Meine Webstühle sind alle belegt. Ich müsste wahrscheinlich einen neuen kaufen und einen zusätzlichen Arbeiter einstellen. Das bedeutet hohe Kosten, Charles.«
    Der Webermeister kratzte sich ratlos am Kinn, dann kam ihm eine Idee: »Wie wär’s, wenn ich Euch einen meiner Arbeiter zur Verfügung stellen würde?«
    »Nein, danke. Ich muss den Weber selbst aussuchen und nach meinen Vorstellungen anlernen. Außerdem habe

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