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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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verloren, halbtot und völlig verzweifelt.«
    »Ich werde dich Sire Van de Veere vergessen lassen«, sagte er nur.
    Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter und ließ alles mit sich geschehen, während er ihr leidenschaftliche Worte ins Ohr flüsterte.
    »Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich auf diesen Augenblick gewartet habe! Ja, ich kenne deinen Körper, und ich habe nächtelang davon geträumt, ihn zu besitzen.«
    Alix spürte, wie ihr das Blut zu Kopf stieg. Alles drehte sich, schwankte, brodelte in ihr. Würde sie wirklich Alessandros behutsame Liebe vergessen, seine samtschwarzen Augen und seine zärtlich streichelnden Hände? Würde sie alle Erinnerungen an ihn begraben müssen? An Alessandro, der immer auf ihre Wünsche, ihr Beben und jede ihrer Regungen geachtet hatte, an Alessandro, der in ihren Augen und in ihrem Gesicht nach einem
Funken des Taumels suchte, an Alessandro, der stets auf den richtigen Moment wartete, während Charles jetzt im Dunkeln auf der Suche nach einer allzu eiligen Umarmung nach ihren Brüsten, ihrem Bauch, ihren Schenkeln tastete.
    Er presste seinen Mund auf ihren und nahm sie auf der Stelle. Alix fand sich zitternd mit ausgedörrten Lippen und einem Brennen im Bauch wieder. Das war nicht die Art von Liebe, die ihr gefiel, und sie gab ihm zu verstehen, dass sie sich nach etwas anderem sehnte. So verging die Nacht auf der Suche nach geteilter Verzückung, und im Morgengrauen endlich fühlte sich Alix befriedigt.
    Sie blieb noch zwei Tage auf Schloss Chaumont und machte Spaziergänge und Ausritte in der Gegend. Weil aber der Duc d’Alençon Charles auf seine Besitzungen in der Normandie eingeladen hatte und Marguerite sich sehr über einen Besuch von Alix freuen würde, beschlossen sie, sich in den ersten Frühlingstagen gemeinsam dorthin auf den Weg zu machen.
    Bis dahin mussten die Arbeiten zum Höfischen Leben als Vorwand dienen, damit sie sich sehen konnten.

8.
    Kaum war Alix aus Tours zurück, als sie auch schon nach Léo rufen ließ; er sollte mit ihr die sieben Teppiche aus Chaumont holen, für die sie die fehlenden Millefleurs weben wollte.
    Der Webermeister von Charles d’Amboise hatte ihr noch einmal seine Prinzipien erklärt, ihr einige Ratschläge gegeben und Alix zum wiederholten Mal angeboten, er könne ihr einen oder zwei seiner Leute zur Unterstützung überlassen, was Alix aber erneut unter dem Vorwand abgelehnt hatte, lieber selbst zusätzliche Arbeitskräfte einzustellen.
    Der Auftrag würde mit Sicherheit mehr als ein Jahr beanspruchen, vielleicht auch zwei oder drei, je nachdem, wie viele Leute daran arbeiteten. Der Duc d’Amboise hatte aber keine Einwände geäußert. Ganz im Gegenteil schien er hocherfreut über die Tatsache, dass sich die Arbeit an den Teppichen über einige Jahre hinziehen dürfte, weil er so eine dauerhafte Beziehung mit der jungen Frau führen konnte, auch wenn sie sich nur gelegentlich sehen und sonst jeder seiner Wege gehen würde.
    Man kann sich denken, wie erstaunt Alix war, als sie von Bertille erfuhr, dass sie nicht mit Léo rechnen könne, weil der vor einigen Tagen mit Mathias Tours mit unbekanntem Ziel verlassen hatte. Vergeblich hatte die Bertille versucht, den Kutscher nach
dem Zweck der Reise auszuhorchen. Sie hatte lediglich erfahren, dass die beiden ein bis zwei Wochen unterwegs sein würden.
    »Was kann er nur vorhaben?«, fragte Alix.
    »Das hat er mir nicht gesagt. Vielleicht will er einen Teppich ausliefern.«
    »Es gibt nichts auszuliefern, weder nach Paris noch sonst wohin.«
    Sie schluckte enttäuscht.
    »Was ist mit seiner Verletzung?«
    »Sie war dabei zu verheilen. Léo hat mir versprochen, dass er ganz vorsichtig fahren will, damit die Wunde nicht wieder aufbricht.«
    Mit dieser überraschenden Nachricht wusste Alix nichts anzufangen. Sie konnte sich nicht erklären, wohin Mathias wollte, und schwieg eine Weile und merkte gar nicht, dass der kleine Nicolas ins Zimmer gekommen war.
    »Was kann er nur vorhaben?«, wiederholte sie hartnäckig.
    Die gute Bertille fand es nicht ungewöhnlich, dass Alix sich Sorgen machte und hätte ihr gern gesagt, dass er wahrscheinlich nach Paris gefahren war, um auf andere Gedanken zu kommen und sich zu unterhalten, seinen Kopf freizukriegen von seinen Gefühlen, die Alix nicht erwiderte. Das ließ sie aber dann doch lieber bleiben und schob stattdessen Nicolas vor.
    Zerstreut hob Alix den kleinen Jungen hoch, gab ihm einen Kuss und stellte ihn wieder auf den Boden.

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