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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Dieser unvermittelte Aufbruch gefiel ihr gar nicht, er kam ihr wie eine Flucht oder ein Rückzug vor. Dabei wusste Mathias gar nichts von ihrer neuen Liebesgeschichte mit Charles d’Amboise. Weil sie ihr Verhältnis nicht zusätzlich belasten wollte, hätte sie kein Wort darüber verloren und ihn lieber im Zweifel gelassen.
    Offensichtlich machte sie Mathias’ Abwesenheit betroffen, störte sie in einem Maße, das sie nicht für möglich gehalten hätte, würde sie es jetzt nicht erleben. Sie stellte sich tausend Fragen, versuchte sich an die Tage vor ihrer Abreise zu erinnern – aber nichts hatte darauf hingedeutet. Mathias war ihr ausgeruht und entspannt vorgekommen, die Wunde verheilte gut, und seine Kräfte kehrten zurück.
    Woher hätte sie auch wissen sollen, dass die Geschichte von dem Überfall durch einen unbekannten Räuber nur erfunden worden war, um ihr nicht die Wahrheit sagen zu müssen? Wie hätte sie ahnen sollen, dass der Tod von Tanias Bruder Théo eine ganze Reihe von Verwirrungen ausgelöst hatte, in die Mathias Alix nicht verwickelt haben wollte, ehe er die Fäden entwirrt hatte? Und wie hätte er ihr erst sagen sollen, dass Tania ihm vor lauter Angst gestanden hatte, dass der Zwilling von Valentine nicht tot war, wie sie glaubte? Woher sollte sie auch wissen, dass Mathias nach Paris gefahren war, um dort erste Nachforschungen anzustellen?
    Alix war sehr blass geworden, was Bertille ungerührt zur Kenntnis nahm, während Alix vor lauter Ratlosigkeit nicht bemerkte, dass die treue Seele leicht gereizt wirkte.
    »Also nach Paris ist er gefahren!«, sagte Alix leise.
    »Ja, Kindchen. Und er hatte Gepäck für zwei Wochen dabei. Léo hat mir aber versprochen, dass er gut auf ihn aufpassen will.«
    Kaum hatte sich Alix einigermaßen von ihrem Schreck erholt, murmelte sie: »Es hilft nichts, ich muss los. Dann soll mich eben Juan fahren, und wir nehmen das andere Gespann. Der Wagen ist groß genug für die Teppiche.«
    »Ich dachte, wir brauchen Juan unbedingt als Nachtwächter?« , wandte die Bertille skeptisch ein. »Es ist noch nicht so lange
her, dass die Mortagne den Brand bei uns gelegt haben, und ich finde es ziemlich gefährlich, wenn keiner das Kontor bewacht, in dem Eure ganzen fertigen Wandteppiche ausgestellt sind.«
    »Ich sage Pierrot, er soll ein Auge drauf haben. Ich bin ja nur eine Nacht weg.«
    »Warum wartet Ihr nicht einfach, bis Mathias wieder da ist?«
    »Nein, ich möchte hier sein, wenn er zurückkommt.«
    Um ehrlich zu sein, gab es mehrere Gründe, warum Alix sofort aufbrechen wollte. Zum einen ging sie so Mathias’ Fragen aus dem Weg – und erst recht den Antworten, die sie ihm geben müsste. Außerdem, waren die Teppiche erst einmal in den Werkstätten an der Place Foire-le-Roi, würden sie genug über die Arbeit zu reden haben, sodass sie anderen Gesprächsthemen ausweichen könnte; da war sich Alix ganz sicher.
    Zum anderen wollte sie keine Zeit verlieren, weil Charles d’Amboise angedeutet hatte, dass er nicht mehr lange auf Chaumont bleiben könne. Wenn sich Alix also nicht bald auf den Weg machte, würde sie Charles vielleicht nicht mehr antreffen, und die Fertigstellung der Teppiche würde sich weiter verzögern, wenn sie sie deshalb nicht mitnehmen konnte.
    Endlich besann sich Alix und merkte, dass sie nicht allein war. Der kleine Nicolas hockte vor ihr auf dem Boden und sah sie an. Sie setzte sich zu ihm und fragte:
    »Nun, wie geht es meinem kleinen Nicolas? Hast du dich brav um Valentine gekümmert?«
    »Ich hab’ fast die ganze Nacht auf sie aufgepasst. Papa war da schon weg.«
    Mit einem Satz sprang Alix auf.
    »Hat Valentine schon wieder einen Anfall gehabt, Bertille?«, rief sie erschrocken.
    »Leider ja«, sagte die alte Frau und kam wieder zu den beiden. »Und ich fürchte, er war schlimmer und länger als der letzte. Nicolas hat ihr die ganze Zeit die Hand gehalten. Irgendwann ist sie dann doch eingeschlafen.«
    »Und ich hab’ neben ihr geschlafen«, ergänzte das Kerlchen.
    »Nicolas, mein Herz! Wie kann ich dir nur dafür danken?«
    »Is’ schon gut«, brabbelte der Kleine. »Ich bin so froh, wenn Valentine schlafen kann.«
    Alix nahm Nicolas auf den Arm und drückte ihn an sich.
    »Wo ist Tania?«
    »Sie hat die Kleine keinen Moment allein gelassen und ist immer noch bei ihr.«
    »Lieber Gott!«, stöhnte Alix verzweifelt. »Warum muss sich das Kind nur so quälen?«
     
    Gleich am nächsten Morgen brach Alix mit Juan auf, nachdem sie sich

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