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Die Blut-Loge

Die Blut-Loge

Titel: Die Blut-Loge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Kickers
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leben können? Zweifel kamen in ihr hoch. In den letzten Monaten hatte sie ihr ganzes, so gut vorausgeplantes Leben verändert. Selbst ihr Bruder hatte sich verändert. Leon und sie unterhielten sich immer weniger privat. Aus dem zurückhaltenden jungen Mann war ein ehrgeiziger und charismatischer Star geworden, der Jerome immer ähnlicher wurde.
    Leon trug inzwischen seine blond gelockten Haare ebenfalls zu einem Zopf zurück gebunden, verbrachte seine Nächte oft außerhalb der Ferienwohnung und kam erst am frühen Morgen zurück, um bis zum späten Nachmittag zu schlafen. Seine Augen hatten eine seltsame Intensität angenommen und seine engelhafte Ausstrahlung zog immer mehr Frauen – aber auch Männer – aus dem Publikum in seinen Bann. Fast schien es so, als würden Jerome und er um die Gunst der Zuschauer buhlen.
    Lauras Umgang mit Jerome war für sie ein Wechselbad der Gefühle. Er zog an den Fäden, an denen sie hing, ohne ihr jedoch Hoffnung auf eine engere Beziehung zu machen. War er in ihrer Nähe, schlug ihr Herz bis zum Hals, und sie wäre am liebsten geflohen, gleichzeitig sehnte sie sich danach, wieder in seinen Armen zu liegen. Aber Jerome hielt sich zurück. Seine Berührungen, wenn sie sich beide näher kamen, waren zärtlich und lockend, aber sobald sie seinem Begehren nachgab, distanzierte er sich erneut. Wollte er sie absichtlich quälen, wo er doch genau wissen musste, was sie für ihn empfand?
     
    Auch Ruben Stark, der ab und zu der Vorstellung beiwohnte, war die Wandlung des zweiten Vampirs in der Travestietruppe nicht entgangen. Offenbar fühlte dieser Jerome sich ein wenig zu sicher. Kein Wunder, hatte er doch das, was er brauchte, in unmittelbarer Nähe. Diese Laura war so eine Art „Notration“ für den Vampir. Oder sollte doch mehr dahinter stecken? So etwas wie echte Gefühle? In Ruben Stark reifte ein Plan. Da kam er ganz auf seinen Vater. Er und Gabriel Stark waren noch bessere Spieler als dieser Jerome Summers. Für sie gab es nur Alles oder Nichts.
    Eines Abends, nach der Vorstellung, nahm er Jerome beiseite.
    „Was hast du damit bezweckt?“, fragte er diesen leise. „Wolltest du das Ufer komplett wechseln und dir einen Gefährten schaffen? Du trägst jetzt die Verantwortung für diesen Knaben!“ Rubens Stimme klang vorwurfsvoll. Jerome wusste sofort, worum es ging.
    „Keine Sorge“, tat Jerome mit einer lässigen Handbewegung ab, „Leon frisst mir aus der Hand.“ Ruben bezweifelte das. „Noch … möglicherweise“, gab er zur Antwort. „Aber er ist dir jetzt bereits zu ähnlich geworden.“
    Jerome runzelte die Stirn. „An mich reicht der Kleine noch lange nicht heran, das weißt du“, erwiderte er fast ärgerlich.
    Ruben verzog das Gesicht zu einem unverschämten Grinsen. „Irgendwann wird er auch hinter dein Geheimnis kommen, und wenn es durch Zufall ist.“
    „Na und? Die Welt ist groß genug für uns beide“, murmelte Jerome.
    Ruben schüttelte den Kopf. „Stimmt schon, aber vergiss nicht, dass ihr die gleiche Nahrung braucht, und damit meine ich nicht Blut im Allgemeinen! Wenn irgendjemand von euch über die Stränge schlägt und unsere Rasse in Gefahr bringt, dann wird sich die Loge um denjenigen kümmern!“, versprach er mit einem drohenden Unterton. Dass die Loge dies bereits tat und Pläne mit ihm hatte, verschwieg er Jerome wohlweislich.
    Jerome wusste, was gemeint war. Wenn die Nahrung knapp werden würde – und die Loge untersagte in der heutigen Zeit eine Jagd auf zu junge Menschen, um sich vor der Entdeckung zu schützen – dann würde es zweifellos zu einem Machtkampf zwischen ihm und Leon kommen. Das hatte die Natur überall vorgesehen. Es war jetzt schon schwer genug, an unberührtes Blut zu kommen. Aber noch war Leon seinem Geheimnis ja nicht auf die Spur gekommen. Allerdings hatte er auch nie damit gerechnet, dass der junge, zurückhaltende Mann sich nach der Wandlung zum Vampir zu einer solch starken Persönlichkeit entwickeln würde. Hatte er wieder einen Fehler gemacht?
     
    An diesem Abend befand sich auch Laura wieder im Club. Ruben beschloss, ihr die Augen über Jerome auf eine ganz besondere Art zu öffnen. Der Rest würde sich dann schon ergeben. Zunächst brachte er ihr einen Drink in die Künstlergarderobe, die sie gerade aufräumte. Das Mittelchen darin würde ihr heute Nacht Übelkeit verursachen und sie am nächsten Morgen direkt zu einem Arzt führen.
    Und Ruben hatte Recht. Gleich zu Praxisbeginn saß eine blasse und völlig

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