Die Blut-Loge
nicht mehr lebte! Zum Teufel mit diesen Starks und ihrer Loge! Leon schlüpfte hastig in Jeans und T-Shirt, stopfte ein paar notwendige Dinge in eine kleine Reisetasche, schnappte sich die Autoschlüssel und lief zu seinem alten Ford, der am Straßenrand geparkt stand.
* * *
Am Flughafen Los Angeles wurde der junge Vampir bereits von einer abgedunkelten Limousine und zwei Logenvampiren in dunklen Anzügen erwartet, die ihn an Mafiosi erinnerten. Er musste unwillkürlich grinsen. Seine beiden Begleiter verstanden anscheinend wenig Spaß. Sie stießen ihn und sein Gepäck recht unsanft auf die Rückbank und nahmen ihren Schützling in die Mitte. Die Limousine, deren Fahrer nicht zu erkennen war, da auch die Scheibe zwischen Fahrgast und Chauffeur abgedunkelt war, setzte sich langsam in Bewegung und begab sich in Richtung Freeway. Kaum hatte man die mehrspurige Stadtautobahn erreicht, erhielt Leon einen unsanften Schlag ins Genick und eine Spritze in die Halsschlagader verpasst, die seinen Körper in eine merkwürdige Starre versetzte. Und dabei hatte er Vampire immer für unbesiegbar gehalten! Mit diesem letzten Gedanken dämmerte er in eine Ohnmacht hinüber.
Niedlich, dachte die aparte Krankenschwester, als sie den Schlafenden in dem frisch bezogenen Bett betrachtete. Auch sie war eine treue Bedienstete der Loge, allerdings kein Vampir. Die Vampire bedienten sich mancher Menschen mit Hilfe ihrer Bannkraft, nachdem sie sie zuvor mit ihrem Biss infiziert hatten. Das machte es ihnen leichter, ihre Opfer mental zu beeinflussen, was bis zur Hörigkeit reichen konnte. Da war nur eine ihrer zahlreichen Fähigkeiten, die sie bedenkenlos einsetzten. Denn eines besaßen Vampire nicht: ein Gewissen.
Aber auch Schwester Katie, die Leon auf dieser Station eines privaten Forschungsinstituts betreute, machte sich keine Gedanken, sie tat ihren Job und der war Routine. Schließlich wurde sie von STARK Enterprises gut dafür bezahlt. Starks Privatlabor beschäftigte sich offiziell mit der Tropenmedizin und Virenforschung, damit erklärte man Außenstehenden auch das weiträumig abgesperrte Gelände, dessen parkähnliche Grünfläche von hohen Gitterzäunen umrahmt wurde. Nachts patrouillierten dort Wachhunde. Am Einlass wurde an einer Schranke streng kontrolliert. Hinzu kamen die verschärften Sicherheitsbedingungen für die Laborabteilung, die niemand ohne Ausweis und Zahlencode betreten konnte. Das ganze Gebäude ähnelte eher einem Gefängnis.
Aber das einfache Personal der Loge stellte auch keine Fragen, selbst wenn – wie bei Katie - ihre Patienten ruhig gestellt und sogar an ihr Bett gefesselt waren – mit Silberketten. Wenn einer ihrer Patienten es mal nicht „schaffte“, dann kam eben ein anderer in ihre Obhut. Der junge Mann, den sie zuvor hier betreut hatte, war leider schon nach wenigen Wochen verstorben. Der Blutverlust war wohl zu groß. Auf ihrer Station gab es nämlich keine Transfusionen, die den „Kranken“ Blut zuführten, sondern es ihnen entnahmen, zu Forschungszwecken wohlgemerkt.
Katie summte einen Song vor sich hin, den sie vor wenigen Minuten im Schwesternzimmer im Radio gehört hatte, während sie die Geräte kontrollierte. Der Junge hier musste mindestens zwei Monate durchhalten, hatte man ihr gesagt. Nun, sie würde ihr Bestes tun, wie immer.
Gegenüber dem Patientenbett befand sich in dem schlichten Krankenraum ein großer, rechteckiger Spiegel, der jedoch von einem Nachbarraum aus einsehbar war, ähnlich einem Verhörraum bei der Polizei. Hinter dieser Scheibe blickten nun Gabriel Stark und sein Sohn auf den Schlafenden. „Hoffentlich war die Dosis nicht zu stark“, gab der Konzernchef zu bedenken. Er trug einen edlen grauen Seidenanzug und ein Einstecktuch im schwarzen Hemd. Im Gegensatz zu seinem eher lässig gekleideten Sohn bevorzugte er die klassische Variante an Kleidungsstücken im Geschäftsleben.
„Keine Sorge, das Zeug wirkt auf Vampire wie ein Elektroschock auf Menschen. Es macht sie bewegungsunfähig, das ist alles. Er wird uns trotzdem das Serum liefern können, glaub mir“, erwiderte Ruben völlig emotionslos.
„Hoffen wir, dass sein Blut für eine ausreichende Menge sorgt“, meinte Gabriel, der insgeheim befürchtete, dass nicht alle Logenmitglieder von diesem Wundermittel profitieren würden. Andererseits hatte er seinen Plan noch nicht publik gemacht. Sollte also nicht genügend Serum für alle bei seinem Experiment heraus springen, für ihn und seinen
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