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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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einem raschen Blick in seine Umgebung stellte Radulfus fest, dass Bruder Gregor recht hatte, und so ließ er Marie stehen und verschwand, gefolgt von Bruder Gregor, in der Sakristei.
    Am ganzen Körper zitternd lief Marie zur Heiligen Jungfrau und fiel vor ihr auf die Knie. Ihre Lippen bewegten sich flüsternd, und schon bald hatte sie jedes Zeitgefühl verloren. Robert hatte wie jeden Tag am Portal auf Marie gewartet. Doch dann war die Vesper vorbei gewesen und Marie noch immer nicht erschienen. Also betrat er die Kathedrale, wo er sie schließlich wie erstarrt und auf Knien vor der Heiligen Jungfrau fand. Er hatte sie mehrfach angesprochen, bevor sie ihn endlich wahrnahm, und ihr danach beim Aufstehen geholfen, denn ihre Gelenke waren durch die lange Zeit auf dem kalten Boden ganz steif geworden. Gemeinsam verließen sie die Kathedrale.
    „Lasst uns ein paar Schritte gehen, und wenn Ihr Euch beruhigt habt, erzählt Ihr mir, was geschehen ist.“
    Langsam schien sich Marie wieder etwas zu fassen, und sie begann, ihm von der Begegnung mit dem Bischof zu erzählen. Robert spürte, wie ihn Zorn überkam. Ohne dass es ihm bewusst wurde, ballten sich seine Hände zu Fäusten. Wie kam der Bischof dazu, Marie mit solchen Vorwürfen zu quälen? Er hatte kein Recht dazu. Was erlaubte er sich nur?
    Auf einmal blieb Marie stehen und fasste Robert bei der Hand.
    „Gott hat mich mit dieser Krankheit gestraft, und ich bitte Ihn jeden Tag, sie von mir zu nehmen.“ Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich, als sie mit gesenkter Stimme fortfuhr: „Aber den Bischof hat er auch gestraft, seine Seele ist krank, ich kann es spüren.“ Ihre Augen glühten, und ihr Kinn reckte sich entschlossen vor. „Er sagt, ich hätte die Sünde der Eitelkeit begangen, doch davon weiß ich nichts. Ich bin allein Gott gegenüber verantwortlich für meine Sünden.“
    Zufrieden bemerkte Robert den Widerstandsgeist, der sich in seiner kleinen Freundin regte. Sie schien nicht länger bereit zu sein, sich wie ein Opferlamm ihrem Schicksal zu fügen.
    „Ich sehe, Ihr seid endlich bereit, zu kämpfen. Wir werden daher gemeinsam herausfinden, was der Bischof tatsächlich von Euch will. Er steht nicht gerade in dem Ruf, auch nur einen Gedanken an die Armen und Kranken zu verschwenden. Es muss etwas anderes dahinterstecken, und ich bin mir sicher, dass es mit dem König zu tun hat.“ Er überlegte eine Weile. „Vielleicht solltet Ihr mit Eurem Vater darüber reden?“
    Marie setzte sich erneut in Bewegung.
    „Seitdem mich meine Eltern mit diesem schrecklichen Mann verlobt haben, behandeln sie mich, als ob ich nicht mehr vorhanden wäre.“
    Vor ihnen tauchte der Fluss auf, eingebettet in fette grüne Wiesen. Der frische, feuchte Wind strich angenehm kühlend über Maries erhitztes Gesicht.
    Nachdenklich schlenderten sie an den Färbereien vorbei. Blaue und rote Stoffe hingen zum Trocknen aufgespannt auf Gerüsten aus Holz, danach folgten die gelben. Einige Männer mit krummen Rücken und schwieligen Händen waren gerade dabei, die großen Färberbottiche aufzufüllen, andere walkten die schweren Tücher. Zwischendurch hielten sie immer wieder inne und rieben sich über ihre schmerzenden Rücken.
    Neugierige Blicke folgten Marie und Robert. und manch einer der Arbeiter wünschte sich, mit dem adligen Herrn zu tauschen, um wenigstens einmal in seinem Leben am helllichten Tag völlig sorglos mit einem schönen Mädchen am Fluss entlangschlendern zu können.
    Der Spaziergang tat Marie gut, und auch Robert schien ihn zu genießen. Ein großer Steinadler zog langsam seine Kreise über dem glitzernden Fluss, und Marie beobachtete mit zunehmender Begeisterung seinen Flug.
    „Wäre es nicht wunderbar, einmal wie dieser Adler über den Wolken schweben zu können und Gott ganz nah zu sein?“
    Robert lächelte über ihren Eifer. Er nahm ihre Hand und erzählte ihr die Geschichte von Wieland dem Schmied und seinem Sohn, die den gleichen Traum hatten wie sie und ihn eines Tages zu verwirklichen versuchten.
    „Wenn Gott gewollt hätte, dass wir fliegen können, hätte Er uns Flügel gegeben wie den Vögeln“, schloss er lächelnd seine Erzählung ab.
    „Aber Er hat uns unsere Träume gegeben“, beharrte Marie. „Meine Mutter schimpft mit mir, wenn ich tagsüber manchmal träume, aber es geschieht einfach, ohne dass ich etwas dagegen tun kann.“ Noch nie hatte Marie bei einem ihrer Zusammentreffen so viel geredet wie an diesem Tag.
    Robert genoss es, ihrer hellen

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