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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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hilflos, weil er nicht wusste, wie er Marie helfen konnte, doch nach einer Weile ließen die Krämpfe nach, und Marie glitt in einen tiefen Schlaf. Robert hob sie hoch und legte sie behutsam auf die Bank.
    Betroffen starrte das Ehepaar Marie an, die ihnen in ihrer unschuldigen Schönheit wie ein Engel erschien. Der Jagdaufseher fühlte sich seltsam und verspürte das dringende Bedürfnis, mit dem Fremden über seine Erlebnisse zu reden.
    „Ich habe einen Hirsch verfolgt und dabei wohl die Frischlinge im Gebüsch übersehen. Jedenfalls schoss plötzlich ein Keiler aus dem Unterholz auf mich zu, der so kräftig war wie drei Wildschweine zusammen. Ich hatte nicht die geringste Chance.“ Der Jagdaufseher schüttelte immer wieder verwundert den Kopf. Er konnte nicht begreifen, was mit ihm geschehen war.
    „Das Mädchen hat mich so merkwürdig angesehen, daraufhin haben meine Schmerzen immer mehr nachgelassen. Es ist wie ein Wunder.“
    „Ein Wunder“, wiederholte seine Frau und fuhr fort, sich zu bekreuzigen.
    Ich hatte recht, dachte Robert frohlockend. Marie ist eine Heilerin, und Radulfus ist irgendwie dahintergekommen. Es war richtig, die Stadt zu verlassen. Der Bischof hätte Marie niemals in Ruhe gelassen.
    Entschlossen wandte er sich an den Jagdaufseher.
    „Ihr habt ganz recht, Eure Rettung ist ein Wunder.
    Marie ist eine Heilerin und wird von den Mächtigen der Kirche verfolgt, die sie für ihre Zwecke missbrauchen wollen. Werdet Ihr mir Euer Wort geben und über unser Hiersein Stillschweigen bewahren, sollte jemand nach uns fragen?“
    Der Jagdaufseher nickte nachdenklich. Die Worte der letzten Sonntagspredigt kamen ihm in den Sinn. Jedes Jahr, wenn der Schnee geschmolzen war und sich lange Züge von Kaufleuten, Händlern und Pilgern auf die Reise begaben, appellierten die Prediger eindringlich an das Gewissen der Gläubigen.
    „Vergesst die Gastfreundschaft nicht, denn dank ihr haben einige von Euch, ohne es zu ahnen, schon Engel beherbergt.“
    „Bring uns Wein“, forderte er seine Frau auf, „und ein großes Stück von dem Braten.“
    Und während Marie weiterschlief, saß Robert noch lange Zeit mit dem Ehepaar wie mit zwei guten Freunden zusammen.
    Nach dem Essen legte Robert sich dann ebenfalls neben Marie auf den Boden, wo er erschöpft, aber glücklich sofort einschlief.
    Der Abschied am nächsten Morgen verlief herzlich. Der Jagdaufseher hatte seine Frau angewiesen, ein großes Bündel fertig zu machen, das er Robert vor der Türe überreichte.
    „Ich werde sie nie vergessen“, meinte er mit einem Blick auf Marie, die stumm neben Robert stand. Nachdenklich sah er den beiden jungen Leuten nach.
    Der Himmel war grau verhangen, doch es kam nicht zum Regnen, und so konnten Marie und Robert den ganzen Tag über weiterziehen. Gegen Abend erreichten sie ein winziges Kloster, in dem ihnen wie allen Reisenden für eine Nacht Gastfreundschaft gewährt wurde.
    Die wenigen Mönche, die sich hier in der Einsamkeit verkrochen hatten, sprachen kein Wort. Eisern hielten sie sich an das Schweigegelübde, das sie abgelegt hatten, und Robert war froh, keine neugierigen Fragen gestellt zu bekommen. An diesem Abend waren sie die einzigen Gäste gewesen, und unmittelbar nach dem Essen, das aus einer dünnen fleischlosen Gemüsesuppe und einem Becher Wein bestanden hatte, legten sie sich nebeneinander zum Schlafen ins Stroh.
    Nach einer Weile bemerkte er, dass Marie weinte. Er zog sie in seine Arme und strich ihr tröstend übers Haar.
    „Weint ruhig, und wenn Ihr reden wollt, dann werde ich Euch zuhören“, beruhigte er sie und hielt sie dabei fest umschlungen.
    Irgendwann versiegten Maries Tränen, dennoch sprach sie kein Wort, sondern blieb still in seinen Armen liegen und genoss die Wärme, die sein Körper ausstrahlte.
    Am nächsten Tag zogen sie weiter. Die Landschaft wurde langsam hügeliger, und sie wanderten weiterhin abseits der Wege durch Täler und über sanft ansteigende Hügel, die für den Weinbau genutzt wurden, wobei sie unterwegs nur einmal einem halb blinden Schäfer begegneten.
    Robert war dankbar für den Proviant, den sie von dem Jagdaufseher erhalten hatten und der sie für die nächsten Tage davor bewahrte, irgendwo einkehren zu müssen und dabei auf andere Menschen zu treffen.
    Sie übernachteten unter einer kleinen Eiche und machten sich beim ersten Licht des Tages wieder auf den Weg.
    „Werde ich meine Familie jemals wiedersehen?“, fragte ihn da Marie auf einmal unvermittelt.
    „Ich

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