Die Blutgraefin
außer Reichweite der zuckenden Beine mit ihren tödlichen Klauen zu kommen, stemmte sich
auf Hände und Knie hoch und kroch ein paar Schritte weit, bevor er
erschöpft und am ganzen Leib zitternd zusammenbrach. Es war nicht
der Schmerz, der ihm so zusetzte. Obwohl er schwer verletzt war,
spürte er ihn kaum, oder doch nur auf einer Ebene, die keinerlei Bedeutung hatte. Die bloße Nähe des Ungeheuers war mehr, als er ertragen konnte.
Sein selbstmörderischer Angriff war ein Reflex gewesen, auf den
sein Verstand und sein Denken keinen Einfluss gehabt hatten. Doch
als der Kampf vorüber war, spürte er, wie unerträglich die Nähe dieses Ungetüms war. Nicht seine Klauen, die tödlichen Fänge und die
mörderische Kraft seines riesigen Körpers erschütterten ihn. Es war
die bloße Anwesenheit der Bestie. Dieses Ungeheuer musste aus einer Welt stammen, die tausend Mal schlimmer als die Hölle war.
Der Teil von Andrej, der menschlich war, der den fauligen Odem
der Bestie spürte, wollte davonlaufen, schreien und sich irgendwo
verkriechen, lieber sterben, bevor er der widerlichen Kreatur nur
noch ein einziges Mal ins Antlitz blicken musste. Doch tief in ihm,
dort, wo das blutgierige Ungeheuer angekettet war, das ein Teil seines Selbst war, erwachte eine kalte Entschlossenheit. Dieses Geschöpf gehörte nicht in diesen Wald, nicht in diese Nacht, nicht in
diese Welt. Er musste es vernichten, auch wenn er selbst dabei den
Tod fand.
Andrej kämpfte sich stöhnend auf Knie und Ellbogen hoch, nahm
all seine Kraft zusammen und setzte sich auf. Sein Körper hatte bereits damit begonnen, die Wunden zu heilen, die ihm die Bestie geschlagen hatte, aber es war ein langsamer, qualvoller Prozess, als
hätte sie ihn mit einem tückischen Gift verseucht, das die Selbstheilungskräfte seines Körpers daran hinderte, ihre Arbeit zu tun. Er
fühlte sich leer, so matt, als hätte die bloße Berührung des Monsters
ihn all seiner Kraft beraubt. Als er sich herumdrehte, kippte er zur
Seite und musste sich mit den Armen aufstützen, um nicht erneut zu
Boden zu fallen.
Auch sein Gegner schien am Ende seiner Kräfte zu sein. Das groteske Geschöpf hatte sich halb aufgerichtet, knickte jedoch immer
wieder in den Hinterläufen ein und fiel dabei von einer Seite auf die
andere. Sein vorderes Beinpaar versuchte vergeblich, nach dem
Schwertgriff zu tasten, der aus seinem Rücken ragte, und aus den
beiden leeren Augenhöhlen, die Andrejs letztem Angriff zum Opfer
gefallen waren, lief schwarzes, schleimiges Blut, das einen erbärmlichen Gestank verströmte und unter dem der Schnee zu zischen und
sich in grauen, übel riechenden Dampf zu verwandeln begann. Torkelnd wandte sich die Bestie um und begann davonzukriechen.
Andrej wollte ihr folgen, hatte aber nicht die Kraft dazu. Es gelang
ihm, sich halb in die Höhe zu stemmen, dann gaben seine Beine
nach, und er stürzte schwer in den Schnee, wo er gegen die Ohnmacht ankämpfen musste, die ihn schon wieder zu umschlingen versuchte. Der Blutverlust hatte ihn geschwächt. Der Vampyr in ihm
schrie auf und zerrte an seinen Ketten, begierig darauf, sich auf seinen Feind zu werfen. Doch selbst wenn Andrej bereit gewesen wäre,
ihn zu entfesseln, hätte er nicht einmal mehr dazu die nötige Kraft
gehabt. Minutenlang blieb er zitternd und keuchend nach Luft ringend im Schnee liegen, bis er es schaffte, sich auf die Seite zu drehen, um nach seinem Feind Ausschau zu halten.
Das Ungeheuer war verschwunden. Eine breite Spur aus schwarz
verklumptem Schnee und träge in der Luft hängendem, stinkendem
Dampf markierten den Weg, den die Bestie genommen hatte. Ein
kleines Stück entfernt blinkte Metall auf. Es war sein Dolch, von
dem sich die Kreatur befreit hatte. Von seinem Schwert war nichts zu
sehen. Andrej klammerte sich an die verzweifelte Hoffnung, dass das
Ungeheuer die Waffe nicht loswerden und am Ende doch an ihr zu
Grunde gehen würde, aber er fürchtete, dass das nicht geschehen
würde. Ihm war mit unerschütterlicher Gewissheit klar, dass keine
von Menschenhand geschaffene Waffe dieses Monster töten konnte.
Ein leises Wimmern drang in seine Gedanken. Andrej drehte sich
mühsam auf die andere Seite und stellte fest, dass sich Stanik halb an
dem Baumstamm in die Höhe geschoben hatte, vor dem er gelegen
hatte, und aus weit aufgerissenen, von einem wahnsinnigen Flackern
erfüllten Augen in seine Richtung sah. Dünne Speichelfäden liefen
aus seinen Mundwinkeln, tropften
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