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Die Blutgraefin

Die Blutgraefin

Titel: Die Blutgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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seine Gesichtszüge erstarrten. Wieso sprach dieser dumme Bauer jetzt ausgerechnet von einer Spinne?
Gottlob sah der Mann in diesem Moment nicht in seine Richtung,
doch Lorenz fixierte Andrej stirnrunzelnd.
»Unsinn!«, sagte Lorenz. Er tat den Einwand mit einer unwirschen
Handbewegung ab. »Keine Spinne auf der Welt kann einen Menschen töten. Es muss etwas anderes sein.«
»Oder jemand«, sagte der Mann, der schon zweimal gegen Ulric
gewettert hatte. »Bei allem Respekt, Vater, aber jeder hier weiß, dass
Ulrics und Niklas’ Familien Todfeinde sind! Noch vor einer Woche
hat Ulric lauthals verkündet, er werde niemals zulassen, dass…«
»Schweig!«, unterbrach ihn Lorenz mit schneidender Stimme. »Ich
dulde keine haltlosen Anschuldigungen! Wir werden Ulric fragen,
was er dazu zu sagen hat, und uns dann unsere Meinung bilden.«
Der Mann widersprach in heftigem Tonfall, aber Andrej hörte
schon nicht mehr zu, sondern wich unauffällig ein paar Schritte zurück, bis er unmittelbar neben Abu Dun stand. »Erinnere mich an
etwas«, raunte er ihm zu.
»Woran?«
»Dir die Kehle durchzuschneiden«, sagte Andrej. »Und zwar mindestens dreimal. Hast du den Verstand verloren?«
Abu Duns Zähne blitzten in einem wortlosen, breiten Grinsen auf.
Andrej schüttelte seufzend den Kopf. Irgendetwas stimmte nicht mit
Abu Dun, und es schien schlimmer zu sein, als er bisher angenommen hatte.
Lorenz und die anderen stritten noch ein paar Minuten heftig weiter. Dann beendete der Geistliche die Auseinandersetzung mit einem
Machtwort und forderte die Männer auf, die Toten aus dem Haus zu
schaffen. »Bringt sie in die Kirche«, wies er sie an. »Dort ist es kalt
genug, sodass wir in Ruhe überlegen können, wie wir mit ihnen weiter verfahren.«
Es vergingen einige Minuten, bis auch der letzte Tote hinausgeschafft worden war und die Gaststätte sich geleert hatte. Abu Dun,
Andrej und Lorenz blieben in gedrückter Stimmung zurück. Sie
nahmen wieder Platz, nachdem der Wirt etwas getan hatte, was in
seinem Haus vermutlich eher selten vorkam: Er nahm einen feuchten
Lappen und wienerte den Tisch sauber, auf dem der Tote gelegen
hatte. Andrej schüttelte trotzdem in stummer Ablehnung den Kopf,
als ein neuer Krug Wein serviert wurde, während Abu Dun und Lorenz durstig Zugriffen.
»Das hätte nicht passieren dürfen«, sagte Lorenz, nachdem er den
Wein gierig heruntergestürzt und seinen Becher sofort neu gefüllt
hatte. Seine Hände zitterten leicht.
»Was?«, fragte Andrej.
»Niklas«, antwortete Lorenz. Er trank einen weiteren Schluck und
sah sich unauffällig um, als ob er sicher gehen wollte, dass niemand
außer Abu Dun und Andrej ihm zuhörte. »Es ist allein meine
Schuld.«
»Wieso?«
»Weil ich wusste, wie es zwischen Ulric und Niklas stand«, erwiderte der Geistliche. »Aber ich hätte nie geglaubt, dass er so weit
gehen würde.«
»Dann denkt Ihr auch, dass Ulric und seine Söhne hinter diesem
Gemetzel stecken?«, fragte Andrej.
Lorenz mogelte sich um die Antwort herum. »Die beiden Familien
waren niemals befreundet«, antwortete er. »Aber seit Ulrics ältester
Sohn und Niklas’ Tochter einander näher gekommen sind, hat sich
die Lage noch verschärft. Trotzdem hätte ich es niemals für möglich
gehalten, dass…« Er schwieg einen Moment und schüttelte dann
entschieden den Kopf. »Nein«, sagte er. »Ich glaube es auch jetzt
noch nicht. Ulric hat sicher einiges auf dem Gewissen, aber zu einer
solchen Gräueltat wäre er nie und nimmer fähig.«
»Uns hat er eine etwas andere Geschichte erzählt«, sagte Abu Dun.
»Wer?«, fragte Lorenz.
Andrej warf Abu Dun einen flehentlichen Blick zu, den der Nubier
allerdings ebenso wenig beachtete wie alles andere, was Andrej bisher gesagt oder getan hatte. »Ulric«, antwortete er und deutete auf
Andrej. »Er hat Andrej und mich in seine Dienste genommen, um
Niklas’ Tochter aus der Gewalt der Blutgräfin zu befreien.«
»Blutgräfin?« Lorenz’ Augenbrauen rutschten fragend nach oben.
»Gräfin Berthold«, verbesserte Andrej rasch, bevor Abu Dun noch
mehr Unsinn reden konnte. »Ich glaube, Ulric hat sie so genannt.«
»Ja, das passt«, murmelte Lorenz.
»Wieso?«, fragte Andrej, wobei er Abu Dun einen drohenden Blick
zuwarf. Sein Gefährte schien an jenem Morgen mit dem festen Vorsatz aufgewacht zu sein, sich um Kopf und Kragen zu reden.
»Bevor Gräfin Berthold und ihr Beschützer hierher kamen«, antwortete Lorenz, »waren Ulric und seine Söhne…«,

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