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Die Blutgraefin

Die Blutgraefin

Titel: Die Blutgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mir erzählt, dass Ihr hier lebt.«
Blanche lachte. »Ihr könnt sie ruhig weiter Maria nennen«, sagte er.
»Ich weiß, wer Ihr seid. Und wie lange Ihr Euch kennt.«
Ohne es direkt auszusprechen, ließ er Andrej spüren, dass er auch
wusste, was vorhin vor dem Kamin geschehen war.
»Wo seid Ihr gewesen?« Andrej deutete mit einer Kopfbewegung
die Treppe hinauf. »Euer Gemach ist ein wenig unordentlich.«
Wieder lachte der Weißhaarige, bevor er antwortete. »Ja, das
stimmt. Ich sollte bei Gelegenheit aufräumen. Was wollt Ihr hier?«
»Ich habe Maria gesucht«, erwiderte Andrej. »Ich dachte, sie sei
vielleicht bei Euch.«
»Und ich dachte, sie sei bei Euch«, antwortete Blanche. Der Klang
seiner Stimme hatte sich geändert. »Möglicherweise hätte ich ihr
nicht blind vertrauen sollen.«
»Wieso?«
»Nach allem, was ich über Euch gehört habe, Andrej«, antwortete
Blanche, »dachte ich, sie wäre bei Euch in Sicherheit. Anscheinend
habe ich mich getäuscht.«
Es fiel Andrej schwer, sich von Blanche nicht provozieren zu lassen. »Wo ist sie jetzt?«, fragte er.
»Maria?«
Andrej musste sich beherrschen, um Blanche nicht scharf zurechtzuweisen. Es ärgerte ihn, dass der Weißhaarige Maria beim Vornamen nannte. Er nickte nur, aber seine Miene verriet unterdrückte
Wut.
»Drüben im Haus. Sie spricht gerade mit dem Mädchen.« Blanche
drehte sich halb herum und machte zugleich einen Schritt zur Seite,
wodurch er den Weg freigab, sodass Andrej weitergehen konnte. Als
er es tat, streckte Blanche jedoch rasch die Hand aus und hielt ihn am
Arm zurück.
»Das solltet Ihr besser nicht tun«, sagte er.
Andrej riss sich mit einem heftigen Ruck los. »Wieso nicht?«, fragte er scharf.
Das spöttische Funkeln in Blanches Augen nahm noch zu. »Möchtet Ihr dem Mädchen erklären, dass seine gesamte Familie ausgelöscht wurde?«, fragte er, »und das ausgerechnet von denen, die
Euch hierher geschickt haben?«
Andrej funkelte ihn an. »Woher wollt Ihr das wissen?«
»Wenn Ihr es nicht wart, und auch Euer Freund nicht… wer soll es
dann gewesen sein, wenn nicht sie?«, fragte Blanche ruhig. »So groß
ist die Auswahl an Verdächtigen nicht.«
»Mir fällt zumindest noch einer ein«, sagte Andrej mühsam beherrscht.
Blanche lächelte unerschütterlich weiter. »Wenn wir uns schon auf
dieses Niveau begeben, Andrej«, sagte er ungerührt, »dann sind es
zwei.«
Andrej schlug nach ihm. Er schlug mit aller Kraft zu und so schnell,
wie er nur konnte, um das überhebliche Grinsen aus seinem Gesicht
zu wischen, aber er traf ihn nicht. Sein Hieb ging ins Leere, und
Andrej musste mit wild rudernden Armen um sein Gleichgewicht
kämpfen, um nicht durch das Loch im Boden zu stürzen. Blanche
war einfach verschwunden und im gleichen Sekundenbruchteil hinter Andrej wieder aufgetaucht.
»Ich bitte Euch, Andrej«, sagte er ruhig. »Ich dachte, das hätten wir
hinter uns.«
Bleich vor Wut schluckte Andrej die Antwort hinunter, die ihm auf
der Zunge lag. Der Weißhaarige hatte vollkommen Recht. Kindische
Prügeleien brachten gar nichts. Andrej schwor sich feierlich: Wenn
er sein Schwert das nächste Mal in Gegenwart seines Widersachers
ziehen würde, dann, um ihn zu töten.
Er starrte Blanche hasserfüllt an. Dann ging er - mühsam auf der
anderen Seite der gähnenden Öffnung im Boden balancierend - auf
die Tür zu. Dabei gab er eine ziemlich lächerliche Figur ab, denn der
verbliebene Rest des Fußbodens war so schmal, dass er sich nur mit
albernen kleinen Schritten fortbewegen konnte. Das schürte seinen
Groll auf den Weißhaarigen noch weiter.
Draußen auf dem Hof schien es noch dunkler geworden zu sein.
Die meisten Sterne gaben überhaupt kein Licht mehr ab, obwohl
Andrej keine Wolke am Himmel erkennen konnte. Ohne die mindeste Spur von Überraschung registrierte er, dass nach wie vor nur seine
eigenen Spuren im Schnee zu sehen waren. Wie auch immer Blanche
in den Turm gelangt war, er war jedenfalls nicht über den Hof gegangen.
Im Haus brannte wieder mehr Licht. Trotz der Kälte und des heulenden Windes stand die Tür weit offen. Andrej war sicher, sie hinter
sich geschlossen zu haben, als er das Haus verlassen hatte. Drinnen
war es eiskalt. Schnee war hereingeweht worden und bildete hässliche, braune Pfützen auf dem Boden. Stimmen drangen an sein Ohr,
aber es gelang ihm nicht, zu erkennen, woher sie kamen oder wer
sprach.
Andrej schloss die Tür sorgsam hinter sich und stampfte zwei-,
dreimal kräftig

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