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Die Blutgraefin

Die Blutgraefin

Titel: Die Blutgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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er die Waffe noch einmal gegen mich oder einen meiner Söhne erhebt, dann töte ihn.«
Zorn verdunkelte Abu Duns Gesicht. »Du täuschst dich in mir, Ulric«, sagte er kalt. »Du bezahlst mich dafür, euch zu beschützen, und
das habe ich getan. Aber mehr werde ich bestimmt nicht tun.« Er
wandte sich zu Andrej um. »Keine Sorge, alter Freund. Dich beschütze ich kostenlos. Wenn es sein muss, dann auch vor dir selbst.«
Andrej war eher verwirrt als zornig. Es war nicht das erste Mal,
dass Abu Dun und er in Streit gerieten, und auch nicht das erste Mal,
dass sich ihre Klingen in mehr als nur einem freundschaftlichen Übungskampf kreuzten. Aber so hatte er den Nubier noch nie erlebt.
Was bedeutete das?
»Bitte, beruhigt Euch«, bat Pater Lorenz. »Wir wollen reden, kein
Blut vergießen.«
»Aber es ist doch schon Blut vergossen worden«, mischte sich Ralf
ein. »Seht ihr denn nicht, was hier geschieht?« Seine Stimme wurde
lauter. »Wir fangen an, uns gegenseitig umzubringen! Einen größeren Gefallen können wir der Hexe doch gar nicht tun!«
Andrej starrte den Mann grimmig an. Das Schlimme war, dachte er,
dass er Recht hatte. Die Situation war so angespannt, dass schon der
geringste Anlass zu Mord und Totschlag führen konnte.
Er drehte sich zu dem Mädchen um und streckte auffordernd die
linke Hand aus. Elenja zögerte einen Moment, dann kam sie langsam
näher und ließ es zu, dass Andrej nach ihrem Arm griff und begann,
den Verband zu entfernen.
Darunter kam ein kleinfingerlanger, gerader Schnitt zum Vorschein, der an ihrer Handwurzel begann und sich den Arm hinaufzog.
Er musste sehr tief gehen, denn die Wunde klaffte immer noch auseinander und begann wieder leicht zu bluten, als der Druck des Verbandes fehlte.
Andrej tauschte einen Blick mit Pater Lorenz, der sich neugierig
über seine Schulter gebeugt hatte. Keiner von ihnen sagte etwas, aber
ihnen war klar, was diese Wunde zu bedeuten hatte. Es war keine
Verletzung, die sich das Mädchen beim Arbeiten in der Küche zugezogen haben konnte.
»Habt Ihr frisches Verbandszeug im Haus?«, fragte Andrej.
Lorenz nickte. »Sicher.« Er winkte Elenja. »Komm mit mir, mein
Kind.«
Das Mädchen warf Andrej einen bittenden Blick zu, folgte dem
Geistlichen aber, als Andrej ihr auffordernd zunickte.
Andrej wartete, bis die beiden die Kirche verlassen und die Tür zur
Sakristei hinter sich zugezogen hatten, dann drehte er sich um und
rief mit lauter Stimme: »Das ist genug für heute. Die Versammlung
ist beendet.«
Ulric lachte lauthals. »Seid Ihr jetzt schon unser Anführer?«
»Andrej hat Recht«, sagte Abu Dun. »Oder besteht ihr darauf, Blut
zu vergießen?«
Ulric war klug genug, nichts darauf zu erwidern. Er blickte Andrej
trotzig an und verließ die Kirche dann mit entschlossenen Schritten.
Zu Andrejs Überraschung schlossen sich ihm auch seine Söhne an.
Zögernd und nicht, ohne Abu Dun und Andrej einen verstörten oder
grimmigen Blick zuzuwerfen, verließen nach und nach auch die anderen das Gotteshaus.
Andrej wartete, bis der Letzte durch die Tür verschwunden war,
dann fuhr er den Nubier wutentbrannt an. »Was soll das alles? Hast
du beschlossen, dir neue Freunde zu suchen? Ich hätte dir einen besseren Geschmack zugetraut!«
Abu Dun blieb ruhig. »Und ich dir ein bisschen mehr Verstand«,
erwiderte er. »Seit wann redest du, bevor du nachdenkst? Normalerweise ist es doch genau das, was du mir vorwirfst.«
»Du weißt ganz genau, dass Maria…«
»… dem Mädchen nichts angetan hat?«, fiel ihm Abu Dun ins
Wort. Er schüttelte nachdenklich den Kopf. »Ich habe nur dein Wort,
dass es wirklich Maria ist. Es ist noch nicht allzu lange her, da warst
du nicht ganz so leichtgläubig.« Er hob die Hand, als Andrej abermals auffahren wollte. »Ich glaube dir ja, Andrej. Wenn diese Frau
tatsächlich Maria ist, dann hat sie mit alldem nichts zu tun. Aber sie
ist nicht allein. Weißt du, wie lange sie schon mit Blanche zusammen
ist? Oder was er mit ihr gemacht hat?«
Andrej schwieg. Abu Dun hatte Recht. Seit ihrem ersten Zusammentreffen spürte er deutlich, dass Blanche weit mehr als das war,
was er zu sein vorgab, und seine eigenen finsteren Pläne verfolgte.
Aber in seinen Gedanken war für nichts anderes mehr Platz als für
Maria. Für einen kurzen Moment blitzte eine Erinnerung auf, ein
jäher Schrecken, den er vor nicht allzu langer Zeit verspürt hatte und
der das Gift des Zweifels mit sich brachte.
»Hier geht irgendetwas vor, das mir

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