Die Blutgruft
Mund und drehte sich von Helen weg zu den anderen hin.
»Habt ihr alles gehört?«
Sie nickten.
»Gibt es Fragen?«
Gayle meldete sich. Wie immer lachte sie zuerst schrill und etwas überdreht: »Weißt du, ob sie kommen? Hast du das herausfinden können? Werden sie uns hier auf der Insel besuchen?«
»Ich weiß es nicht. Aber sie werden die Spur aufnehmen, da bin ich mir sicher. Sie können Jessica gequält haben, und dann wird sie ihnen etwas gesagt haben. Ich rechne mit allem, wenn ihr versteht, was ich meine.«
»Es wäre doch gut, wenn sie hier erscheinen«, flüsterte Judy. »Dann könnten wir uns sie vornehmen.«
»Stellt es euch nicht zu leicht vor. Wer es schafft, uns zu vernichten, ist zwar ein normaler Mensch, aber trotzdem ist er anders. Das dürft ihr nicht vergessen.«
»Sollten wir nicht unbesiegbar sein?«, flüsterte Astrid.
»Wir sind es auch. Das andere ist eine Ausnahme gewesen.« Rusko stoppte seine eigene Rede mit einer wütenden Handbewegung. Er war noch immer nicht über die Vernichtung einer seiner Freundinnen hinweggekommen. Er hatte sich vorgenommen, ein Reich aufzubauen. Dass es schon zu Beginn Probleme geben würde, daran hatte er nicht gedacht.
»Wie lange sollen wir hier warten?«, wurde er von der zappeligen Gayle gefragt.
»Bis ich entschieden habe.«
»Wann wird das sein?«
»Ich weiß es nicht. Ich werde erst den Einbruch der Dämmerung abwarten und mich draußen umschauen. Danach gebe ich euch Bescheid. Ich weiß schon jetzt, dass es eine besondere Nacht werden wird. Darauf könnt ihr euch verlassen.«
»Eine Nacht mit viel Blut?«, flüsterte Helen.
»Das hoffe ich für uns alle. Aber versprechen kann ich euch nichts. Leider...«
***
Wir waren vom Altersheim bis zum Hafen gefahren. Auf dem Weg dorthin hatte ich meinen Freunden erklärt, was ich wusste, und sie waren beide sehr still geworden.
Erst als Suko den BMW in eine Parktasche lenkte und den Motor abstellte, übernahm Abe Douglas das Wort. »Wenn ich das so alles richtig überreiße, dann werden wir uns ein Boot mieten müssen, um zu dieser Insel zu fahren, wo sich die Blutgruft befindet.«
»Das sieht so aus.«
»Na denn Mahlzeit.«
Er brauchte sich nicht weiter zu erklären, denn Suko und ich sahen, was er meinte. Der Parkplatz lag zwar nicht direkt am Wasser, aber auch nicht zu weit davon entfernt, sodass wir es recht gut erkennen konnten. Es gab keinen Wind, der für mächtige Wellen gesorgt hätte. Es waren eigentlich ideale Bedingungen, um hinauszufahren, wenn es nicht ein bestimmtes Ereignis gegeben hätte, das von uns nicht zu beeinflussen war.
Der Dunst!
Der feine Nebel, der über dem Wasser wie ein Tuch lag, das keine Lücken aufwies, aber noch durchsichtig war, auch wenn es einen großen Teil der Sicht raubte.
Wir sahen die ersten Inseln noch recht gut. Die weiter entfernt liegenden ahnten wir als Schatten und Lost Island war nicht zu sehen. Wir wussten, wo die Insel lag, denn wir hatten im Handschuhfach eine recht gute Karte gefunden und dort waren auch die Inseln eingezeichnet gewesen, unter anderem Lost Island.
Es war eine Insel, die relativ weit im Osten lag und die bei Sturm immer die ersten Brecher abbekam. Die Entfernung betrug über den Daumen gepeilt zehn Kilometer.
Der Dunst war Pech, aber das gehörte auch zum Frühjahr. Abe Douglas drehte sich zu mir um. »Okay, John, wir müssen es durchziehen. Egal, ob sich Nebel bildet oder nicht. Ich hoffe nur, dass es jemand gibt, der uns unter diesen Bedingungen ein Boot verleiht.«
»Das musst du in die Wege leiten.«
»Ha, warum ich?«
»Weil du vom FBI bist.«
Abe sagte nichts mehr und öffnete die Tür. Auch Suko und ich stiegen aus. Es war kühler geworden. Die Sonne hatte sich zwar noch nicht verabschiedet, aber sie hatte dem Himmel eine andere Farbe gegeben und ihn im Westen gerötet. Dort sahen wir keinen Nebel und nur die dicke Orange der Sonne. Ihre Umgebung schien in Flammen zu stehen, so sehr hielt sie den Himmel unter Kontrolle.
Es herrschte hier im Hafen nicht mehr viel Betrieb. Die Schiffe und Boote, die wir tagsüber auf dem Meer gesehen hatten, wurden in den Hafen gelenkt, denn bei diesem Wetter hatte niemand Lust, sich draußen herumzutreiben.
Das Haus des Bootsverleihers lag etwas erhöht. Wir mussten eine Steintreppe hochsteigen und standen vor einem barackenähnlichen Bau aus hellem Holz.
Durch die Fensterscheibe sahen wir einen Mann, der in irgendwelchen Papieren wühlte, dabei hinter einem Schreibtisch saß
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